Mittwoch, 28. Dezember 2016

Gott herrscht

Das Ischtar-Tor aus Babylon auf der Museumsinsel...

"Weil aber vom Verbleiben des Wurzelstockes des Baumes die Rede war, so wird auch dir dein Königtum verbleiben, sobald du erkennen wirst, dass der Himmel herrscht." 

Darum,  o König, lass dir meinen Rat gefallen und brich mit deinen Sünden durch Gerechtigkeit und mit deinen Missetaten durch Erbarmen gegen die Armen, wenn dein Glück dauerhaft sein soll!" (Daniel 9,23+24)

So spricht Daniel zum König Nebukadnezar, dem damaligen mächtigsten Mann. Er sollte sich dann trotzdem in selbstverliebter Hochmütigkeit überhöhen, ähnlich wie es die Tendenz heute ist:    

... im Pergamon-Museum im heutigen Berlin

"...  Kraft meines Reichtums und zu Ehren meiner Majestät?" (Daniel 4,27) Und Gott war so gnädig, dass er ihn sofort bestrafte. Und dass es Gott mit Nebukadnezar, dem Heide, gut meinte, sieht man dann schon bald (obwohl es für Nebukadnezar zuerst ein längere Zeit der Einsamkeit und geistiger Umnachtung bedeutete):

"Aber nach Verlauf der Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel empor; und mein Verstand kehrte zu mir zurück. Da lobte ich den Höchsten und pries den, der ewig lebt, und verherrlichte ihn, dessen Herrschaft eine ewige ist und dessen Reich von Geschlecht zu Geschlecht währt;
gegen welchen alle, die auf  Erden wohnen  wie nichts zu rechnen sind; er verfährt , wie er will, mit dem Heer des Himmels und mit denen, die auf Erden wohnen,
und niemand ist, der seine Hand wehren, noch zu ihm sagen dürfte: Was machst du?

Zu derselben Zeit, als mir mein Verstand wiederkam, kehrte mit der königlichen Ehre auch meine Würde und mein gutes Aussehen wieder; meine Räte und Grossen suchten mich auf, und ich ward wieder über mein Königreich gesetzt und erhielt noch grössere Macht.

Nun lobe und erhebe und verherrliche ich, Nebukadnezar, den König des Himmels; denn all sein Tun ist richtig, und seine Wege sind gerecht; wer aber stolz einhergeht, den kann er demütigen!"       (Daniel 4,31-34)

Wir wissen nicht, ob Nebukadnezar durch das alles Gott als einzigen Gott erkannt hat und ob er seine Sünde von Gott vergeben liess. Kurz, wir wissen nicht, ob er ein Kind Gottes wurde, der von Gott gerecht gesprochen wurde. Aber er hat sicherlich eine gewisse Gottesfurcht gelernt und die hat ihn im wörtlichsten Sinne vernünftig gemacht. Das wünsche ich mir für unsere Gesellschaft auch.

Zudem ist es erstaunlich: Es scheint, dass nun sein Land ihm freiwillig die Macht gab! Er musste weder Putschen noch sonst mit eigener Kraft irgend etwas arrangieren: "meine Räte und Grossen suchten mich auf, und ich war wieder über mein Königreich gesetzt und erhielt noch grössere Macht." (Daniel 4,33b) König Nebukadnezar erhielt einfach seine alte Funktion zurück, obwohl er lange weg von der Macht war. Das scheint mir ebenfalls ein Wunder, dass Gottes Macht bestätigt. Es zeigt auch, dass Gott segnet, wo man es zulassen will. Und manchmal - wem Gott gnädig sein will - dem bricht er  auch seine Selbstgerechtigkeit. 

So gibt es Menschen, die mögen nicht im engeren Sinn Christen sein, aber trotzdem sind sie nicht gegen Gott und so kann er sie auf dieser Erde segnen. Paulus erklärt sogar, dass ein ungläubiger Ehepartner durch den Gläubigen Ehepartner geheiligt wird, wenn der ungläubige Teil damit einverstanden ist (1. Korinther 7,14). Im Gesamtzusammenhang geht es darum, dass man nicht scheiden soll. Auch eine Ehe mit einem Ungläubigen soll man nicht scheiden, wenn der Ungläubige damit einverstanden ist. "Wenn sich aber der Ungläubige scheiden will, so scheide er sich! Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht gebunden; in Frieden aber hat uns Gott berufen. Denn was weisst du, Frau, ob du den Mann retten kannst? Oder was weisst du, Mann, ob du die Frau retten kannst?" (1. Korinther. 7,15+16)
Somit ist der ungläubige Ehepartner mit in den Segen des Bundes mit Gott hineingenommen. Aber natürlich kann man nicht wissen, ob er dadurch auch gerettet ist. Dazu muss er selber seine Verantwortung bewusst werden und erkennen, dass er nur durch die Tat von Jesus Christus rein gesprochen werden kann. Das kann man ihm nicht abnehmen. Hier liegt eine Ungewissheit, weil eventuell der Ungläubige nicht wirklich an Jesus Christus glaubt. (Darum ist er ja auch der ungläubige Ehepartner. Aber es kann sein, dass sich das ändert.) Aehnlich scheint es mir mit Nebukadnezar. Bei ihm geht es sogar so weit, dass er erkennt, wie allmächtig Gott ist und was er ihm Gutes getan hat. Darum dankt er dem lebendigen Gott. Aber ob er auch diesen Schritt der Busse und Umkehr gegangen ist. Wissen wir nicht. 
Beim 1. Korinther 7,14 erwähnt Paulus noch etwas sehr wichtiges: Nämlich, das die Kinder - wenn eines der Eltern gläubig ist - Gott geheiligt sind: 

"Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch die Frau, und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den Mann; sonst wären eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig." (1. Korinther 7,14) Die Kinder sind also sind wie der ungläubige Ehepartner Gott geheiligt, d.h. Gott zugeordnet. Ja, die Kinder sind es natürlich noch viel mehr! Denn die ganze Familie steht im Bund mit Gott, selbst wenn einer nicht an Jesus Christus glaubt, den Bund mit Gott aber akzeptiert. Zudem glaubt ein Kleinkind seinen Eltern. Und dieser kindliche Glaube brauchen wir ja alle, um ins Reich Gottes eintreten zu können. Diese Ehrlichkeit der Kleinkinder ihren Bedürfnissen gegenüber und ihre Gewohnheit sich einfach lieben zu lassen, brauchen wir genau gleich. Dabei spielt es keine Rolle, wieviel wir verstandesmässig verstanden haben. Wir sagen Jesus Christus einfach, was wir brauchen und indem wir zu Jesus Christus gehen, beweisen wir, dass wir an ihn Glauben. Und Jesus Christus wird uns nicht fallen lassen, sondern dann gilt auch uns:

"Wehret ihnen nicht!" (1)





Anhang
(0) auf http://filmund.blogspot.ch/ habe wir eine Verbindung zu einer Dokumentation über Nebukadnezar und Babylon. 
Interessant ist, dass der Schöpfungs-Mythos der Babylonier für einige ein Zeichen ist, dass ausserirdische Wesen unser Leben geschaffen habe. Das passt auch zu Evolutionisten, die sich vorstellen können, dass andere Wesen uns geschaffen oder zumindest gefördert hätten. Dabei ist bemerkenswert, dass es für diese Ueberzeugung wichtig ist, dass diese "Schöpfer"  selbst geschaffen wurden. Die Bibel nun bezeugt den Schöpfer als nicht geschaffen. Das ist einer der herausragenden Eigenschaften des biblische Gottes. Und daher sind alle anderen Götter, gar keine wirklichen Götter, sondern nur selber Schöpfung. Diese Definition können sich Atheisten natürlich aus ideologischen Gründe nicht anschliessen. Wenn es aber einen nicht geschaffene Persönlichkeit gibt und dieser Engel geschaffen hat, dann liesse sich dieser babylonische Mythos auch ganz anders interpretieren: Dieser babylonische Mythos ist dann eine Ur-Erinnerung der Schöpfung Gottes. Die ausserirdischen Wesen sind dann die von Gott erschaffenen Engel. Das Problem, dass es auch gefallene Engel gibt, die sogenannten Dämonen, müsste man natürlich dann auch noch in den Ueberlegungen miteinbeziehen. Denn dies bedeutet, dass nicht alles Uebernatürliche auch automatisch positive Kräfte darstellen. Somit könnte sich Babylon auch weniger guten geistlichen Kräfte ausgesetzt haben, die nicht nur Wahres und Gutes mitteilten.
Nebudkadnezar auf jeden Fall wurde so oder so von Gott selber zur "Besinnung" gebracht (s.o.) Aber vermutlich nicht in allen Bereichen... s. auch unten (1)

(1): "Da wurden Kinder zu ihm gebracht, damit er die Hände auf sie lege und bete. Die Jünger aber tadelten sie. Aber Jesus sprach: Lasst die Kinder und wehrt ihnen nicht, zu mir zu kommen, denn solcher ist das Reich der Himmel" (Matthäus 19,13+14)
Eigentlich auch eine ver-rückte Situation: Die Jünger von Jesus wollten Kinder von Jesus abhalten! Beten wir darum, dass wir keine Menschen von Jesus Christs abhalten, weil wir denken, dass sie nicht würdig seien zu Jesus zu gehen!

Interessant ist hierzu auch "Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns." (Markus 9,40). Da war jemand, der nicht mit den Jüngern Jesus Christus nachfolgte, aber im Namen von Jesus Christus Dämonen austreibt. Es gibt ja eine andere Stelle, wo das gefährlich ist, für Menschen, die nicht wirklich an Jesus glauben. Hier aber erklärt Jesus, dass diese Person nicht gegen Jesus handelt, sondern weil er nicht gegen Jesus ist, ist er für Jesus. Mit kommt es vor, dass es in diesem Sinne auch Nicht-Christen gibt, die einfach nicht gegen Jesus sind, sondern mit positiver Verwunderung die Ausbreitung des Evangeliums beobachten. Manchmal helfen sie sogar mit, dass das Evangelium verbreitet wird. So ähnlich war wohl Benjamin Franklin. In Markus 9,40 handelt es sich natürlich um eine Person, die wirklich - geistlich gesehen - mit Jesus lebt und kämpft, ohne sich offiziell in den Rahmen der Gemeinde (oder Kirche) anzugliedern.
Daneben gibt es auch das Gegenteil:
"Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut." (Matthäus 12,30) Dies sagt Jesus in einem ganz anderen Zusammenhang. Hier befreit Jesus Christus einen Besessenen von seiner Blindheit und Stummheit (Matthäus 12,22). Jesus macht also gerade da, was in Markus 9 der scheinbar nicht mit den Jüngern machte. Jetzt aber spricht Jesus über fromme Menschen, die die Bibel ernst nehmen wollen und die  ganz offiziell im Bund mit Gott stehen. Wir würden heute sagen ernsthafte Kirchenmitglieder. Diese urteilen über Jesus und meinen:
"Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebul, den Obersten der Dämonen!" (Matthäus 12,24b)

Grauenhaft: Jesus Christus befreit einen Menschen von seiner Versklavung, indem er ihn wieder sprechen und sehen lässt und Gläubige, die es besser wissen müssten, erklären Gottes Sohn zu einem teuflischen Verführer. Jesus erklärt ihnen, dass sie sich hier irren. Und sagt unter anderem:
"Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen! Ode wie kann jemand in das Haus des Starken hineingehen und seinen Hausrat rauben ,wenn er nicht zuerst den Starken bindet? Erst dann kann er sein Haus berauben." (Matthäus 12,28+29) Jesus ist also stärker als die Dämonen oder der Teufel. Jesus bindet die Dämonen und raubt ihnen ihre menschlichen Gefangenen! So kommt das Reich zu uns. Und dann sagt Jesus diese harte Worte:

"Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut." Während also der nicht offizielle Jünger mit Jesus sammelt, tun diese "Gläubige" gerade das Gegenteil. Aus anderen Bibelstellen wissen wir, warum das so ist: Diese "Gläubigen" machen nur Busse über ihre schlechten Werke und NICHT auch über ihre guten Werke. Sie glauben, dass sie aus sich selber so gute Werke machen können, die vor dem heiligen Gott bestehen können. Dadurch fühlen sie sich besser als die anderen Sünder. Dabei öffnen sie so ihrer Sündhaftigkeit Tür und Tor, damit sie hochmütig und selbstgerecht werden. Ja, sie wollen sogar mit ihrer eigenen Gerechtigkeit sündigen! Hinter ihren guten Werken versteckt sich die Unbarmherzigkeit und der selbstverliebte, hochmütige Selbsterlösungstrieb, der eigentlich noch schlimmer ist, als was Nebukadnezar in seinem Hochmut tat. Und Jesus sagt nun nicht nur, das sie gegen Gott sind, weil sie nicht mit ihm sammeln, sondern auch: 

"Darum sage ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden; aber die Lästerung des Geistes wird den Menschen nicht vergeben werden.
Und wer ein Wort redet gegen den Sohn des Menschen ,dem wird vergeben werden; wer aber gegen den Heiligen Geist redet, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Weltzeit noch in der zukünftigen." (Matthäus 12,31+32)

Wir können also dreierlei folgern:

1. Prinzipiell sind wir Menschen seit dem Sündenfall unter der Macht Satans. Obwohl wir uns zusammen nehmen können, neigen wir seit dem Sündenfall zur Perversion des Guten. Daher kommen Mord, Totschlag, Machtmissbrauch, Hochmut, Selbstgerechtigkeit usw.

2. Jesus Christus befreit uns davor. Nun gibt es aber Menschen, die sich nicht Jesus hingeben, die nicht so auf Jesus vertrauen, wie es die Schrift sagt, aber doch eine gewisse Gottesfurcht haben. (Beispielsweise Nebukadnezar, nachdem ihn Gott extrem gedemütigt hatte.) 
Und unter den wahren Gläubigen gibt es ebenfalls mindestens zwei Sorten: Jene, die offiziell Mitglied der Kirche sind und dann solche, die es äusserlich zwar nicht sind, aber trotzdem ganz zu Jesus gehören, weil sie Jesus Christus glauben, wie die Schrift lehrt, die also wie die Kinder Jesus vertrauen.

