Freitag, 20. März 2015

Machtmissbrauch: von Christen und Staaten

Ein schlimmes Thema, das von unserem Sündenfall als Menschheit zeugt.
Meine Gedanken dazu habe ich in drei Teile geteilt:

1. Allgemeine Vorgedanken
2. Missbrauch von Peter Strauch, freikirchlicher Präses) und Allianzvorsitzender Peter Strauch 
3. Jakob Künzler, wie der Appenzeller den Völkermord in der Türkei erlebt hatte
Gebet
Anhang: Zusätze vom 25.4.15: Hermann Christ und Schuldanteile der Deutschen und Schweizer, Ansätze zur Verarbeitung der Ungerechtigkeit

1. Allgemeine Vorgedanken
Vor zwei Tagen meinte jemand, dass der Stolz eine sich selbsterhaltende Eigendynamik habe. Wer es wagt ihn bei seinem Nächsten zu hinterfragen, wird - bildlich gesprochen - die Faust des Stolzes spüren, der sich um allen Umständen zu verteidigen weiss. Mich erinnert dies, an das Verhalten in einer Schamgesellschaft: Alles ist erlaubt, solange es nicht ans Licht kommt. Der Perfekte Ort für Korruption und Machtmissbrauch. Einer deckt den anderen. Die Dunkelheit, nicht das Licht ist das Prinzip. (Mit Dunkelheit denke ich hier nicht an die schützende Geborgenheit der Seelsorge oder echter Freundschaft. Auch hier ist die gesunde Mitte in der Bibel zu finden.)

Prinzipiell neigt jeder Mensch, weil er unter dem Fluch des Sündenfalls steht, zu dieser Schamgesellschafts-Haltung. Es ist ein Wunder, wenn jemand ans Licht tritt und seine Sünde vor Gott zeigen und bei Jesus Christus um Vergebung bitten kann, damit die Versöhnungstat Jesu für ihn gilt. Die Bibel spricht in diesem Zusammenhang von einer Neu-Geburt oder Wiedergeburt. Jemand der dies kann, darf wissen, dass der Heilige Geist in ihm die Augen geöffnet hat und ihn von der dumm-machenden Sünde befreit hat. Es ist, wie wenn eine abstumpfenden Decke über uns weggenommen worden wäre. Es ist so klar, wie lieb Gott zu uns ist und wie stumpfsinnig die Sünde ist. Gott hat uns eine neue Motivation ins Herz, ins innerste unseres Wesens gegeben. Wenn wir dann auf die Einladung des Dreieinige Gott ihn Herr sein zu lassen, aussprechen, dann nimmt Gott auf diese Art der Einladung Raum in einem Gläubigen, der an die Vergebung Gottes glaubt. Subjektiv bekehren wir uns. So erleben wir das, aus eigenem Willen. Wir WOLLEN es. Aus Gottes Sicht hat er uns erwählt. Er hat in uns gewirkt und gerufen. Er hat uns die Augen geöffnet und die innerste Motivation verändert, damit wir wollen zu wollen.
Dadurch wird unser Leib zum Tempel Gottes. (In diesem Zusammenhang ist es auch erstaunlich, wie in der Vergangenheit die "Alt-"Evangelischen Gesellschaften die "natürliche" Schamgesellschaft zurückdrengen konnte und den Gedanken an die Gerechtigkeit in der Gesellschaft verankerte. So stark, dass sie auch von anderen Gruppierungen, bis hin zu Atheisten übernommen wurde. Der Grund lag natürlich beim Wahrheitsbegriff der Bibel, der schon vor der Reformation und ausserhalb dieser Reformbewegung wirkte und wirkt, wenn man denn die Wahrheit zu Wort kommen lässt. Das mag im Angesicht der Kraft des Evangeliums nur ein Nebenprodukt sein, aber sie ist trotzdem für das Leben hier sehr kostbar. Und ich hoffe, Europa verliert diese Freiheit nicht. Gerade eben wurde in der EU abgestimmt, dass es ein Recht sei, ungeborene Kinder zu töten. Wie kann man einem Menschen das unbeschränkte Recht geben, ein anderes Leben zu töten? Ich verstehe, wenn eine Mutter das Kind abtreibt, wenn ihr Leben gefährdet ist. Aber die generelle Zusage, man dürfe WILLKUERLICH ein Menschenleben töten, widerspricht der Bibel zutiefst. Europa regt sich heute über die Todesstrafe auf. Auch in der Bibel gibt es Regeln für die Todesstrafe. Diese sind aber gerade nicht willkürlich. Sondern nur, wenn zwei Augenzeugen vorhanden sind - es also sicher ist - durfte sie eingesetzt werden. Zugleich beschreibt die Bibel auch den Missbrauch der Todesstrafe, indem Intrigen geschmiedet wurden. Schrecklich. Aber jeder, der sich über die Todesstrafe aufregt, müsste sich doch auch - ja noch viel mehr über eine willkürliche Tötung aufregen? Was ist eine willkürliche Tötung anderes, als ein Machtmissbrauch? ABER auch dafür ist Christus am Kreuz gestorben. Und wer es bei Jesus Christus bekennt, darf wissen, dass es WIRKLICH vergeben ist. DARUM müssen wir uns nicht in die Dunkelheit flüchten, sondern dürfen ins Licht der Wahrheit und uns befreien lassen. Damit wirklich Heilung geschehen kann und damit die Gerechtigkeit in Jesus Christus erfüllt werden kann: UND zwar auch ganz persönlich. Denn wir alle sind Sünder und es fehlt uns allen die wahre Gerechtigkeit Gottes.)