Und dann gibt es Menschen, die vertrauen nicht Jesus, sondern kämpfen gegen ihn. Ja noch mehr, sie nennen das Wirken des Heiligen Geistes ein Werk von Satan. Das ist die Sünde gegen den Heiligen Geist, die nicht vergeben werden kann. Und das können sogar Menschen sein, die offiziell zum Bund mit Gott gehören, also ganz offiziell Kirchenmitglieder sind. Ganz konkret redet hier Jesus nicht über die Sadduzäer. Also nicht über Kirchenmitglieder, die nicht an die ganze Bibel als Wort Gottes glauben, sondern an solche, die eigentlich an die Bibel als Wort Gottes glauben, aber nicht wissen wollen, dass sie über ihre schlechten und guten Werke Busse tun müssen.
Das kann natürlich auch Angst machen. Und hat auch in der Vergangenheit unter wahren Gläubigen viel Aengste ausgelöst. Aber wir müssen hier klar hinschauen: Jemand, der diese Angst spürt, hat sicherlich nicht die Sünde gegen den Heiligen Geist getan. Die Genfer Studienbibel (Seite 1536) schreibt dann auch so gut dazu:

"Gegen den Geist zu reden, das Werk des Geistes als Werk Satans zu bezeichnen, schliesst eine ausdrückliche, wissentliche und bestimmte Ablehnung gerade derjenigen Kraft ein, die Reue herbeiführen kann. Die Bemerkung über die unvergebbare Sünde hat unnötige Furcht verursacht. Jeder, der vom Heiligen Geist der Sünde überführt worden ist (Joh. 16,8u) und nun die Wahrheit glaubt, kann diese Sünde unmöglich begangen haben."
In diesem Sinne heisst es auch: "Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, womit sie lätern; 
wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen. Denn sie sagten: Er hat einen unreinen  Geist." (Markus 3,28-30)
Hierzu erklärt die Genferstudienbibel auf Seite 1587:
"Wenn sein Einfluss bewusst und absichtlich zurückgewiesen wird und man dadurch im Gegensatz zum Licht steht, dann kann die unvergebbare Sünde als willentlicher Akt der Bosheit begangen werden. Als Folge wird das Herz von Gott verhärtet, was Busse und Glauben ausschliesst (Hebr. 3,12f.)" Und diese Verhärtung des Herzens kann so stark sein, dass man nie mehr darüber Busse tun wird. Und damit wird sie auch nie mehr vergeben und die ewige Verdammnis ist so gewiss.
Hier geht es also um mehr, als den Begriff des Heiligen Geistes zu lästern: Es geht um die Lästerung des Heiligen Geistes an einem selber! Gott möge uns davor bewahren! Und denken wir an die Gnade und Barmherzigkeit Gottes: Paulus, der sogar die Christen bis aufs Blut verfolgte, konnte umkehren, weil er das Wirken des Heiligen Geistes nicht lästerte, als Jesus zu ihm sprach. Damals als er vom hohen Ross geworfen wurde und von Jesus selber gedemütigt wurde. So ist die Demütigung durch Gott unsere grosse Befreiuung. Lassen wir dieses Werk des Heiligen Geistes an uns geschehen. Auch wenn wir schon bekehrt sind:

"So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit!
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch."            (1. Petrus 5,6+7)





Mittwoch, 21. Dezember 2016

Weihnachten 2016: Was passierte wirklich bei Jesu Geburt? Wer war Jesus Christus?

Böreschit bara Elohim wet hassemayim woet HaAretz. So in etwa  fängt die Bibel an. Es bedeutet: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." (1)

"᾿Εν ἀρχῇ ἦν ὁ Λόγος, καὶ ὁ Λόγος ἦν πρὸς τὸν Θεόν, καὶ Θεὸς ἦν ὁ Λόγος."
So fängt das Johannes-Evangelium an. Es bedeutet:

"Im Anfang war das Wort, der Logos, und der Logos war bei Gott, und von Gottes Wesen war der Logos." (2)

oder "klassischer" übersetzt:

"Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort." (3)

Danach kommt auch im Johannes-Evangelium:

"Dieser war im Anfang bei Gott. Alles ist durch ihn geworden., und ohne ihn ist auch nicht eines geworden, das geworden ist. In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. " (4)

Im Anfang schuf also Gott Himmel und Erde, was im Hebräischen soviel bedeutet wie: Gott schuf das Universum. Johannes zeigt uns auf Koine-Griechisch, dass dabei Gott sprach. Das sehen wir übrigens auch im 1. Mose, Schon ab dem 3. Vers steht dort: "Da sprach Gott: Es werde Licht! Und es wurde Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Und es wurde Abend und es wurde Morgen: ein Tag." (5)

Gott schuf also, indem er sprach. Danach ordnete er, indem er scheidete. Daher kommt wohl auch unser Begriff: unter-scheiden. Dadurch können wir denkerisch erkennen und weiterdenken und ebenfalls für uns Neues schaffen. Hier wiederspiegelt sich wohl auch unsere Ebenbildlichkeit Gottes.Gott aber kann nicht nur kreativ etwas ausdenken, sondern indem er spricht, ist auch wirklich aus dem Nichts etwas erschaffen. Das ist bemerkenswert.

Johannes nimmt dies mit ganz einfachen Worten auf. Die aber so tief gehen, dass es Psychologen - auch nicht christliche - als Beruhigung und Festigung der Seele verwenden. Da ahnt man etwas, was für eine Kraft in Gottes Wort liegt, Es tut unserer Seele gut und noch mehr, Gott hat sogar durch sein Wort alles Erschaffene erschaffen.

Das zeichnet natürlich Gott auch aus: Er kann aus Nichts etwas erschaffen.

Johannes macht uns noch auf etwas aufmerksam, indem er den Begriff Logos verwendet. Dieses griechische Wort für Wort, bedeutet auch Denken, Vernunft, Wort und Rede mit Sinn. Es kann auch Lehrsatz, Definition und Argument bedeuten. Diesem Begriff ähnlich ist das hebräische Wort davar.

"Auch philosophische und religiöse Prinzipien werden mit dem Ausdruck logos bezeichnet, beispielsweise in den Fragmenten Heraklits und den Texten stoischer Philosophie sowie jüdisch-hellenistischer und christlicher Herkunft. Das Lexem -log- findet sich auch im Namen der philosophisch-mathematischen Disziplin der Logik, in der Endung -logie zur Bezeichnung von Wissenschaften (z.B. 'Kosmologie') und in zahlreichen Fremdwörtern (z.B. 'Analogie')" (6).

Also all dies schwingt in diesem Begriff "Logos", Wort, mit. Doch Johannes geht noch weiter. Im Textzusammenhang erfahren wir, dass der Logos Jesus Christus ist, Gottes Sohn! So gibt Johannes folgendes Zeugnis von Jesus Christus ab:

"Und das Wort, der Logos, wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, wie sie ein Einziggeborener vom Vater hat, voller Gnade und Wahrheit." (7)

"Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Die ihn aber aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus Blut, nicht aus dem Wollen des Fleisches und nicht aus dem Wollen des Mannes, sondern aus Gott gezeugt sind." (8)

Wer also Jesus Christus aufnimmt, der erhält von Gott die Vollmacht, Gottes Kind zu werden. Wir werden aus der Versklavung der Sünde, die seit dem Fall von Adam über der Menschheit herrscht, erlöst. Von Kindern des Teufels werden wir so zu Kinder Gottes, um es extrem auszudrücken. Doch das können wir nicht aus eigener, menschlicher Kraft. Darum steht auch: Nicht aus dem Wollen des Fleisches, was unsere menschlichen Möglichkeiten bedeutet. Auch nicht aus dem Wollen eines Mannes, sondern aus Gott gezeugt. Diese geistliche Wiedergeburt steht also am Anfang, damit wir können und wollen. Aus unserer subjektiven Sicht haben wir uns für Jesus Christus entschieden. Die Bibel lehrt uns hier aber, dass es Gott selber war, der uns wiedergeboren hat, damit wir zu Jesus Christus gehen wollten und unsere Verantwortung akzeptieren und damit auch unsere Unmöglichkeiten vor Jesus Christus bekannten und nun mit der Auferstehungskraft von Jesus Christus leben wollen. Also nicht mehr aus unseren menschlichen Möglichkeiten, die seit dem Sündenfall zur Perversion des Guten neigen. Natürlich schaffen wir ohne Gott auch menschlich Gutes. Doch darüber müssen wir auch Busse tun, denn vor Gott, der absolut gut ist, hält das nicht stand. Dies demütigt uns. Es macht uns aber auch frei von unserem Stolz. Es befreit uns auch die Schuld und die Verantwortung, die uns selber gehört, auf andere abwälzen zu wollen. Und nun, wo wir unseren Anteil an den Problemen immer besser verstehen und sehen können, haben wir auch die Freiheit sie zu ändern. Aus eigener Kraft können wir das natürlich auch nicht wirklich. Wir können nichts tun, ohne Jesus Christus. Darum gebraucht Jesus ja auch sein Gleichnis mit den Weinreben. In ihm und mit seiner Kraft, in seiner Vergebung aber, macht er aus unseren menschlichen Möglichkeiten etwas ewig wertvolles. Daher gehört allein Gott die Ehre und nicht uns. Und das macht so glücklich!

Interessant ist nun, das manch moderner Theologe Probleme hat, mit der Geburt von Jesus Christus von der Jungfrau Maria. Natürlich - wie wir oben gelesen haben - existierte Jesus schon vor dieser Geburt. Durch die Geburt von Maria kam Jesus einfach als Mensch auf diese Welt: Gott wurde Mensch. In allem uns gleich - ABER: ohne Sünde. Jesus Christus war also DER perfekte Mensch. Darum kann man 1. Korinther 13 wo von der Liebe gesprochen wird, auch das Wort Liebe mit Jesus austauschen und es ist ebenso wahr. Jesus ist Liebe. Und wer Jesus gesehen hat, hat auch den Vater gesehen:  Gott ist Liebe.

Aber zurück zu vielen modernen Theologen, welche Mühe haben mit der Jungfrauen Geburt. Ich vermute, wenn Sie all das andere berücksichtigen wie eben beschrieben, werden sie sehen, dass es für Gott selbstverständlich möglich war, mehr zu machen, als unser Verstand sich vorstellen kann. Nicht wir bestimmen, wie Gott zu sein hat, sondern Gott, als unser Schöpfer bestimmt, wie wir zu sein haben. So wie  unser Denken sehr kreativ ist, so müssen wir doch auch unser Denken dann an der Realität überprüfen. Das war ja eine der grossen Befreiuungen der Reformationszeit, dass man die Einschränkung des menschlichen Denkens akzeptierte und sich von den Grenzen des aristotelischen Denkens befreit hat. Der Islam ist heute noch in diesem Denken. Darum kann er sagen, dass Gott keinen Sohn haben kann. Das mag menschlich logisch sein. Aber Jesus Christus ist logischer als unsere Logik, weil er der Logos ist, wovon die Logik herkommt. (Wie wir ja oben gesehen haben.)
Und so wie wir in der Wissenschaft unsere Hypothesen an der Realität überprüfen müssen, sollten wir auch unser Denken über Gott an der Realität Gottes überprüfen. Hier haben wir natürlich das Problem, dass Gott ausserhalb von Raum und Zeit steht und er sich nicht direkt untersuchen lässt. Wir können ihn nur indirekt in seiner Schöpfung ableiten UND in seinem Wort an uns: Der Bibel.  Und davon sind wir ja in diesem Text am Anfang ausgegangen. Und es ist erstaunlich, was wir da alles hören und erfahren, was wir uns kaum ausdenken hätten können. Jedenfalls für mich ist es faszinierend und ich spüre, dass es wahr ist. (Das ist natürlich nicht ein Beweis. Aber vielleicht ist es doch einer, weil mein Gewissen und Verstand sich ja auch vom Heiligen Geist leiten lassen möchte. Jesus selber sagt, dass wir erkennen werden, das er die Wahrheit sagt, indem wir uns auf ihn und sein Wort, sein Logos und auf ihn als Logos einlassen.)

Trotzdem möchte ich noch auf die theologischen Bedenken zurückkommen. Diese müssen "logischerweise" kommen, wenn man sich nur auf seine eigenen Erfahrungen stützt. Hierzu habe ich einen interessanten Bericht gelesen. Er ist vollständig hier zu lesen:

http://www.merkur.de/welt/weihnachtsgeschichte-bibel-geburt-jesus-interview-professor-klaus-berger-5959232.html

Es ist ein Interview mit dem Theologen und Neutestamentler Prof. Klaus Berger (10):

Was geschah wirklich an Weihnachten? Was ist dran, an der Weihnachtsgeschichte der Bibel? Was passierte wirklich bei Jesu Geburt? Dabei geht er auch auf die modernen Bedenken ein. Gerade die unterschiedlichen Bereichte der vier Evangelien sind dabei bemerkenswert. Die Kirche hatte eigentlich nie damit Probleme. Warum dies heute so ist, hat vielleicht mehr mit dem oben erwähnten zu tun. Prof. Klaus Berger erwähnt, dass es vor 2000 Jahren zwei Arten von Biographien gab: Jene, welche wie heutige Biographien mit der Geburt beginnen und solche, die mit dem ersten Akt des öffentlichen Auftretens begannen. Dadurch wird die Lebensgeschichte natürlich grundsätzlich anders aufgerollt. Matthäus und Lukas, welche je ein Evangelium des Neuen Testamentes schrieben, wählten "unsere" heutige Methode und begannen mit der Geburt von Jesus, während Johannes und Markus jene mit dem ersten Auftreten wählten. Wobei wir gerade oben sahen, dass Johannes in seiner einfachen Art auf genialer Weise eigentlich noch viel weiter zurück geht, als bei der Geburt von Jesus Christus, indem er bei der Erschaffung des Universums beginnt! Doch damit beschreibt Johannes letztendlich auch das erste öffentliche Auftreten von Jesus, indem er noch diese zusätzliche Dimension mitgibt. Nebenbei schreibt er in diesem Zusammenhang auch noch von Johannes dem Täufer, der für Jesus den Weg bereitete. Johannes der Evangelist ist wirklich ein Genie der Einfachheit. Komplexes versteht er einfach und zugleich tiefgründig mitzuteilen. So braucht er für das gesamte Johannes-Evangelium nur einen Wortschatz von 900 Worte, also ein Kleinkindwortschatz. Darum können  wir sogar ohne allzuviel Mühe das Johannesevangelium in Griechisch lesen. Zumindest versteht man immer mal wieder etwas, wenn man den Deutschen Bibeltext gegenwärtig hat.

Gebet:

Lieber Heiland, werde und bleibe unser Heiland! Lass uns in der Gnade zu Dir kommen und dann auch in Deiner Gnade und Barmherzigkeit leben! Schaffe in uns Leben, dass in Deine gute Ewigkeit reicht. Dort, wo sich unsere tiefsten Sehnsüchte erfüllen. Und danke fängt dies alles schon hier in dieser Zwischenzeit  an.
Danke lieber Heiland, dass Du Dich so als Gott gedemüdigt hast. Bitte vergib mir, wo ich das nicht wertgeschätzt habe, oder gar verlacht und abgelehnt habe. Du bist so gut und liebevoll. Ich bin es nicht. Trotzdem liebst Du mich und hast Du mich erwählt!       Danke!
Bitte vergib mir alle mir bekannten und unbekannten Sünden.  Dank!
Bitte hilf mir nun, dass ich nicht aus meinen eigenen Möglichkeiten, aus dem Fleisch handle, sondern in Dir Jesus Christus! Schenk mir Deinen Heiligen Geist, damit ich demütig und weise werde und damit ich in Deiner Auferstehungskraft lebe, bis Du wiederkommst oder ich  sterbe und in Deine Ewigkeit komme. Dann am Jüngsten Tag, wird mich nichts im Grabe zurückhalten, weil Deine Auferstehungskraft das Wunder der Auferstehung dieses meines Leibes ermöglicht. Wie ein Korn in die Erde vergraben wird, so wird mein verweslicher Leib in die Erde begraben, um dann am Jüngsten Tag, wenn die Trompete erklingt, ich auferstehen kann. Was für ein Wunder!
In der Zwischenzeit hilf mir, dass ich in Dir bleibe! (9)  Danke!

Das ist Weihnachten. Amen


Anhang:
(1) 1. Mose 1,1, nach der (neuen) Zürcher Uebersetzung. In hebräischen Lettern sieht das so aus:

  בראשׁית ברא אלהים את  השׁמים ואת  הארץ׃

1. Mose, was wir auch Genesis nennen, wird im Hebräischen Böreschit, als "Am Anfang" genannt, also das erste Wort der Bibel und damit der Genesis ist auch der Name von Genesis im Hebräischen.

(2) nach der neuen Zürcher Uebersetzung   Den Text davor in Griechisch wird irgendwie nicht ganz korrekt wiedergegeben.

(3) Luther Uebersetzung und ältere Zürcher Uebersetzung!

(4) Johannesevangelium 1,2-5 nach der (neuen) Zürcher Uebersetzung

(5) 1. Mose 1,3-5, (neue) Zürcher Uebersetzung

(6) Wikipedia, 22.12.16 abgefragt.

(7) Johannes 1,14, (neue) Zürcher Uebersetzung

(8) Johannes 1,11-13, (neue) Zürcher Uebersetzung

(9) Der Heidelberger Katechismus hat dazu einfach und gut festgehalten:

Frag 61: Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

Ich gefalle Gott nicht deswegen, weil mein Glaube
ein verdienstvolles Werk wäre.
Allein die Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi ist meine Gerechtigkeit vor Gott.
Ich kann sie nicht anders als durch den Glauben annehmen und mir zueignen.

Frage 114 (diese wird nach gründlicher Betrachtung der 10 Gebote gefragt): Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

Nein,
sondern es kommen auch die frömmsten Menschen in diesem Leben
über einen geringen Anfang dieses Gehorsams nicht hinaus.
Wohl aber beginnen sie, mit fester Absicht nicht nur nach einigen, sondern nach allen Geboten Gottes zu leben.

Frage 115 Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen,
wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

Erstens
sollen wir unser ganzes Leben lang unsere sündigen Art je länger, je mehr erkennen
und um so begieriger Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit in Christus suchen.

Zweitens
sollen wir unaufhörlich uns bemühen und Gott um die Gnade des Heiligen Geistes bitten, dass wir je länger, je mehr zum Ebenbild Gottes erneuert werden,
bis wir nach diesem Leben das Ziel der Vollkommenheit erreichen."

Als nächstes wird dann das Gebet behandelt.

(10) In ideSepktrum 21.12.16 ab Seite 29 ff geht Prof. Rainer Riesner ebenfalls auf solche Fragen ein. Er macht dabei aufmerksam, dass zu Matthäus 2,1-12 eine dreifache Konjunktion, d.h. Engstellung - der Planeten Saturn und Jupiter im Jahr 7 vor Christus gab. Der Stern von Bethlehm könnte diese Konstellation gewesen sein. Dies wird auch im Stuttgarter Planetarium so  gezeigt. Der Astronome Konradin Ferrari d'Occhieppo legte diese Erklärung zu Grunde. Ich vermute dies wird auch im Film: "Es begab sich aber zu jener Zeit" gezeigt. Der Mönch Dionysius Exiguus, welche das Jahr 0 für Christi Geburt festgelegt hat, lebte im 6. Jahrhundert "wobei sich der Mönch Dionysius Exiguus mehrfach irrte." Interessanterweise starb König Herodes der Grosse im Jahr 4 vor Christus. Jesus Christus war vorher geboren laut der Bibel, was mit dem Jahr 7 vor Christus übereinstimmen würde. Allerdings war Quirinius zuerst Statthalter der Provinz Syrien und erst im Jahr 6 oder 7 nach Christus wurde Judäa angeschlossen und erst dann eine Volkszählung abgehalten. Dazu Prof. für Neues Testament Rainer Riesner: "Die Angabe des Lukas besagt entweder, dass Quirinius damals ein Sondergesandter des Augustus für Syrien war, oder es ist überhaupt anders zu übrersetzen: 'Diese Schätzung geschah, bevor Quirinius Statthalter in Syrien war' (Lukas 2,2)." Hier sehen wir, warum eine Reihe von Forschern denken, dass Jesus Christus im Jahr 7 vor Christus von der Jungfrau Maria geboren worden ist. Sogar der Zeitpunkt um den 25. Dezember ist möglich. "Weit verbreitet ist die Ansicht, der 25. Dezember sei erst von Kaiser Konstantin als Geburtstag Jesu bestimmt worden, um das Fest des Sonnengottes durch Weihnachten abzulösen. Das Datum ist aber älter als das Fest und wird unter anderem schon im 3. Jahrhundert durch Hippolyt von Rom genannt. Oft weist man darauf hin, dass Schafherden zur Winterzeit nachts nicht im Freien anzutreffen waren (Lukas 2,8). Aber für Kenner des Israellandes ist es kein Problem, dass in einem der Wadis, die sich vn Bethlehem nach Osten zur Wüste Juda hinziehen, auch im Winter Herden weideten. Der grosse schwedische Neutestamentler Bo Reicke, der lange Jahre an der Universität Basel lehrte, hat sogar aus dem Lukas-Evangelium geschlossen, dass Jesus um die Zeit des Tempelweihfestes geboren wurde. Chanukka beginnt dieses Jahr am 25. Dezember."
Der Kindermord durch Herodes wird von manchen Gelehrten auch anngezweifelt. Interessant ist dass der jüdische Historiker Flavius Josephus (37-100 n. Chr.) keinen Grund für diese Sichtweise sieht. Denn im Vergleich zu Herdoes Morden an seinen eignen Söhnen war dies nur ein "marginales" Ereignis und musste nicht speziell erwähnt werden. Auch der israelische Forcher Avraham Schalit hält in seiner grossen Herodes-Biografie einen solchen Kindermord durch Herodes für möglich. Bekanntlich konnte Maria und Josef mit Jesus erst aus Aegypten zurückkehren, als Herodes der Grosse gestorben war, was im Jahr 4 vor Christus der Fall war. "Sie sind gestorben, die dem Kindlein nach dem Leben getrachtet haben." (Matthäus 2,20)
Für die Jungfrauengeburt zieht Prof. Rainer Riesner (Gomaringen bei Tübingen), Universität Dortmund, spricht auch Paulus und Johannes. Johannes indirekt in Johannes 8,41: Wir sind nicht (wie du) aus Hurerei geboren; wir haben einen Vater: Gott!" Die Gegner von Jesus behaupten hier das Gegenteil der Wahrheit: Dass Jesus Gottes Sohn ist und darum Maria keinen Mann hatte.
Der alttestamentliche Begriff für eine junge Frau, die ein Kind bekommt und auch als Jungfrau übersetzt wird, erklärt er, ist logisch, da damals üblicherweise eine junge Frau, die nicht verheiratet war, eine Jungfrau war. "Vor allem  aber sind die Geburtsgeschichten des Matthäus und Lukas sprachlich so stark semitisch geprägt, dass ein griechisch-heidnischer Einfluss auf sie mehr als unwahrscheinlich ist." erklärt er. Denn dies wird dem Text auch unterstellt, d.h. dass heidnische Ideen die Jungfrauen Geburt in die Bibel gebracht haben. Er geht dann noch auf weitere Details ein, z.Bsp. welchen Begriff Paulus benutzt und warum das Wissen der Jungfrauengeburt älter als die Evangelien sind.
Dann geht er noch auf die Behauptung von US-amerikanischen Atheisten ein, dass Nazareth nie existiert habe. (Mein scheint so ziemlich alles in der Bibel zu hinterfragen.) "Aber gerade in den letzten Jahren wurden Reste von zwei Häusern freigelegt, die mit modernen Methoden in neutestamentliche Zeit  datiert werden können. Landwirtschaftliche Anlagen von damals sind im Freilichtmuseum 'Nazareth Village' zu besichtigen. Hier führen messianische Juden und arabische Christen gemeinsam die Besucher in biblische Kultur ein.
Um die Zeitenwenden lebten Nachfahren Davids also sowohl im judäischen Bethlehem wie im galiläischen Nazareth. Das Matthäus-Evangelium macht deutlich, dass die Heimat des Nachfahren von David - Josef - nicht Nazareth, sondern Betlehem war. Am Ende der Flucht nach Aegypten will Joseph nämlich nach Bethlehem zurückkehren. Erst als er von der Gefährlichkeit des Königs Archelaos hörte, beschloss er, sich mit Maria nach dem Jesus-Kind in Nazareth niederzulassen (Matthäus 2,21-23). Nur Bethlehem als Ort von Wohnung und Landbesitz erklärt auch, warum Joseph bei der Volkszählung dort anwesend sein musste." Ich hätte gedacht, weil sie damals das gleiche System wie wir Schweizer mit dem Heimatort hatten. Vielleicht war es ja auch das, zusätzlich? Oder gab es dieses System damals nicht? Es wäre interessant, dies zu wissen. Dies würde bedeuten, dass man ein Geburtsregister im Heimatort hätte führen müssen.

So sieht übrigens die DVD-Hülle des erwähnten Filmes aus.





Sonntag, 11. Dezember 2016

Meint es Gott gut mit mir? Sind Gottes Gebote wirklich gut?


 Ist der dreieinige Gott ein guter Gott? Sind seine Gesetze gut?

„Du sollst nicht!“ reizt uns dazu, sie zu übertreten und macht damit klarer, wie tief wir durch den Sündenfall gefallen sind. Somit ist das Gesetz der Erzieher, der uns zu Christus treibt. In Christus sind wir dem Gesetz gestorben und können mit der Auferstehungskraft Gottes leben. Das ist wirkliche Freiheit und Glück.

Damit wäre alles gesagt, wenn wir es verstehen und fassen können.

Tatsächlich haben wir auf dieser Erde als Wiedergeborene ein Leben lang damit zu tun, dies zu verstehen und auszuleben. Es wäre schön, wenn alle Theologen dabei unterstützend mitwirken würden.

Dazu gehört auch, dass Gott in seinem Wort mehr offenbart, als ich von mir aus erdenken könnte. Ein Beispiel: Entschuldigung ist Selbsterlösung und ein Produkt unserer Möglichkeiten. Biblisch ist: Um Verzeihung bitten und es dem Geschädigten offen lassen, was er damit tun wird. Darüber habe ich mich  anfänglich aufgeregt: Ist es denn nicht schon viel, wenn jemand sich entschuldigt und einsieht, was er falsch gemacht hat. Natürlich ist das schon viel und man kann sich fragen, ob hier nicht schon ein Wunder gegen die Blindheit unserer Sündhaftigkeit geschehen ist. Nur, die Idee sich selber zu entschuldigen ist eine Form der Selbsterlösung. Sünde aber kann nur mit einem so hohen Preis bezahlt werden, wie wir es als Sünder nicht zahlen können. Daher starb Gott selber am Kreuz und opferte sich für meine und Ihre Sünde.