Und das schlimme ist, auch wer so Wiedergeboren wurde, ist aus sich selber immer noch in Sünder. Darum die Aufforderung in der Bibel an die Christen, wenn man sich untereinander beisst, sich wenigstens nicht aufzufressen. (Das ist natürlich ein Bild, um den schlimmen Zustand der Christen zu beschreiben.)
Luther beschreibt diesen Zustand der Christen kurz und prägnant: Gerecht und Sünder zugleich. Hier wird es schwierig und ich merke, wie ich bei diesem Thema immer wieder falsch verstanden werde. Vielleicht habe ich selber auch Mühe hier die biblische Mitte zu finden. Denn wir sind ja verantwortlich und Gott ist allmächtig. Als Mensch kann ich dies mit meinem Verstand nicht zusammenbringen. Die Bibel selber allerdings hilft, indem sie genau zeigt, wie dies zusammenspielt.
Gerade gestern meinte jemand in diesem Zusammenhang: Nachdem er sich bekehrt hat, WILL er nun nicht mehr sündigen. Er will mit aller Kraft Gott gehorchen und das Richtige tun. Wenn ich nun über die Gnade rede und erkläre, dass dies ein Geschenk ist, klingt es für ihn, als ob ich ihn mit seinem Willen Gutes zu tun, abbringen möchte. (Am 21.3.15 habe ich einen Link zu einer Predigt von George Whitefilde veröffentlicht: Hier warnt er sogar davor: d.h. wenn jemand bekehrt ist und die Gnade freudig annimmt, besteht die Gefahr, dass unser verbogenes Herz nun erst recht mit eigener Leistung das Heil erringen will. Das gefährliche dabei ist nicht, dass man es gut machen will, sondern, dass man die dahinter verborgene Sündhaftigkeit nicht erkennt und sie so nicht Gott zur Heilung übergeben kann. Die  Gefahr besteht, dass man in seinem Leistungswillen wieder in das Leistungsdenken und damit in eine Selbsterlösung fällt. Dies führt in aller Regel zu Hochmut und Unbarmherzigkeit, zur Blindheit des eigenen Balken. Die echte Gefahr besteht, dass man den Spriesser im Auge des anderen entfernen will, aber den eigenen Balken nicht sehen kann. Dabei wäre es nur ein kleiner Schritt, auch über die guten Werke Busse zu tun und damit Gott wirken zu lassen und Gott allein die Ehre zu geben, der uns beschenkt.)