Ich kann also nur als Bittsteller zu Jesus gehen. Genauso habe ich mich gegenüber meinem Opfer zu verhalten: Als Bittsteller und nicht als frecher und anmassender Selbst-Entschuldiger. Ich muss zugeben, ich habe das gegenüber meiner Frau erste ein oder zweimal ausgelebt. Es ist nicht so einfach. Die menschlichen Opfer haben ein Recht, selber zu entscheiden, ob sie vergeben wollen. Es ist ihr Recht Gerechtigkeit zu fordern. Natürlich empfiehlt Jesus, dass sie Barmherzigkeit und Gnade üben sollen, damit Gott ihnen gegenüber auch Gnade erweisen kann. ABER ich als Täter habe nicht das Recht so etwas von einem Menschen, das mein Opfer war, einzufordern. Ich darf nur bitten. ABER Jesus Christus hat uns versprochen, dass er uns so immer vergibt. Er opferte sich, damit ich und Sie Zugang zu Gott dem Vater haben. Das ist mit Gnade gemeint. Das ist eine enorme Demütigung unseres selbstverliebten Stolzes. Und es ist zugleich eine Befreiung! Aus mir selber könnte ich diese Freiheit und dieses Glück nie erdenken.
Darum schreibt Paulus: „So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit! Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ (1. Petrus 2,6+7)

Bei Jesus Christus kommt alles gut. Unser Herz findet Frieden und auch unser Denken wird befreit und vernünftig. In Christus finden wir Schätze, die wir uns nie erdenken hätten können. (Kolosser 2,2-3)

(Ich hoffe zur Ehre Gottes geschrieben, dem liebsten Heiland und Erlöser Jesus Christus, der alles wegen mir durchlitt, dem liebevollen Vater im Himmel, der Liebe und Macht vereint und der mich verdorbenen Sünder auf freier Gnade erwählt hat und durch seinen Sohn gesichert hat und mich in seiner Gnade so liebt und erhöht, wie ich es nicht verdient habe und dem Heiligen Geist, der sanft und zugleich gewaltige Wunder wirkt: Ihm, dem dreieinigen Gott allein sei Ehre in Ewigkeit.)

Eine moderne Band, die das musikalisch unterstreicht. 


Hier etwas detaillierter:


Sonntag, 23. Oktober 2016

Johannes Calvin, ein Flüchtling der in der Schweiz Geschichte schrieb.




John Piper, ein amerikanischer calvinistischer Baptist spricht in Genf  über das Leben Calvins.

Unten eines von mehreren Beiträgen über das Leben von Johannes Calvin. Jenem Franzosen, der als Flüchtling in der Schweiz Geschichte machte. 
Bereits in Basel veröffentlichte er vielleicht sein wichtigsten Werk: die Insitutio (Unterricht in der christlichen Religion), welches mit seinem Leben immer grösser wurde. Auch in Basel lebte er als Flüchtling. Allerdings unter anderem Namen, da er Angst vor seinen Verfolgern hatte.
Später als er ein Tag in Genf übernachtet, wird er von Farel so unter Druck gesetzt, dass er seine geliebten Studien etwas zurücknimmt und als Reformator in Genf bleibt, bis er nach einem Arbeitsstreik mit anderen Pfarrern vertrieben wird. Vermutlich dachte er, er hat es schon immer gewusst: Ich tauge als Reformator nichts. Er geht nach Strassbourg, wo er unter dem Reformator Martin Bucer glückliche Jahre erlebt. Er kann neben seinen Studien nun auch Gemeindepfarrer einer französisch sprechenden Gemeinde sein. Vermutlich lernt er nun viel praktische Theologie, Seelsorge usw. Hier darf er auch seine Frau kennen lernen und heiraten. Doch Genf will ihn zurück. Calvin will nicht zurück zu den Streitereien. Pfarrer sein und Reformator sein ist nicht das Gleiche. Für alle Beteiligten bedeutete es Spannungen. Calvin war zu geradlinig - und vielleicht auch zu streng, um  ohne Konflikte Reformator sein zu können. Besonders seine Haltung alle gleich zu behandeln, forderte auch Mächtige heraus. Doch die Genfer wollten ihn wieder. Und Calvin ging zurück. Und er sollte nun bis zu seinem Tode in Genf bleiben. Irgendwann viel später bekam er sogar das Genfer Bürgerrecht. Irgendwie Strassbourg unter Martin Bucer ihm gegenüber grosszügiger...

Johannes Calvin, ein gehorsamer Revolutionär. Denn gerade sein Gehorsam gegenüber Gott machte ihn zu einem Revolutionär, der aber nicht die Sünde der Rebellion ausübte. Seine Gegner werden das anders sehen. Aber muss Machtmissbrauch nicht konstitutionell unterbunden werden? Als Christ ist uns gegeben zu leiden und Ungerechtigkeit zu ertragen. ABER den Verantwortlichen, jene, welche die Könige kontrollieren, dürfen nicht durch die Finger sehen (d.h. aus Profitsucht und Einschmeichelung ihr Amt als Räte des Königs usw. ausnutzen) und ihre Verantwortung nicht wahrnehmen. Zudem gilt etwas von den Mächtigen, was Gottes Wort widerspricht, nicht. So in etwa steht es dort. Calvin war also ein Befürworter von zivilem Ungehorsam. Die konkrete Frage von John Knox, ob man auch mit Gewalt eine Regierung bekämpften könne, konnte er nicht beantworten. Und es ist auch wirklich eine Grenzfrage. Dietrich Bonhhoeffer hat sie wie John Knwox beantwortet. Man dürfe dies. Calvin aber weist in der eben erwähnten Stelle darauf hin, dass selbst ein ungerechter Herrscher oft immer noch mehr Ordnung schafft, als bei einem Chaos, wo kein Staat vorhanden ist. Nicht jede Revolution kann ihr Versprechen halten, dass es nachher besser wird. Daher ja auch der Spruch, die Revolution frisst ihre Kinder. 
Als in Sünde gefallene Menschen brauchen wir eine Staatsordnung, die das "Schwert", also die Gewalt inne hat. Natürlich ist auch die Staatsordnung in einer gefallenen Welt nie perfekt. Darum kann oft auch das Erleiden der Misstände und das vor Gott bringen der Probleme, also Beten, der richtige Weg sein. Wer aber die Möglichkeit hat, soll auch mit Gottes Hilfe etwas zum Besseren wenden. Nur wo ist die Grenze? Wie weit muss und darf man gehen? Auf jedenfall sollte man auch immer sich selbstkritisch betrachten. Hätte dies Napoleon oder Hugo Chavez und viele gekonnt, wäre wohl vieles besser herausgekommen. Aber die Selbstüberschätzung über den eigenen moralischen Zustand und die Unkenntnis der eigenen Möglichkeit zur Sünde ist die wahre Gefahr. Und gerade bei politischen Umstürzen kommt dies oft zu tragen. Ein Thema, dass man unbedingt näher betrachten muss. Spätestens nach unserem Tod, wenn wir vor Jesus Christus stehen werden, wird dieses Thema sehr aktuell.




Freitag, 9. September 2016

Wie predigte George Whitefield?

(Grundlage: „George Whitefield. Ruf an alle. Buch von Otto Riecker)


„Ich hatte vorher schon oft daran gedacht, Mr. Whitefield zu hören, aber mir war so vieles über ihn gesagt worden dass ich Angst davor hatte enttäuscht zu werden. Er predigte auf dem Felde, dass sich an den Park des Waisenhausspitals anschloss. Sein Text war Jesaja 33 Vers 13 – 17.

Die Predigt übertraf alle Predigten, die ich je gehört hatte. In ihrer Mitte wagte ich aufzublicken und sah die ganze Menge um Mr. Whitefield in Tränen gebadet. Ich lauschte mit tiefer Verwunderung und bekam dabei eine solche Enthüllung des Heilsplanes wie nie zuvor. Ich wunderte mich über mich selbst, dass ich dem törichten Geschwätz Gehör geschenkt hatte und mich auf diese Weise von einem brennenden und scheinenden Licht hatte fernhalten lassen, das in der Hand Gottes ein Werkzeug zur Errettung Tausender geworden war. Als ich vernahm, er sei im Begriff, Edinburgh zu verlassen, wurde ich tief bekümmert. Von dieser Predigt bleib mir mehr im Gedächtnis als von allen Predigten, die ich zuvor je gehört hatte. Ich hatte eine Offenbarung über den ganzen unaussprechlichen Reichtum der Gnade Gottes in Christus Jesus und darüber, wie ein verlorener Sünder zu Gott kommt und durch den Versöhner Gnade empfangen kann. Von dieser Zeit an war ich ehrlich von der Notwendigkeit einer Herzensänderung überzeugt.“
(Seite 217, Anmerkung 36)

Was Benjamin Franklin über die Predigt und ihre Beziehung dachte, ist auf meinen vorangegangen Blog u.a. zu lesen (Am Schluss unter Anhang ist eine interessante längere Passage dazu. Aber auch im übrigen Teil des Blogs gibt es Bemerkungen dazu.)

Whitefield muss ein sehr begnadeter Lehrer und Redner gewesen sein. In ihm trafen sich gesunde Lehre und schauspielerisches Talent, um die frohe Botschaft spannend, eindringlich und berührend zu verkünden. Schauspieler wie Shuter, „Garrick waren sich darüber einig, dass Whitefield über ungemessene schauspielerische Fähigkeiten verfüge. Er stellte sie in den Dienst Gottes. Die Genannten fanden sein e Predigt bei deren vierzehnten Wiederholung am besten (d.h. sie haben Predigten von Whitefield mindestens 14-mal gehört. Und zwar nicht auf Tonband, dass gab es damals ja noch nicht. Anmerkung von mir)
Dann seien alle ihre Unebenheiten ausgeschliffen und sie zur ihrer vollkommensten Höhe gebracht. Whitefield arbeitete selbst unausgesetzt an der Verbesserung seiner Rede und Darbietung. Natur, Kultur und Geist vereinigten sich hier zu einer höchsten Kunstleistung – kein Wunder, dass ihm der Adel anhing und Menschen mit bestem Geschmack befriedigt wurden. Und doch hatte er ein lauteres Kinderherz. Gerade dies machte ihn zum Redner von höchstem Grade.
Die gedruckten Predigten geben nicht den ganzen  Begriff von dieser unmittelbaren und genialen Redeweise.“ (Seite 148)

„Mit der Grund dieser Auswirkung auf ein ganzes Zeitalter ist die gewaltige Redegabe Whitefields. Sie ist der menschliche Träger eines letztlich unerklärlichen geistlichen Geschehens ganz allein von Gott. Diesem Mann standen alle Register des Ausdrucks und der Betonung zu Gebote. Der Schauspieler Garrick äusserte, er gäbe hundert Guineen darum, wenn er auch nur ein einziges ‚Oh!‘ so sagen könnte wie Whitefield. Je nachdem dieser das Wort ‚Mesopotamien‘ ausspreche, könne er seine Hörerschaft zum Zittern oder zum Weinen bringen. Whitefield verfügte so sehr über die Gefühle seiner Zuhörer, dass sich diese manchmal selbst vergassen und die von ihm geschilderten Szenen für bare Wirklichkeit nahmen und mit ihren Ausrufen in sie einfielen. Die Seeleute von New York redete er einmal im Seemannston an und rief:

‚Well, my boys, wir haben klaren Himmel und machen vor einer leichten Brise gute Fahrt über ruhige See und haben bald das Land aus der Sicht verloren. Aber was bedeutet diese plötzliche Verfinsterung am Himmel, und die dunkle Wolke, die vom westlichen Horizont aufsteigt? Horcht! Hört, ihr nicht fernen Donner? Seht ihr nicht die Strahlen der Blitze? Da zieht sich ein Wetter zusammen! Jeder auf seinen Posten! Wie die Wogen schwellen und gegen das Schiff klatschen! Die Luft ist finster! Der Sturm rast! Unsere Masten sind fort! Das Schiff ist soweit, dass es nur noch die Stümpfe hat! Was sollen wir tun!‘
Dieser Ruf liess die Seeleute unwillkürlich aufspringen:
‚Das Grossboot! Nehmt das Grossboot!‘

Vor die Augen seiner aristokratischen Hörer malte er als Bild des Sünders das eines blinden Bettlers, der sich verirrt hat. Langsam tastet er sich ohne seinen Hund dem Abgrund zu. Am Felsenabsturz such sein Fuss. Noch ein Schritt, und er wird ein Opfer der Tiefe.
‚Mein Gott, er ist hinabgestürzt!‘ rief da Lord Chesterfield, ganz seine Würde vergessen.!

Als der geborene Dramatiker konnte Whitefield ohne Schwierigkeit das Geschehen um sich herum in seine Rede einbeziehen, wie wir es bei der Regenbogenpredigt gesehen haben.“ (Seite 146 – 147)

So eine Redegewandtheit könnte auch missbraucht werden.  Augustinus (4. Jahrhundert) hat dies wohl zuerst als Jurist getan, damals als er noch dem offiziellen römischen Heidentum angehörte. Nachdem er vom Heidentum in eine Irrlehre eintauchte, wurde er noch Christ und vielleicht einer der einflussreichsten Persönlichkeiten für Westeuropa – bis heute. Paulus sagt, er rede einfach und überrede nicht. Vielleicht hat Paulus einfacher gepredigt, als er geschrieben hat (denn seine Briefe im Neuen Testament sind ziemlich kompakt und tiefsinnig.). Sicherlich ist mit unserer Intelligenz nichts getan: Denn was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich. Eine geistliche Wiedergeburt gehört sicherlich ganz konkret dazu. Und der Heilige Geist benützt das Wort Gottes – auch in der Form der Predigt. Wie war dies bei Whitefield? Otto Riecken berichtet von etwas merkwürdigen. Er selber schreibt dazu: „Hier steht die Beurteilung van Grenzen, die wir nicht überschreiten wollen.“ (Seite 148) Sicherlich hatte Whitefield sehr unterschiedliche Predigten und wir wollen etwas hineinlesen (leider nicht hineinhören, dass wäre interessant). Beginnen will ich zuerst mit Bemerkungen zu diesem „merkwürdigen“ Geschehen an einer Predigt von Whitefield:

„‘Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.‘ Dann hielt er inne, und während er so dastand, erscholl ein Schreckensschrei aus der Menge. Grimshaw drängte sich bis dorthin durch, wo die Unruhe entstanden war, kehrte zurück und sagte zu dem Redner: ‚Bruder Whitefield, du stehst zwischen Toten und Sterbenden; eine unsterbliche Seele wurde in die Ewigkeit abgerufen; der Würgeengel geht durch die Versammlung; rufe laut und schone nicht!‘
Whitefield gab der Versammlung weiter, dass eben ein Hörer gestorben sei. Dann wiederholte er den Text: ‚Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht.‘ Und wieder erscholl ein Schrei, diesmal nicht weit vom Platz, an dem Lady Huntingdon und Lady Ingham standen. Heilige Furchtfiel auf jedes Herz, als bekannt wurde, ass eine zweite Person gestorben war. Whitefield erkannte, dass ein unsichtbarer Helfer auf sein Gebet hin eingegriffen hatte und warnte die Unbussfertigen in der atemlos lauschenden Versammlung eindringlich vor der Gefährlichkeit ihrer Lage. – Hier steht die Beurteilung an Grenzen, die wir nicht überschreiten wollen.“ (Seite 147-148)
Es ist die einzige „merkwürdige“ Geschichte in diesem Buch. Und in einem anderen Buch über das Leben von Whitefield findet man diesen Bericht nicht. Ich hätte wohl aufgehört zu predigen. Aber vielleicht wurde es doch auch vielen zum Segen… Das entspricht natürlich überhaupt nicht unserem heutigen Denken. Und auch damals hatte dies im durchschnittlichen Deismus nicht wirklich Platz. Sehen wir, wie Whitefield kurz vor seinem Tod über seinen Tod predigte:

„Sein Thema war: ‚Glaube und Werke‘. Satz um Satz wurde in rauhen, unzusammenhängenden  Reihen heraugeschleudert. (Whitefield war sehr vom Nahen Tode erschöpft. Meine Anmerkung) Langsam wurde Whitefield über dem Reden warm, seine Stimme erhob sich noch einmal zu ihrer alten, löwengleichen Stärke. Sie rollte über die Menge hin und erreichte den äussersten Hörer.

‚Werke, Werke?‘ rief er mit Donnerstimme, ‚kommt ein Mensch in den Himmel durch Werke? Geradeso könnte ich daran denken, auf einem Seil von Sand zu dem Mond zu klettern. ‘

Zwei Stunden dauerte diese Ansprache. Am Schluss rief er:

‚Ich gehe zu der für mich bereiten Ruhe; meine Sonne ist emporgestiegen und hat mit Hilfe des Himmels vielen Licht gebracht; sie neigt sich nun zum Untergang, nein, nein, zu dem Zenith unsterblicher Herrlichkeit. Ich habe auf Erden viele überlebt, aber sie können mich nicht im Himmel überleben. O, göttlicher Gedanke! Ich werde bald in einer Welt sein, die Zeit, Alter, Schmerz und Sorge nicht kennt. Mein Leib schrumpft, mein Geist weitet sich. Gerne würde ich ewig leben, um Christus zu verkündigen! Abe ich sterbe, um bei ihm zu sein!‘“ (Seite 167)

Leider verfüge ich nicht mehr über diese Predigt. Aber so kurz vor seinem Tode ist es ihm wichtig die Gnade Gottes zu betonen: Jesus Christus alleine und sein Wirken rettet uns. Wir können es aus eigener Kraft niemals.

Gott erfüllte ihm sein Wunsch und er konnte in der presbyterianischen Kirche in Newbury Ports beerdigt werden. Der Trauerzug sei eine halbe Meile, als weit über einen halben Kilometer gewesen. Als Benjamin Randall vom Tod von Whitefield hörte, bekehrte er sich und sollte später die „Free Will Baptist Church“ gründen. (Der Name der Kirche könnte dahin deuten, dass er nicht mit allen theologischen Details mit Whitefield übereinstimmte.)

Aber zurück zu unserem Thema: Wie predigte Whitefield. Obwohl vielleicht sogar sein Sterben und seine Predigt auch etwas darüber sagte . Wollen wir hören wie John Wesley ihn erlebte:

„‘1750, Freitag, 19. Januar. Abends las ich in der Kapelle in West Street die Gebete, und Mr. Whitefield hielt eine offene herzliche Ansprache. Sonntag, 21. Er las die Gebete und ich hielt die Predigt: So ist aus Gottes Sache ein Stein des Anstosses mehr beseitigt. Wie weise ist Gott darin, dass er verschiedenen Predigern verschiedene Gaben gibt! Selbst die kleinen Unausgeglichenheiten der Sprache und des Auftretens mussten hier ein Mittel dazu sein, vielen zu nützen, die durch eine korrektere Predigt und ein gleichmässigeres Auftreten beim Predigen nicht berührt worden wären.‘“ (Seite 137)

Wenn ich John Wesley richtig verstehe, findet er George Whitefield keinen perfekten Prediger: „die kleinen Unausgeglichenheiten der Sprache und des Auftretens…“ Otto Ricken meint: „Der logische Geist Wesleys, der auch aus diesen Sätzen spricht, bedurfte der Ergänzung durch den phantasievollen Whitefield.“ (Seite 137)

Wir wollen aber noch mehr direkt von Whitefield hören – oder besser lesen (leider nur lesen).

„… Kommt, ihr toten, christuslosen, unbekehrten Sünder, kommt und seht die Stelle, wo sie den Leichnam des dahingeschiedenen Lazarus hingelegt haben. Seht , wie er daliegt, an Händen und Füssen gebunden mit Grabtüchern, eingeschlossen und stinkend in einer finsteren Höhle, vor deren Ausgang ein grosser Stein liegt! Schau hin! O, wie er stinkt!
Halte hier nun inne, verweile ein wenig. Und während du auf die Leiche des Lazarus starrst, erlaube mir, dir mit grosser Offenheit und noch grösserer Liebe zu sagen, dass dieser tote, gebundene, im Grab liegende, stinkende Kadaver nichts ist als ein schwaches Abbild deiner armen Seele in ihrem natürlichen Zustand. Denn ob du’s nun glaubst oder nicht, der Geist, den du mit dir herumträgst, in Fleisch und Blut begraben, liegt ebenso buchstäblich tot für Gott, gerade so tot in Uebertretungen und Sünden wie Lazarus‘ Leib im Grab. Er war gebunden an Händen und Füssen mit Grabtüchern? So bist du an Händen und Füssen gebunden durch deine Sünden. Und so wie ein Stein vor das Grab gelegt ward, so liegt ein Stein des Unglaubens vor deinem blöden Herzen. Vielleicht hast du in diesem Zustand dagelegen, nicht nur vier Tage, sondern viele Jahre, und stankst Gott in der Nase. Und, was einen noch mehr ergrieft: Du bist ebenso unfähig, dich selbst aus diesem ekelhaften, toten Zustand zu einem Leben der Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit zu erheben, wie jemals Lazarus imstande war, sich aus dem Grab zu erheben, indem er so lange lag. Du magst die Kraft deines eigenen, vielgepriesenen freien Willens erproben wie die Stärke und Wirkung moralischer Ueberredung und verstandesmässiger Gründe, welche ohne Zweifel ihren bestimmten Platz in der Religion haben; aber alle diene Anstrengungen, auch wenn du noch so viel Kraft daran wendest, werden sich als fruchtlos und unnütz erweisen, bevor nicht dieser selbe Jesus der sprach: ‚Nehmt den Stein hinweg!‘ und danach rief: ‚Lazarus, komm heraus!‘, in seiner mächtigen Kraft kommt, den Stein des Unglaubens entfernt, deine tote Seele leben heisst, dich von den Banden deiner Sünden und Laster löst und durch die Einflüsse seines gesegneten Geistes befähigt, aufzustehen und auf dem Weg seiner heiligen Gebote zu wandlen.
Und ach, dass er nun den Himmel zerrisse und in eure Mitte herabkäme! O, dass sich doch heute die verdorrten Gebeine rühreten! O, dass doch, während ich jetzt rede und sage: Ihr toten Sünder, kommt heraus!, eine Kraft, eine allmächtige Kraft das Wort begleiten und euch veranlassen möchte, euch in eine neues Leben zu erheben! …
Wenn der Her mir die Gnade zuteil werden lassen wollte und nur eine einzige Seele in dieser grossen Versammlung aufstünde und den Staub ihres natürlichen Zustandes abschüttelte, so wäre es mir gleichgültig, wenn meine Predigt auf den Feldern hier Anlass zur Beschleunigung meines Todes wäre, so wie Lazarus‘ Auferstehung dem Tod meines geliebten Meisters beschleunigte. Denn mich dünkt, der Tod ist; in gewisser Hinsicht eher zu ertragen, als es Tag für Tag mit ansehen zu müssen, wie arme Sünder tot und stinkend in Sünden begraben liegen.  O, dass ihr sähet, wie ekelerregend ihr in den Augen Gottes seid, solange ihr in eurem natürlichen Zustand verharrt! Ich glaube, ihr würdet dann nicht so zufrieden an euren Fesseln festhalten und euch weigern, in Freiheit gesetzt zu werden.“
(Seite 201 -202 Anmerkung 19)

Whitefield hat oft bei solchen Predigten auch Tränen in den Augen. Manchmal hinter seinem Gewand versteckt. Und dies war nicht gespielt, sondern seine tiefste Ueberzeugng. Und schlussendlich ist er ja auch in gewisserweise wegen zuviel predigen so früh gestorben: 55 Jahre 16.12.1714 – 30.9.1770). Wir wollen nun auch etwas von seinen seelsorgerlichen Briefen hören. Hier sieht man auch, wie er Menschen ermutigt, gut zu sein. Bei Mächtigen Menschen, wie es sich hier bei diesem Earl der Fall ist, hatte dies auch konkrete Auswirkungen auf die soziale Gestaltung der Gesellschaft (und hier schliesst sich wieder ein Thema, dass ich unter „George Whitefield und Benjamin Franklin – die Grosse Erweckung“ aufgenommen habe: Der Einfluss der Bibel verändert die Herzen und das Denken. Das löst eine gesunder Hunger nach Wissen, dass sich u.a. in Lesefreude äussert, wissenschaftliche, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aus. Hören wir in diese zwei Briefe herein:

„An den Earl of Leven and Meville, den Vertreter des Königs in der schottischen Generalsynode:
‚O Mylord, ich wünschte mir tausend Zungen, das Lob de s Erlösers anzustimmen. Ich besitze nichts; aber wenn ich ihn habe, besitze ich alles. Ich habe Eure Lordschaft nicht vergessen, seit ich Ihnen das letzte Mal schrieb. Sie liegen mir jetzt und weiterhin sehr am Herzen. Ich hörte von der Frömmigkeit der Vorfahren Eurer Lordschaft. Fassen Sie Mut und scheuen Sie sich nicht, einem gekreuzigten Christus aus dem Lager hinauszufolgen und seine Schmach zu tragen. Hüten Sie sich vor der fälschlich sogenannten Ehre. Wagen Sie es, ‚ungewöhnlich gut‘ zu sein, und schämen Sie sich Jesu und seines Evangeliums nicht. Schauen Sie im Glauben auf Christus, und Eurer Lordschaft grosse Besitztümer werden keine Rückgang, sondern eine Förderung erfahren, nämlich Ihren Fortschritt im göttlichen Leben. Welch süsser Gemeinschaft mit Gott werden Sie sich dann erfreuen, wenn Sie sich auf Ihren Wegen und in Ihren Gärten ergehen! Diese werden dann zu einem kleinen Paradies für Ihre Seele werden.‘

Drei Wochen später, am 26. Oktober 1741, an den gleichen Feund:

‚Mylord, es ist elf Uhr nachts vorüber. Alles liegt in feierlichem Schweigen. Meine Seele befindet sich in einer stillen, ruhigen Verfassung. Ich habe soeben Eurer Lordschaft Schreiben zum zweiten Male durchgelesen. Der Heilige Geist arbeitet sichtbar an Ihrer Seele, und ich hoffe zuversichtlich, Sie werden nun für eine neue Welt erwachen und erfahren, was es heisst, durch Glauben zu leben. Ach, möchte doch der Steins des Unglaubens, der noch vor Ihrer Herzenstüre liegt, hinweggerollt werden! Ach, möchten Sie doch auferstehen, von den Banden Ihrer Sünden gelöst werden und weitergehen, um Gutes zu tun! Mylord, wenn Sie dazu gebracht werden könnten, das verborgene Gebet zu lieben und mit eigener Empfindung mit Gott in seinem Wort zu verkehren, würde für Sie der Himmel auf Erden beginnen: Sie würden dann mehr Freude empfinden als über jede andere Art von Reichtum. Was nützen Ihnen diese Reichtümer, wenn Sie nicht reich in Gott sind?
Was das Beten im Familienkreis anbelangt, so bitte ich Sie, es nicht zu versäumen. Sie sind verpflichtet, es zu tun. Wenden Sie sich an Christus, er möge Ihnen helfen, Ihre gegenwärtigen Befürchtungen zu überwinden. Diese sind die Auswirkungen von Stolz oder Unglauben oder von beiden. Nach einem oder zweimal werden sie vergehen.
Welch eine Freude macht es mir, wenn ich daran denke, dass ich vielleicht eines Tages in ‚Melville-House‘ eine Kirche sehen soll.
Glücklich, glücklich sind Sie, mein Lord, dass Sie solch eine Gemahlin haben; sie wird Sie bei jedem guten Wort und Werk fördern. Gott möge mir die Kraft geben, Sie alle beide auf meinem Herzen zu tragen. Wenn ich auf dem von Ihnen geschenkten Pferde reite, werde ich oft dadurch erinnert werden, für den Geber zu beten. Es wird mich sehr freuen, von Zeit zu Zeit zu hören, was der Herr an Ihrer Seele tut. Seit Sie mich darum gebeten haben, werde ich Ihnen so oft wie möglich schreiben.
Es ist spät geworden; die Uhr hat zwölf geschlagen. Mich dünkt, ich könnte mir wünschen den Ruf zu hören: ‚Steh auf, der Bräutigam kommt!‘ Meine Seele verlangt danach, ihm zu begegnen. Es war mir eine Erquickung, diesen Abend über die Worte zu predigen: ‚Dieser ist mein Geliebter und dieser mein Freund, ihr Töchter von Jerusalem.‘ Wann werde ich ihn sehen, wie er ist? Mit Recht können Eure Lordschaft sagen: ‚Alles an ihm ist lieblich.‘ Die Ewigkeit reicht nicht aus, sein Lob zu sagen.“ (Seite 200-201, Anmerkung 18)