Paulus spricht im Neuen Testament in einem Bild von einem Christen als Sportler, der nicht zurück sieht, sondern nach vorne schaut und seine gesamte Kraft einsetzt, um sein Ziel zu erreichen. So sollen wir der Gnade entgegeneifern, mit ganzem Willen. Dazu gehört auch: Wer stehe, de sehe zu, das er nicht falle.  Und das ist sicherlich wichtig. Vermutlich war Paulus ein Choleriker. Er hatte also einen starken Willen. Und Menschen, die einen grossen Anteil am cholerischen Charakter haben, werden mit ihrem Willen die Probleme angehen. Sie haben dies so in ihrem Leben gelernt und kamen so an ihr Ziel. Nun musste aber gerade Paulus lernen, dass wenn er schwach ist, er stark ist. Gerade bei ihm sehen wir, was ich so schwer ausdrücken kann. Es ist auch schwer zu verstehen. Darum ist die Bibel ja auch so genial: Sie zeigt uns Dinge, auf die wir nicht alleine gekommen wären. Einem Choleriker zeigt sie, dass es noch etwas mehr als einen starken Willen braucht - ohne diese Gabe des Cholerikers klein zu reden. Allerdings zeigt sie auch den Missbrauch des starken Willens auf: Menschen für seine Ziele zu missbrauchen und Unbarmherzigkeit. Darum musste Paulus in diesem Bereich ein Zerbruch erleben. Gott machte ihn schwach, damit er Barmherzigkeit und Gottes Wirken in seiner Schwachheit erleben durfte. Denn wenn wir stark sind, besteht die Gefahr, dass wir in unsere Selbstverliebtheit verfallen und aus eigener Kraft Gottes Ziele erreichen wollen. Dabei übersehen wir die sündigen Motivationen hinter unseren frommen Worten. Man könnte dies phariseisch oder Gesetzlichkeit nennen. Dies ist ein Grund, warum wir auch für unsere besten Werke Busse tun können, damit Gott sie heilig und "effizient" macht. UND dann gehört nicht mehr uns die Ehre, sondern Gott alleine. Und das ist eine solche Freude. Ich merke sie gerade jetzt, wenn ich  es schreibe: Gott alleine gehört die Ehre und dies macht mich so glücklich.

Und ich glaube auch, dass diese Haltung uns helfen wird, weniger Machtmissbrauch auszüben und damit weniger zu sündigen. Der oben beschriebene pervertierte Stolz wird dadurch überwunden, weil wir uns üben, in Christus zu bleiben. Wir werden uns eher Kritik aussetzen lassen, weil wir uns nicht mehr durch Leistung definieren. Wir können zu uns stehen und ans Licht bringen, was unrecht ist, weil wir wissen, dass uns Gott bedingungslos liebt und wir durch Misserfolg und Leitungsschwäche nicht unser Lebensfundament, unser Heil verlieren können. Gott, der mich liebt und erwählt hat, hält zu mir. Ich darf alles, was mir fehlt, von ihm geben lassen. Und auch  dass, was er mir schon im voraus gegeben hat, darf ich ihm geben, damit er es heiligt. Denn wir können nicht einmal anständig beten, so weit sind wir von Gottes Herrlichkeit und Gerechtigkeit entfernt. ABER der Heilige Geist bringt unsere Gebete zurecht. Und so sind wir frei, jederzeit in Christus zu sein und zu beten. Denn als Sünder gehen wir zu Christus. Christus spricht uns frei und damit ist der Weg frei ins Heiligtum Und das alles ist eine Wahrheit und Klarheit, die so real ist, dass wir Christen uns oft über die Komplexität nicht bewusst sind. Denn in Christus haben wir alles. Sofort - ohne etwas getan zu haben. Und aus diesem  Geliebtsein und Angenommensein, sollen wir nun leben und unseren Sinn erneuern. Das ist viel mehr, als wir aus eigener Kraft je erreichen können.
Und zugleich sehe ich, wie weit weg es ist. Aber dies liegt an dieser Zwischenzeit: Wir Christen sind noch nicht verherrlicht. Das kommt noch, wenn Jesus wiederkommen wird. So leben wir in Hoffnung. Und eine Hoffnung, die man sehen könnte, ist keine Hoffnung mehr. Denn warum sollte man auf etwas hoffen, dass schon da ist? (ca. Paulus) Und doch ist es geistlich gesehen auch da. 

2. Missbrauch von Peter Strauch
Heute habe ich im ideaSpektrum auf Seite 24 ff den Bericht über die Biografie von Peter Strauch gelesen. Er hat sechs Jahre gebraucht, um darüber schreiben zu können. Sein Vater, ein angesehener christlicher Führer, hat sexuellen Missbrauch ausgeübt. Sogar die Kinder von Peter Strauch haben darunter gelitten. An der Beerdigung seines Vaters wurde dies thematisiert. Peter Strauch ist heute froh darüber. Damals versuchte er seine Schwester davon abhalten.
Zum Thema Wahrheit schreibt er:

"Interessanterweise kann der biblische Begriff 'Wahrheit' wörtlich mit 'Nicht-Verborgenheit' übersetzt werden. Es geht dabei also auch darum, dass die Tat aus der Verborgenheit heraus ins licht Gottes kommt und damit 'sichtbar' wird. Auch für die vom Missbrauch Betroffenen ist das in der Regel eine Befreiung." (Seite 25)

Eine Tragödie. Ein legendäres Vorbild mit solchen Abgründen. Wie ist das möglich? Im ersten Abschnitt versuchte ich dies zu erklären. Sein Vater hat viel geleistet. Er hat vielen Menschen geholfen. 