Es ist nur schon historisch interessant zu hören, wie Whitefield mit diesem Lord spricht. Er soll aber gegenüber allen Menschen im persönlichen Umgang sehr lieb gewesen sein. Auf der anderen Seite hielt Whitefield mit der Wahrheit nicht zurück. Auch bei diesem Lord. Aber er sagt die Wahrheit in Liebe. Und auch bei seinen strengen Predigten war dies anzumerken. Manchmal kamen ihm auch die Tränen, weil es ihm wirklich um eine gute Zukunft bis in die Ewigkeit der Hörer ging. Auf Seite 178 bis 189 gäbe es eine Predigt über die 10 Jungfrauen. Leider sprengte dies der Platz hier. Wenn man denkt, dass er solche Predigten draussen hielt, vor 20‘000 und mehr Zuhörer (es wird bis 50‘ und ich glaube 60‘ berichtet. In einem anderen Buch kann das nicht geglaubt werden, daher gehen sie nur von 20‘ aus. Allerdings hat Benjamin Franklin anlässlich einer Predigt selber berechnet, dass ihn gut 30‘000 Menschen hören können, s. vorangehender Blogbeitrag unter Anhang.) dann ist das aussergewöhnlich. Zum Abschluss möchte ich einen Ausschnitt aus einer anderen Predigt von ihm wiedergeben. Sie zeigt was für eine offene Sprache Whitefield hatte:

„… Ich will nicht in der Weise missverstanden werden, als meinte ich mit dem allem nur die öffentlichen Lustbarkeiten, welche offensichtlich zu nichts anderem dienen als zu Lärmen und Schmausen, Unzucht und Geilheit. Ueber sie müsste heute auch ein Heide erröten. Nein, ich meine auch jene scheinbar so unschuldigen Unterhaltungen und Zusammenkünfte, bei denen der anständigere Teil der Menschheit so oft anzutreffen ist und mit denen er so viel Zeit verliert. Sie halten aber trotz allem so viele Menschen ebenso von einem wirklichen Gefühl für Religion ab wie Unmässigkeit, Ausschweifung und Laster in jeglicher Form. Allerdings brauchen wir, solange wir in dieser Welt sind, saubere Erholung, die uns für unsere Berufsarbeit und für das Glaubensleben stärkt. Aber für Leute, die sich Christen nennen, die bei ihrer Taufe feierlich gelobt haben, auf die Nichtigkeiten dieser sündigen Welt zu verzichten, und denen in der Schrift befohlen ist, jeden bösen Schein zu meiden und ihren Wandel im Himmel zu haben, im Blick auf solche Menschen ist es ebenso absurd wie lächerlich und sündig, Zusammenkünfte zu verteidigen, die – um nichts Schlimmeres zu sagen – hohl und läppisch sind und eine natürliche Neigung dazu besitzen, unser Gemüt von Gott abzuziehen.
Bemüht euch, ihr meine geliebten Brüder, dass euer Benehmen mit eurer Berufung zusammenstimmt. Denkt nicht im Stillen, es genüge, sich am Jüngsten Tage mit den Worten zu rechtfertigen: Herr, haben wir uns nicht in deinem Namen versammelt und uns gegenseitig mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern angefeuert? Denn wahrlich, ich sage euch, wenn ihr sonst nichts habt, wird unser Herr auch von sich weisen, ja, ihr sollt eine desto grössere Verdammnis empfangen, wenn ihr bei grossen Ansprüchen als Täter der Ungerechtigkeit erfunden werdet.
Ich hoffe, ihr seid gewillt, als wahre Christen nicht nur zu erschienen, sondern es zu sein und euch einst am letzten Tage als aufrichtige Jünger des gekreuzigten Erlösers zu erweisen.“ (Seite 176, Anmerkung 2)

Eine erstaunlich harte Rede. Whitefield geht es hier wohl um die Scheinheiligkeit: Man tut und feiert fromm, aber in Tat und Wahrheit lebt man lieblos und unbarmherzig. Schon Jesaja beginnt mit diesem Buch das Buch Jesaja, ab dem 2 Vers:

„Höret ihr Himmel und Erde, nimm zu Ohren, denn der HERR redet! Ich habe Kinder grossgezogen und hochgebracht, und sie sind von mir abgefallen!
Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel (und damit die Kirche, meine Anmerkung) kennt’s nicht, und mein Volk versteht’s nicht.
Wehe dem sündigen Volk, dem Volk mit Schuld beladen, dem boshaften Geschlecht, den verderbten Kindern, die den HERRN verlassen, dem Heiligen Israels lästern, die abgefallen sind!.. (Jesaja 1,2-4)
Bei den späteren Versen merkt man, dass diese Kirche immer noch Gottesdienste feiert und betet! Damals gehörten Tieropfer zum Gottesdienst. Trotzdem ist Gott der Meinung, dass sie abgefallen sind und es – pardon für den Ausdruck – es kotzt ihn an:
„Was soll mir die Menge eurer Opfer? Spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe kein Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke.
Wenn ihr kommt, zu erschienen vor mir – wer fordert denn von euch, dass ihr meinen Vorhof zertretet?
Bringt nicht mehr dar so vergebliche Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Greuel! Neumonde und Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung mag ich nicht!
Meine Seele ist feind euren Neumonden und Jahresfesten; sie sind mir ein Last , ich bin’s müde, sie zu tragen.

Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut.
Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen!
Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache!

So kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der HERR. Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiss werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden.                         (Jesaja1,11-18)

Ein Paukenschlag gegen Heuchelei. Und Jesaja zeigt, was man mit unserer Schuld tun soll: Zu Gott gehen und von ihm vergeben lassen UND dann lernen Gutes zu tun. Die alttestamentlichen Tieropfer waren ein Bild für das Opfer von Jesus Christus, der dies alles erfüllt. Sein Blut, das Bild des Lebens, vergoss er für unsere Sünden, damit unsere Scharlach rote Sünde so weiss wie Wolle wird. Dies haben wir täglich nötig und täglich dürfen wir wissen, dass uns vergeben ist. Denn Jesus starb, damit wir Zugang zu Gott haben. Durch Vergebung, Versöhnung wird Gott der Vater zu unserem Vater und wir seine Kinder: Adoptiert und vom Gericht Gottes für gerecht gesprochen: Weiss wie schneeweisse Wolle. Natürlich werden wir erst verherrlicht, wenn Jesus zum zweiten Mal kommt, aber schon jetzt ist das in einer geistlichen Weise war: Gott sieht uns in Christus so rein an, darum haben wir jederzeit Zutritt zu ihm, wenn wir in Christus sind.
In einem gewissen Sinn beginnt die geistliche Wiedergeburt in einem Moment. In einer anderen Weise ist es ein Prozess, indem wir lernen in Christus zu verharren und mit unseren Unmöglichkeiten zu Jesus gehen, der das Unmögliche möglich macht.

„Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. (Mit Griechen sind hier alle Nicht-Juden gemeint, meine Anmerkung)
Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Anmerkung: Zitat von Habakuk 2,4): ‚Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
(Das war Luther Uebersetzung: Wörtlich: „Denn die Gerechtigkeit Gottes wird in ihm offenbart aus Glauben zum Glauben.“)
Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Wesen und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.“ (Römer 1,16-18, dies ist aus dem Brief des Apostel Paulus an die Römer.)


Gott segne Sie: In Christus kommt alles gut. 

Donnerstag, 8. September 2016

George Whitefield und Benjamin Franklin - die Grosse Erweckung

George Whitefield und Benjamin Franklin

Ruf an alle

Von Otto Riecker

Wie war es möglich, dass dieser (s.o.)
schielender Prediger
die Welt so beeinflussen konnte?
Zum zweiten Mal habe ich dieses Buch zur Hand genommen. Es beeindruckt.
Auch Benjamin Franklin, ein freigeistiger Mann, war von Whitefield beeindruckt und war sein Freund. Franklin veröffentlichte die Journale und Predigten von Whitefield, obwohl er sich selber nicht bekehrte.
Riecker schreibt S. 70:

„Franklin war erstaunt, dass Angehörige aller religiösen Gemeinschaften den Weg zu Whitefield fanden, und suchte zu ergründen, woher die Wirkung auf die Zuhörer kam, die ‚doch mehr als einmal halbe Bestien und halbe Teufel gescholten wurden‘. Er wunderte sich über die Wandlung im Benehmen der Städter: Vorher gedanken- und teilnahmslos in Sachen der Religion, schien die ganze Stadt nun religiös geworden zu sein, und man konnte abends nicht durch die Strassen gehen, ohne überall psalmensingende Familien zu hören. Gegen seinen Vorsatz, für das Waisenhaus in Georgia nichts zu geben, bewegte ihn die eindringliche Predigtweise Whitefields, die Taschen zu leeren, und er stellte Beobachtungen über die Reichweite und Zuhöherzahl des Predigers an, mit dem er zeitlebens verbunden blieb.‘Mr. Whitefield predigte das Werk der Barmherzigkeit und machte grosse Kollekten für sein Waisenhaus, denn seine Beredsamkeit besass eine wunderbare Macht über die Herzen und Börsen seiner Zuhörer, wofür ich selbst ein Beweis wurde. Ich war mit seinem Plan nicht einverstanden, denn Georgia hatte weder Material noch Handwerker, und es war in Aussicht genommen, diese mit grossen Kosten von Philadelphia dorthin zu senden. So hielt ich e für besser, das Haus in Philadelphia zu bauen und die Kinder hierher zu bringen. Ich machte dies auch geltend, doch er bleib beharrlich bei seinem ersten Projekt und hörte nicht auf meinen Rat. Deshalb weigerte ich mich, einen Beitrag zu geben.‘“
Benjamin Franklin hatte vermutlich mit seiner Einschätzung recht, denn das Waisenhaus konnte nach dem Tod von Whitefield nicht mehr lange überleben. Dies wäre vermutlich in Philadelphia eher möglich gewesen.  
Ganz interessant finde ich natürlich, dass hier ein Nicht-Christ, vermutlich  ein Atheist mit dem Evangelisten George Whitefield befreundet ist. Im Amerika dieser Zeit gab es also diese extremen antichristlichen Atheisten nicht. Vielmehr gab es eine fruchtbare Zusammenarbeit. Auch Whitefield wird sich später darüber wundern, wie er vor Philosophen und Mächtigen predigen kann und obwohl sie sich nicht bekehren, waren sie nicht prinzipiell gegen das Evangelium. Auch heute gibt es solche weise Menschen. Ein 68-iger, der als Atheist uns Schweizern zuruft, man solle also mindestens mal die Bibel gelesen haben. Damit man unsere Kultur überhaupt verstehen kann, gehört die Bibel dazu. Er selber bemerkt, wie ihn das merkwürdig anmutet. Hier ein Ausschnitt von ihm (Herr  PETER ROTHENBÜHLER)
Der ehemalige Chefredaktor von drei Schweizer Titeln stellt dazu fest, und besser könnte es kein christlicher Politiker sagen: «So weit musste es noch kommen, dass ich, der Atheist, der schon früh für die Trennung von Kirche und Staat war, diesen intelligenten Zeitgenossen erklären musste, dass sie auf dem Holzweg sind, dass die Bibel, ob man nun gläubig ist oder nicht, das Buch der Bücher ist und praktisch das gesamte Wertsystem der heutigen demokratischen Staats- und Rechtsordnung zurückgeht auf die 10 Gebote und auf die von Jesus Christus verkündigten revolutionären Prinzipien und Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Verzeihung und vor allem die Gleichwertigkeit der Menschen.»
«Lest einfach mal die Bibel, dann diskutieren wir weiter»
Rothenbühler will sich nun keineswegs als «Sonntagsschullehrer» verstanden wissen, meint aber leicht ironisch: «ein bisschen intelligente Sonntagsschule würde den heutigen jungen Menschen guttun. Sonst meinen sie noch, an Ostern sei ein Schoggihase auferstanden.» Er weist auch das Argument ab, man solle «aus gut gemeinter weltanschaulicher Neutralität» auf das Erzählen von biblischen Geschichten verzichten. Denn: «Die Lücke füllen andere.» Und er verweist auf die weiblichen Zeitgenossen, die billigen Ware made in China ablehnen, aber massenhaft Bücher mit östlichen Religionen und Philosophien verschlingen. Sein Ratschlag zum Schluss lautet daher: «Junge, lest einfach mal die Bibel! Aber bitte, mit Köpfchen. ... Dann diskutieren wir wieder über Literatur.»“
(Hier zu lesen: http://www.jesus.ch/magazin/gesellschaft/christen_in_der_gesellschaft/288067-journalist_appelliert_an_die_studierenden.html)
Whitefield selber hatte aber auch finanzielle Probleme. Und es war nicht immer nur so, dass er nur Rückenwind gehabt hätte, wie diese Zeilen von Benjamin Franklin vermuten liessen. Sein Gefährte Wiliam Seward  wurde in Wales sogar getötet:
„In Wales, wo er bei Howell Harris gewesen war, wurde er bei einer Predigt im Oktober mit Dung und Schmutz, Eiern und Steinen beworfen. Ein harter Gegenstand traf ihn ans Auge und er verlor die Sehkraft. Wenige Tage darauf schlug ihn in Hay ein Rohling so furchtbar über den Kopf, dass er am 22 .Oktober in einem Alter von 43 Jahren starb." Eigentlich wäre geplant gewesen, eine Schule für Schwarze und ein Zufluchtsort für Methodisten in Delaware zu gründen. Ich glaube, dies hatte dann auch einen Einfluss auf Whitefields Finanzen. Auf jedenfall hatte er 1741 als er am 16. Januar von Charleston wieder einmal nach England fuhr 350 Pfund schulden, die William Seward für das Waisenhaus aufgenommen hatte. Damals wusste er nicht, wie er sie bezahlten sollte. So drohte ihm in England der Schuldturm. Damals wurde man für nicht bezahlte Schulden in den Schuldturm geworfen! Zudem hatte er weitere 1‘000 Pfund Schulden in Amerika.  Whitefield meinte dazu, dass er keine zwanzig Pfund Kredit wert sei… Und wie gesagt, die Waisen im Waisenhaus und die Angestellten waren auf seine Finanzen angewiesen.
Zugleich verstritt er sich mit seinen Freunden, den Wesley’s. Weil Whitefield sich gegen die Angriffe von John Wesley gegen die Erwählung und freie Gnadenwahl äusserte (John Wesley, 1739: Freie Gnade, free Grace, welche wirklich nicht ganz logisch war …) und Charles Wesley 1740 mit seinen ‚Geistlichen Gesängen“. Dadurch verlor Whitefield den Buch-Drucker  James Hutton. Dieser weigerte sich von an in England die Schriften von Whitefield zu drucken. Diese Einnahmen entfielen also auch noch. Zwei Jahre sollte dieses Zerwürfnis dauern. Viele in England – auch viele die noch vor einem Jahr im begeistert zuhörten - wollten Whitefield nun nicht mehr hören. Andere hielten auch in England zu ihm, besonders im Süden und in Wales.
In dieser schweren Situation wandte er sich an eine calvinistische Freikirche in Schottland. Die Brüder Erskine, Ebenezer und Ralph, 61 und 56 Jahre alt, waren aus der calvinistischen Landeskirche von Schottlang geworfen worden und gründeten diese. Seit langem standen sie in brüderlichen Briefkontakt. Theologisch verband sie so viel. Das erste Treffen war herzlich, aber es sollte nicht so bleiben. Riecker schreibt:
„Er (Ebenezer) hatte offenbar seine Bitterkeit gegen die ihn ausschliessende Kirche nicht überwunden. Dass Gott ihn und seine Kirche einer erneuten Kontrolle unterziehen könnte, war ihm undenkbar.“ (Seite 88). Der Streit entbrannte daran, ob Whitefield nur in dieser Freikirche predigten sollte oder nicht auch in allen anderen, inklusive der Landeskirche von Schottland.  Whitefield verstand sich als Evangelist der überall das Wort Gottes verkündigte. Er sei nur ein Gelegenheitsprediger. Die anderen erwähnten, dass man die Neubekehrten auch in  gute Kirchen aufnehmen sollte und ihnen eine geistliche Heimat geben müsse. Dieses Argument war natürlich richtig. Aber Whitefield sah dass nicht als seine Aufgabe von Gott. Obwohl er natürlich in Wales oder in seinem Waisenhaus dies selbstverständlich tat. Gerade das Waisenhaus war zudem noch faktisch ein Spital für diese Gegend, das für alle Kinder gratis eine ärztliche Versorgung bot. Zudem argumentiert er, dass man anhand der äusserliche Kirchenform nicht generell die Kirchlichkeit absprechen dürfe. Für Whitefield waren neben der presbyterianischen Verfassung auch die independentistische Verfassung unabhängiger Gemeinden und sogar mit bischöflicher (episkopaler) Verfassung Kirchen. Auch Baptisten oder Wiedertäufer konnte er nicht ausschliessen . (Persönlich denke ich, dass die reformierte Fassung der Kirchenleitung sicherlich die biblischste ist: Die Gemeinde wählt Diakone und Aelteste. Ein  nicht angestellten Aeltesten, also ein „Leihe“ ist dabei der Vorsitzende des Aeltestenrates.)  So äusserte sich Whitefield zu einer dieser Prediger:

„Einer der im übrigen verehrungswürdigen, ging schnurstracks zur Kanzel und predigte dort über das Wort: Hüter, ist die Nacht schier hin? Er ereiferte sich so lange gegen Prälatenwürde, Common Prayer Book (das massgebliche anglikanische Gebetbuch), das Chorhemd, die Rose am Hut und andere Aeusserlichkeiten, dass er ganz ausser Atem war, als er zum zweiten Teil seiner Predigt kam und arme Sünder zu Christus einlud; so war er kaum mehr versändlich.‘ Whitefield war im Versammlungshaus anwesend und bemerkte: ‚Wie schade, dass der zwiete Teil nicht zuerst und der erste dann  kam!‘“ Danach zog sich Whitefield weinend und betend zurück.

Das war sicherlich ein toter Punkt für Whitefield: Finanzsorgen, Verstritten mit den Wesley Brüdern, diese Calvinisten wurden nun zu seinen Feinden. Menschlich gesprochen stand er vor dem Nichts. Doch nun erreichte er dafür Schottland: Die Hauptstadt Edinburgh, Aberdeen, Glasgow und in kleineren Städten strömten unter seine Predigt. Dadurch gingen auch grosse Kollekten ein und sein Finanzproblem wurde gelöst. „Tausende von Gebeten stiegen für ihn zum Himmel auf, und Tausende von Lügen wurden über ihn ausgestreut; er sei ein Beutelschneider, beraube das Land seiner Mittel usw. Zu vielen Adligen entstanden Beziehungen. Whitefield pflegte diese ins seelsorgerlichen Briefwechsel weiter….
Whitefield war der freigesinnteste von allen und doch jedermanns Diener.“ (Seite 91)

Seine Predigten waren, wie bereits Benjamin Franklin erwähnte spannend und manchmal auch schockierend.
„Ich konnte hinschauen, wo ich wollte, die meisten waren in Tränen getaucht. Das Wort war schärfer als ein zweischneidiges Schwert, und ihr bitteres Seufzen und Stöhnen konnte einem das Herz zerreissen. O, was konnte man da alles sehen! Die einen waren totenbleich, die anderen rangen die Hände, andere lagen auf der Erde, wieder andere waren in die Arme ihrer Freunde gesunken, die meisten hatten ihre Blicke zum Himmel erhoben und flehten zu Gott um Gnade. Ich konnte, wenn ich sie so sah, an nichts anders denken als an den Tag des grossen Gerichts. Sie kamen mir vor wie durch die letzte Trompete von den toten erweckt und aus den Gräbern zum Gerichte hervorgekommen.* (Seite 72)

Was würde George Whitefield wohl zu uns heutigen Christen sagen? Sind wir nur noch Deisten? Vertreten wir eine Moral und keine Gnade mehr? Wird die Sünde klein geredet und nimmt die Schamgesellschaft zu, d.h. die Korruption? Herrscht Scheinheiligkeit oder Ehrlichkeit? Befreiung oder verschleierte Sklaverei unter der Sünde?

Denn das Problem liegt in unseren Herzen. Erst wenn wir unseren eigenen Anteil an unseren Problemen mit uns, mit den anderen Menschen und vorallem mit Gott erkennen, können wir unsere Verantwortung übernehmen. Doch tragen können wir diese Verantwortung nicht. Vielleicht auch darum verdrängen wir sie? Die Bibel lehrt, der eigentliche Grund ist unsere Versklavung unter die Sünde, die uns blind für unsere eigenen Sünden macht. Wenn nun eine Predigt oder nur schon das Lesen der Bibel so klar dies uns aufzeigt, gibt es zwei Reaktionen:
Hass, Ablehnung, weil man es nicht hören will. Oder aber man befreifft das Problem und macht daraus eine Chance, indem man zu Jesus geht und mit Gottes Urteil über uns übereinstimmt. Dann vertraut man sich dem Herrn Jesus Christus an, der für das alles gestorben ist. Es ist schon alles am Kreuz für uns vollbracht. So ist der gerechte Zorn Gottes gestillt und Gott kann uns vergeben und sich mit uns versöhnen. Nun kann er uns als Kind Gottes adoptieren. Das war und ist der Plan Gott des Vaters für unsere Errettung. Gott der Sohn, Jesus Christus führte es aus, aus Liebe zu uns. Und der Heilige Geist erklärt es uns, wie der Dreieinige Gott in uns Wohnung nimmt.

Scheinbar gibt es aber noch eine dritte Art der Reaktion. Benjamin Franklin bekehrte sich nicht. Hasste aber die Verkündigung nicht. Im Gegenteil, er unterstützte sogar Whitefield (beim Projekt Waisenhaus war er nur anfänglich dagegen, weil er den Ort des Waisenhauses strategisch ungeschickt glaubte.  Vielleicht hatte er sogar damit recht. Allerdings konnten so vielen anderen Kindern und auch Erwachsenen geholfen werden: Wenn man nur schon an die ärztliche Versorgung denkt. Es war immer ein Wundarzt oder eine Pflegerin im Waisenhaus.)

Im ersten Moment denkt man: Wie ist so etwas möglich. Da gibt es wirklich Wiedergeborene wie ein John Wesley, der so im Streit mit Whitefield liegen kann und dann gibt es einen Benjamin Franklin, der sich nicht bekehrte, aber zu Whitefield und seiner Botschaft positiv stand. Ich weiss es nicht. Auf jedenfall sind wir nicht in einer perfekten Welt und der Himmel kommt noch. Und wir sollen uns auf Gott verlassen und nicht auf Menschen.  (Was mich sehr schwer dünkt.) Aber die Enttäuschung durch Menschen ist leider jederzeit möglich. Doch Gott versprach zu helfen. In diesem Fall sogar durch Benjamin Franklin.  Dann gibt es da noch einen Satz von Jesus: „Denn wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“  (Markus 9,40) und „Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut.“ (Matthäus 12,30) Hier sagt Jesus noch einiges mehr:
„Entweder macht den Baum gut, dann ist seine Frucht gut, oder macht den Baum faul, dann ist seine Frucht faul; denn an der Frucht wird der Baum erkannt. Otternbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz Gutes hervor, und der böse Mensch  bringt aus dem bösen Schatz Böses hervor. Ich sage euch aber, dass die Menschen von jedem unnützen Wort, das sie reden werden, Rechenschaft geben müssen am Tag des Gerichts; denn aus dienen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und ausdeinen Worten wirst du verdammt werden.“ (Matthäus 12,33-37)

Das trifft mich und ich bin froh, darf ich meine Sünde Jesus hinlegen. Für andere Herzen kann ich natürlich nicht sprechen. Ich sehe nicht in Benjamin’s Herz. War er nicht bestimmt, dass Wort verstehen zu können? Es steht mir – wie keinem anderen Menschen – nicht zu, über so etwas zu urteilen. Calvin meinte, es wäre ein Fluch, wenn man über einen Menschen sagen würde, er sei nicht erwählt. DAS ist nicht unser Amt. Unser Amt ist für die Menschen zu beten und barmherzig zu sein. UND dankbar, wenn wir uns an Jesus Christus mit unseren Sünden wenden dürfen. DANN dürfen wir wissen, dass Gott uns erwählt hat und Jesus hatte mich im Auge, als für mich am Kreuz starb, damit ich nicht für meine Sünden bezahlten muss. So demütigt mich die Gnadenlehre der Bibel: Alleine Gott gehört die Ehre. Und das macht frei und glücklich: Ich werde geliebt von Gott, weil er mich liebt UND NICHT weil irgend etwas in mir liebenswert wäre. Er macht mich zu einem guten Baum. Ich kann es nicht. Ich kann nichts ohne Jesus Christus. Aus mir falle ich. In Christus liegt die Auferstehungskraft von Jesus.  Dies ist nicht einfach zu leben.

Ein Beispiel dazu: Jonathan Belcher. Whitefield wurde in Amerika von Herrn Jonathan Belcher ermutigt. Er war Gouverneur, Statthalter der englischen Krone in den Kolonien Massachusetts und New Hampshire.  U.a. sagte er: „denn die Erneuerung müsse beim Hause Gottes anfangen.“ (Seite 76) und „Herr Whitefield, schonen Sie die Regierenden ebenso wenig wie die Geistlichen, nein ,auch nicht den höchsten von ihnen.“ (Seite 77) Gerade dieser Jonathan Belcher sollte dann 1740 ein Opfer von Intrigen und falschen Anschuldigungen werden. Erst 1747 wurde in London beim königlichen Hof gerechtfertigt und in volle Ehren mit dem Amt des Gouverneurs in New Jersey beauftragt. Er starb dann im hohen Alter 1757 und blieb mit Whitefield befreundet (S. 77) (S. 76: 1740 war er 60 Jahre als. Somit muss er mit 77 Jahren gestorben sein.)
Vermutlich vor dieser Feuerprobe von Belcher schrieb ihm Whitefield:
„Lieber Herr, das Heil Eurer Seele liegt mir Tag und Nacht am Herzen. Ich erinnere mich Ihrer Tränen und erinnere mich Ihrer Worte. ‚Mr. Whitefield, beten Sie für mich, dass ich nach der Gerechtigkeit hungere und dürste.‘ O wie mich diese Worte freuten! Möge es Ihnen Gott schenken, dass Sie die Einfalt unseres gelobten Herrn Jesus sehen und ihm darin nachfolgen. Solange Sie der Welt gehören, können Sie sie nicht bekommen. Möchten Sie für alles hoffärtige Wesen tot sein und für nichts da sein als für das, was Sie direkt zu Gott führt! Geehrter Herr, ich bedarf keiner Entschuldigung für diesen Freimut. Ihre Exzellenz haben mich gebeten, die Regierenden nicht zu schonen, nein, auch den höchsten nicht. In Wahrheit verlangt mich nach Ihrem Heil. O, wenn ich nur irgend etwas dafür tun könnte, es zu fördern!“ (Seite 77)
Tatsächlich musste Herr Jonathan Belcher sieben Jahre lang eine schwere Zeit antreten. ABER wir müssen auf das Ende sehen.   In diesem Fall wurde er sogar wieder geehrt. Vielleicht ähnlich wie einst Josef, der sogar von seinen Brüdern verraten und verkauft worden ist. Aber auch wenn nicht: Gott ist grösser. Sein Reich und seine Wahrheit werden wissen, was wirklich wahr ist.