"Wenn wir unsere Sünde bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünde vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit." (Johannes 1,9). Zitiert er. "Was dagegen nicht vergeben werden kann, lesen wir in dem Vers zuvor:
'Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns." (Johannes 1,8) schreibt er.

Er versteht bis heute nicht, wie sein Vater für Gott soviel tun konnte. Wie bis heute Menschen von ihm begeistert sind: "Sie sind begeistert von seinem Einsatz, von seinen Freizeiten, von seiner Freundlichkeit, er  sei immer hilfsbereit und zuvorkommend gewesen.  War das denn alles nur vorgegaukelt? Versuchte er damit den Missbrauch zu vertuschen? War sein jahrelanger Einsatz nur ein Mittel zum Zweck? Wir kennen sein Innerstes nicht, damals nicht, als er noch lebte, und auch heute nicht im Nachhinein. Meine Geschwister und ich empfanden seine Frömmigkeit als echt und nicht aufgesetzt. Aber wie kann jemand, der so etwas tut und Kinder missbraucht, es dennoch mit seinem Glauben ernst meinen? Ich weiss es nicht." (Seite 26)

Ich denke, unter 1. finden wir eine Antwort auf diese Fragen: Wir sind in Christus gerecht gesprochen. Aber wir sind aus uns wirklich nicht besser, als Nicht-Christen. Dies wird gerne unter Christen so salopp gesagt. Aber wissen wir wirklich, was dies für uns bedeutet: Wir Christen sind prinzipiell für alles Mögliche fähig. Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis sind ein Paket, dass auch Sündenerkenntnis behinhaltet. Man denke nur an die oben erwähnte Bibelstelle Johannes 1,8 und 1,9.
Dieses Beispiel beschreibt, wie gefährlich es ist - auch für wirklich wiedergeborene Christen, wenn sie mit ihrer Sünde nicht ans Licht gehen. In der Dunkelheit mottet es nur noch mehr! Es muss ans Licht, damit Christus es heilt und vergibt. Den Opfern muss geholfen werden. Es muss etwas getan werden, dass die Ungerechtigkeit und das Ausleben der Sünde gegen andere Menschen aufhört! Wehe uns, wenn wir die Sünde so in der Dunkelheit motten lassen und andere Menschen schädigen. Erkennen wir, wie die Sünde das Leben anderer schädigt? Und wie wir unserer eigenen Seele Gewalt antun?

Die Gaben, die uns Gott geben, werden so zum Machtmissbrauch benutzt. Die Verantwortung, die uns Gott übergibt, hat IMMER Grenzen! Und das überschreiten dieser Grenze ist Machtmissbrauch. Gerade Leiter sollten daher die ihnen anvertrauten Menschen zu reife Christen heranziehen, die Nein sagen können. Ein reifer Christ hat gesunde Mauern, die ihm klar zeigen, wann Machtmissbrauch geschieht. Hirten, Leiter sind vor Gott verpflichtet, diese Mauern bei den "Schafen" aufzubauen. Machtmissbrauch ist immer das Gegenteil von Reifungsprozess. 

Als Peter Strauch vom Machtmissbrauch seines Vaters erfuhrt, wusste er zuerst nicht, ob er weiter predigen kann. Später hat er noch mehr erfahren. 

Dies beweist, dass wir noch nicht im Himmel sind. Aber es zeigt auch, dass Peter Strauch mit Gottes Hilfe in der Wahrheit Christus leben und sterben möchte. Und gerade das, lässt Gott in unserer Schwachheit und Unfähigkeit wirken lassen. Leider hat der Vater es nicht getan. Vielleicht war ihm der Ruhm und sein "Dienst" wichtiger als sein Heil? Darüber darf und muss ich nicht richten. Aber darüber sollten wir für uns selber urteilen: Lebe ich so, dass mein "Dienst" für Gott und meine Ansehen wichtiger ist, als Gott selber? Habe ich den Mut, zu meinen erkannten Sünden zu stehen und sie ans Licht zu bringen? Oder liebe ich das Unrecht und die Dunkelheit mehr als Gott und die Wahrheit?

Wenn wir die Wahrheit nicht ertragen können, so können wir auch damit zu Jesus gehen: Bei ihm wird alles gut. Gerade unser Bekenntnis bei Jesus Christus, dass wir es nicht können, öffnet die Schleusen der Gnade!!!!!! Jesus wird die Dunkelheit besiegen. Immer wieder, bis unser Körper zerfällt oder bis Jesus Christus wiederkommt und wir dann verherrlicht werden.

3. Jakob Künzler aus Hundwil (AR) und der erste moderne Völkermord (1)
Ebenfalls im ideaspetkrum vom 18.3.15 auf Seite 1,3 und ab Seite 8 wird von diesem Vater vieler Waisenkinder berichtet. Herr Paul Bernhard Rothen, evangelisch-reformierter Pfarrer hat in der Kirche von Hundwil eine Künzler-Installation, welche vom 22.2. bis am 13.12.2015 zu sehen ist. Dazu gibt es auch noch andere Anlässe, s. Seite 10 im ideaspektrum.

Im osmanischen Reich wurde die Elite mit den "neuen europäischen Werten" geprägt. Die sozialdarwinistische Vorstellung das ein Arzt nicht nur den Einzelnen, sondern auch den Volksköper heilen solle, griff um sich (Seite 9). Ich vermute, für das osmansiche Reich war es sehr schmerzhaft, als sich Griechenland und andere Teile aus ihrem Machtbereich entfernten. 
"Der Vali von Diarbekir beispielsweise, Mehmed Reshid, war zur Ueberzeugng gekommen, die Armenier seien wie Mikroben oder Tumore im türkischen Volksköper, und es sei deshalb seine ärztliche Pflicht, diese zu entfernen. Mit professionellem Eifer spürte er versteckte Armenier auf und sorgte dafür, dass auch solche, die aus Verzweiflung zum Islam übergetreten waren, nicht am Leben blieben." Zitat Seite 9 und 11.
Interessant ist, dass es sich hier nicht um islamistische Gräueltaten handelte, sondern Sozialdarwinistische, die sich mit einem religiösen und nationalistischen Ueberlegenheitsgefühl verband. Vermutlich gab es so etwas schlimmes vorher nie. Es war etwas Neues, dass sich im 20. Jahrhundert wiederholen sollte. "Von Adolf Hitler wird erzählt, er habe, als er den Befehl zu den Judenmorden gab, die zögernden Offiziere gefragt: 'Wer redet heute noch von den Armenieren? Stalin liess die Bauern aus der Ukraine deportieren und nahm in Kauf, dass Hunderttausende starben. Mao befahl das Erniedrigen und Töten der Klassenfeinde. Die roten Khmer ermordeten mehr als eine Million ihrer Volksgenossen. In Ruanda ..." (Seite 22)

Das schlimmste ist, wenn uns eine Ideologie oder eine Religion vorgaukelt, es sei gerecht, unsere Sündhaftigkeit auszuleben. Dann besteht die ernsthafte Gefahr, dass wir es tun. Das ist ein Hinweis, wie stark die Menschheit im Sündenfall gefallen ist.

Im osmanischen Reich gab es Verantwortliche, die an diesem Völkermord nicht mitmachen wollten. So wurde Herr Kadi von Urfa strafversetzt", weil er sich weigerte, die Deportationsbefehle umzusetzen."

Ein Mitarbeiter von Herr Jakob Künzler, der Moslem war, wurde verhaftet und verriet unter Folter einige Armenier nicht, die sie versteckt hatten. Dieser Held hiess Ali. (Seite 8)

Vor Ort halfen sie allen, wie sie konnten. Das Auf und Ab wird beschrieben und auch, wie am 1. Oktober 1922 Jakob Künzler die Klinik in Urfa schliessen musste. "Damit fand eine lange Arbiet mit viel Liebe, Gebet und Schweiss ihren Abschluss. War's umsonst? Der Glaube spricht: Nein!" wird Künzler zitiert (Seite 11)