PS: Boston war damals eine puritanische Stadt. Es ist interessant, wie Whitefield über sie dachte:
„Boston ist eine stark bevölkerte Stadt und sehr wohlhabend. Es hat die Form des Glaubens sehr gut aufrecht erhalten, hat aber viel von dessen Kraft verloren. Ich habe von keiner einzigen bemerkenswerten Regung in ihr seit vielen Jahren gehört. Geistliche und Gemeindeglieder müssen bekennen, dass die Liebe bei vielen erkaltet ist. Beide sind offenbar der Welt allzu gleichförmig geworden. Viel hoffärtiges Wesen ist in ihren Versammlungen zu sehen. Juwelen, Schönheitspflästerchen und bunter Aufputz werden vom weiblichen Geschlecht ganz allgemein getragen. Ich sah kleine Buben und Mädchen, die mit der Pracht der Welt herausgeputzt waren, und die Kinder, die zur Taufe gebracht wurden, waren in einen solchen Staat gehüllt, dass man eher hätte glauben können, sie sollten in Luxus und Eitelkeit dieser Welt eingeführt als zu deren Verleugnung angehalten werden.
Bemerkenswert jedoch ist an Boston die äusserliche Sabbatheiligung. Männer in öffentlichen Stellungen haben ein Auge auf die Religion. Der Gouverneur ermutigt sie darin, und die Geistlichen und die Behörden schienen besser zusammenzuarbeiten, als ich es sonst irgendwo antraf. Nie habe ich so wenig Spott erlebt und hatte noch nie so wenig Gegnerschaft. Aber ich fürchte, viele belassen es bei einem Kopfwissen, sind richtige Pharisäer und haben nur den Namen, dass sie leben. Bostons Volk ist meiner Seele teuer, und es war sehr, sehr freigiebig gegen meine lieben Waisen. Ich habe versprechen müssen, bald wieder zu kommen. Hier gibt es neuen Versammlungshäuser der Kongregationalisten, eins der Baptisten, ein französisches und ein schottisches.“ Seite 78

Interessant diese differenzierte Betrachtungsweise. Man merkt, dass er sich Wiederstände gewohnt war – und hier gab es sehr wenige. Trotzdem bezeichnet er sie als Pharisäer, also gesetzliche Leute, die äusserlich das Gesetz halten, aber der Geist fehlt. So ähnlich wie im Gleichnis von Jesus mit den sieben Jungfrauen. Und man merkt den Zeilen, seine Liebe zu den Menschen in Boston an. (Man muss bei all diesen Schriften bedenken, dass sie in einer anderen Zeit geschrieben wurden. Damals herrschten andere Gepflogenheiten und die Wortwahl war anders. Sogar das Buch von Otto Riecker stammt aus den 60-iger Jahren des vergangenen Jahrhhunderts.)

PS 2: Margaret Thatcher, die eiserne Lady sage über die grosse Erweckung, dass sie England vor einer französischen Revolution bewahrte.
„Neben anderen brachten Perceval, Lord Liverpool, Abraham Lincoln, Gladstone und der Prinzgemahl dem Einfluss der ‚Grossen Erweckung‘ grosse Wertschätzung entgegen.“ (S. 374: Das Buch der Mitte von Vishal Mangalwadi)
Leider übersieht die materialistische Sichtweise die geistlichen Tatsachen:
„… dass im 16. Jh. katholische Nationen – wie die Seemächte Portugal, Spanien und Frankreich – führend waren. Woran lag es also, dass viel kleinere protestantische Nationen wie England und Holland ihre katholischen Rivalen überflügeln konnten?
Cedric B. Cowing, emeritierter Professor für Geschichte in Hawaii, erforschte den Einfluss der biblischen Erweckungsbewegung in England und der geistlichen Bewegungen in Amerika wie des ‚Great Awakening‘ (dt. Grosses Erwachen, Erweckung) und des ‚New Light‘ dt. Neues Licht) im 18. Jh. Er kam zu dem Schluss, dass die englischsprechenden Völker vor allem durch die einzigartige Verknüpfung einer an der Bibel orientierten geistlichen Lebensführung mit einem intellektuellen Aufbruch in der Lage waren, ihre katholischen ‚Rivalen‘ zu überholen.
Die Tatsache, dass Gott sein Wort gegeben hatte, motivierte die Menschen, das Lesen und Schreiben zu lernen. Schliesslich ist die Bibel eine ganze Bibliothek, sie besteht aus einer Sammlung von 66 Büchern. Darüber hinaus hielt John Wesley seine Neubekehrten an, 50 auserwählte Werke zu lesen. Die amerikanische Erweckung begann mit Jonathan Edwards, dem ersten Philosophen Amerikas. (Meine Anmerkung: eine wichtige Person als Prediger der Erweckung und ein Kollege von George Whitefield.) Das Bemühen, seine Bücher zu verstehen, aber auch der Wunsch, die von ihm empfohlenen Bücher und die Bibel zu lesen, motivierte die Gläubigen zum Lernen. Cowing notierte als Ergebnis dieser geistlichen Erweckungen:

„In Grossbritannien regte sich in vielen Menschen, die sich durch Whitefield und Wesley bekehrt hatten, der Wunsch, Lesen (der Bibel) und Schreiben zu lernen. In den nördlichen Kolonien (z.B. Nordamerika), wo die Menschen – mit Ausnahme der Indianer und der Schwarzen – bereits lesen und schreiben konnten, inspirierten die Kräfte und die Disziplin des ‚Neuen Lichtes‘ dazu, das abstrakte religiöse Material zu bewältigen. Um die theologischen und erbaulichen Druckerzeugnisse zu begreifen, waren die (durch die Erweckungsprediger angefachten) Emotionen notwendig; diese trugen nämlich sehr zur Förderung kognitiver Fähigkeiten bei. Viele Glaubensanfänger beschäftigten sich mit dem Wesen der Bekehrung, wobei deren geheimnisvoller Prozess mit dem Sammeln von Informationen und der Veränderung von Hypothesen einhergeht. Um alle Ergebnisse zu vereinen, griff man oft auch auf die Intuition zurück. Diese Denkweise sollte später von allgemeinerem Nutzen sein. Die Erweckung bewirkte an der Basis des Volks ein Wissensstreben, das sich später in alle möglichen Richtungen entwickeln sollte – vom Glauben an Gottes Souveränität bis hin zum Agnostizismus.“ (Seite 136 – 137 Buch der Mitte, von Vishal Mangalwadi, Im Englischen: „The Book that made your Word“)

Margaret Thatcher, 1988 in einer Rede (Zitat ebenfalls aus dem Buch der Mitte, Seite 231 – 232):

„Wir sind eine Nation, deren Wertvorstellungen sich auf die Bibel gründen. Ohne dieses Verständnis ist es nahezu unmöglich, unsere Literatur zu begreifen. Dies ist der Hauptgrund, warum wir sicherstellen möchten ,dass unsere Kinder in ausreichendem Masse darin unterweisen werden, welche Rolle die jüdisch-christliche Tradition in der Entstehung unserer Gesetze, unserer Verhaltensweisen und in unseren Institutionen gespielt hat.  Wie wäre es sonst möglich, Shakespeare, Sir Walter Scott oder die konstitutionellen Konflikte des 17. Jh. in Schottland wie auch in England zu verstehen?
Ich möchte sogar noch einen Schritt weitergehen. Die Wahrheiten der jüdisch-christlichen Tradition sind unermesslich kostbar – nicht nur weil sie, wie ich glaube, der Wahrheit entsprechen, sondern auch weil sie den moralischen Antrieb liefern, der allein im wahrsten Sinne des Wortes zu diesem Frieden führen kann, nach dem wir uns alle sehnen. (…)
E gibt wenig Hoffnung für die Demokratie, wenn Männer und Frauen in demokratischen Gesellschaften keine Berufung spüren, die von etwas Höherem kommt. Politische Strukturen, staatliche Institutionen, gemeinsame Ideale allein reichen nicht aus (…) (Demokratie erfordert) ein Glaubensleben (…) für das irdische wie für das geistliche Wohlergehen einer Nation.“

Benjamin Franklin unterstützte George Whitefield. Dabei rief er auch zum Bau einer Halle in Philadelphia auf. Hier sollten alle Prediger von jedem Bekenntnis predigen können. „Franklin schriebt, dass es gegebenenfalls selbst einem Abgesandten des Mufti von Konstantinopel zur Verfügung gestanden hätte.“ (Seite 72, George Whitefield, Ruf an alle, von Otto Riecker)
George Whitefield wollte das Evangelium allen predigen (S. 89): Er würde selbst die Kanzel des Papstes nutzen, um die Gerechtigkeit Jesu Christi zu verkündigen.
In Edingburgher Waisenhaus heilt Whitefield Jugendversammlungen, wo 12‘000, darunter auch Aeltere, ihn gerne hörten. Es entstanden Gebetsgruppen von Kindern über die ganze Stadt hinaus. Auch Bauern versammelten sich zum Gebt, Aussprache und Wortverkündigung. Eine Kette von Erweckungszellen durchzog das calvinistische Schottland. Wir erinnern uns: Davor stand Whitefield praktisch vor einem Bankrott: finanziell und beziehungsmässig! Darum schreibt Pfarrer Ogilvie aus Aberdeen über ihn:

„Ich muss oft denken, der Herr hat ihn hiergesandt, um mich zu lehren, wie man predigt, und noch mehr, wie man leidet. Dass er sich zu keiner Partei, sondern allein zu Christus rechnet, erscheint mir besonders bemerkenswert an ihm. In der Zeit, in der er unter uns weilte, erfüllte er unsere Erwartungen in einem solchen Masse, dass er kaum irgendwo so viele Freunde hat wie hier, wo zuerst alles gegen ihn war. Das Wort kam mit solcher Kraft, dass ich hoffe, viele aus den verschiedenen Kirchen werden in Ewigkeit dafür dankbar sein, ihn gehört zu haben.“ (Seit 92)

Ein reicher Edelmann sei von seinem Pfarrer gefragt worden, was er denn bei diesem vagabundierenden Prediger, Whitefield wolle. Darauf antwortete er:
„Sir, wenn ich Ihnen zuhöre, muss ich in Gedanken die ganze Zeit Bäume pflanzen. Aber über die ganze Predigt Whitefields kam ich nicht dazu, auch nur einen einzigen Baum zu setzen.“ (Seite 92)
Die Predigten waren also auch noch spannend, obwohl sie lange dauerten und oft sogar im Freien gehalten wurden.

(Es war übrigens Whitefield, der John Wesley dazu brachte, auch ausserhalb der Kirchen zu predigen. Für Wesley war es zuerst beinahe unanständig nicht in einer Kirche zu predigen. Technisch ist das ja auch noch bemerkenswert: Damals gab es keine Verstärker. Vor 20‘ und mehr Zuschauer nur mit der Stimme eine lange Predigt zu halten, die noch für alle spannend war, ist schon alleine Bemerkenswert. Dass es dann sogar noch Menschen positiv verändert, ja ganze Nationen ist noch ein grösseres Wunder.)

Anhang
Wie Benjamin Franklin zu George Whitefield stand und über seine Predigten dachte kann man auf Seite 194 – 195, Anmerkung 11, Otto Ricken's Buch: George Whitefield, Ruf an alle! lese:

„Franklin fährt fort:
‚Unsere Freundschaft war auf beiden Seiten aufrichtig und hat bis zu seinem Tode angehalten. Er pflegte manchmal für meine Bekehrung zu beten, aber er hatte nie die Genugtuung, glauben zu können, dass seine Gebete erhört seien. Als er einmal wieder aus England in Boston angekommen war, schrieb er mir , er käme bald nach Philadelphia, wisse aber nicht, wo er dann wohnen könne, da sein alter Freund und Gastgeber, Herr Benezet, nach Germantown verzogen sei. Meine Antwort lautete: ‚Sie kennen mein Haus; wenn sie sich mit seiner kärglichen Bequemlichkeit begnügen wollen, sind Sie mir sehr herzlich willkommen.‘ Er erwiderte, wenn ich dieses freundliche Angebot um Christi willen mache, sollte ich keine Ablehnung erfahren. Ich antwortete: ‚Bitte missverstehen Sie mich nicht; es ist nicht um Christi willen, sondern um Ihretwillen.‘ Diese Begebenheit soll den Stand der Dinge zwischen uns deutlich machen. Das letzte Mal sah ich Herrn Whitefield in London, wo er mich wegen seines Waisenhauses um Rat fragte, das er in ein College umwandeln wollte.
Whitefield hatte eine laute und klare Stimme und sprach seine Worte so klar artikuliert aus, dass er auf eine grosse Entfernung verstanden werden konnte, besonders da seine Hörerschaft vollkommene Stille bewahrte. Er predigte eines Abends von den Stufen des Gerichtsgebäudes in der Mitte der Marktstrasse an der Kreuzung mit der zweiten Strasse. Beide Strassen waren auf eine beträchtliche Entfernung hin mit Hörern gefüllt. Da ich in der Marktstrasse ganz zu hinterst stand, wurde ich neugierig festzustellen, wie weit er gehört werden konnte. Ich ging die Strasse rückwärts in Richtung des Flusses hinab und stelle fest, dass seine Stimme noch klar vernehmlich war, bis ich in der Nähe der vorderen Strasse kam, wo sie durch ein Geräusch aus dieser Strasse übertönt wurde. Ich stelle mir dann einen Halbkreis vor, mit dem Radius in der gemessenen Entfernung und dachte mir in mit Zuhörern gefüllt, von denen ich für jeden zwei Quadratfuss rechnete, und kam darauf, dass er gut von mehr als dreissigtausend Menschen verstanden werden konnte.
Da ich ihn oft hörte, konnte ich leicht zwischen solchen Predigten, die er neu abgefasst, und solchen unterscheiden, die er oft im Laufe seiner Reisen gehalten hatte. Die Wiedergabe der letzteren war durch die häufige Wiederholung so verbessert worden, dass jeder Worton, jeder Nachdruck, jede Wandlung der Stimme derart vollkommen, wohlangebracht und gut gesetzt war, dass man selbst ohne Interesse an dem Inhalt sich nicht enthalten konnte, an der Predigt seine Freude zu haben.“