"Und als, das töten von Neuem begann ,war es Jakob und Elisabeth Künzler gegeben, Tausende von armenischen Waisenkindern über die Grenze zu retten und durch die Wüste im Libanon in Sicherheit zu bringen. Schliesslich übernahm das Ehepaar Künzler die Leitung eines Waisenhauses mit 1'400 der geretteten Kinder. Jakob Künzlers Lebenswerk wurde 1947 offiziell gewürdigt. Die medizinische Fakultät der Universität Basel verlieh ihm die Würde eines Doktors der Medizin ehernhalber."
Am 15. Januar 1949 stirbt Jakob Künzler in Ghazir, Libanon. Seine Tochter liest ihm diesen Liedvers, dessen Wahrheit sich durch Jakob Künzlers Lebenswerk ausdrückt:
'Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit will ich vor Gott bestehen, wenn ich zum Himmel werde eingehen." (Seite 11)

Danach fragt er: "Und ich, was hätte ich getan?"

U.a. zitiert er den jüdischen Religionsphilosoph Jakob Taubes, der über den millionenfachen Mord an Juden nachdachte:

"Was hätten wir getan - wenn  nicht die Nazis uns gar keine Wahl gelassen hätten, sodass wir nur auf der Seite der Opfer stehen konnten?"

Dazu Pfarrer Rothen:

"Abgesehen von allen äusseren religiösen, sozialen und nationalen Bindungen sind wir Menschen also stets wieder gefragt: Wer leitet uns an? Was erstreben und wollen wir? Durch die ganze Bibel zieht sich wie ein innerstes Ringen: Erregen uns Lebensgier, Neid und die Angst, zu kurz zu kommen, und darauf folgend die herzlose Gleichgültigkeit, wie es die ersten Seiten der Bibel vom Brudermörder Kain berichten?

Oder haben wir Anteil am Leid und am Leben derer, die dem Lamm das Lob singen, so wie die Bibel ausklingt (Offenbarung 7,14)?

Jakob Künzler ist zum Retter vieler Hundert Menschen geworden, zum geachteten 'Vater der armenischen Waisenkinder'. Umso glaubwürdiger ist darum auch heute noch sein Zeugnis: Das Wenige, was ein Mensch an seinem Platz machen kann, das gilt es mit offenen Augen, zupackenden Händen und einem unerschrockenen Herzen zu tun. Von der staunenswert starken und glaubensgewissen Persönlichkeit Jakob Künzler können wir lernen, die Realitäten dieser Welt nüchtern zur Kenntnis zu nehmen und uns doch liebevoll engagiert in unseren alltäglichen Aufgaben zu bewähren."

Man könnte sicher auch hinzufügen, dass an seinem Platz, also auf uns bezogen: unser Platz, wo uns Gott hingestellt hat, sollen wir jene Werke tun, die Gott im Voraus vorbereitet hat, damit die Ehre alleine Gott gehört. Denn dann können wir dieses Lob dem Lamm singen: Offenbarung 7,9-17.

"9 Nach diesem sah ich, und siehe, eine grosse Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus ALLEN Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem lamm, bekleidet mit weissen Kleidern, und Palmzweige in ihren Händen.
10 Und sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: Das Heil ist bei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und bei dem Lamm!
11 Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Aeltesten und die vier lebendigen Wesen und fielen vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an
12 und sprachen: Amen! Lob und Herrlichkeit und Weisheit und Dank und Ehre und Macht und Stärke gebührt unserem Gott in alle Ewigkeit! Amen.
13 Und einer von den Aeltesten ergriff das Wort und sprach zu mir: Wer sind diese, die mit weissen Kleidern bekleidet sind, und woher sind sie gekommen?
14 Und ich sprach zu ihm: Herr, du weisst es!
Und er sprach zu mir: Das sind die, welche aus der grossen Drangsal kommen; und sie haben ihre Kleider gewaschen, und sie haben ihre Kleider weiss gemacht in dem Blut des Lammes.
15 Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel; und der auf dem Thron sitzt, wird sein Zelt aufschlagen über ihnen.
16 Und sie werden nicht mehr hungern und nicht mehr dürsten; auch wird sie die Sonne nicht treffen noch irgend eine Hitze;
17 denn das Lamm, das inmitten des Thrones ist, wird sie weiden und sie leiten zu lebendigen Wasserquellen, und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen."

Was für eschatologische Aussagen! (zum Thema Eschatologie, die Lehre der letzten Dinge habe ich auf http://www.filmund.blogspot.ch/ einiges geschrieben. Ausgehend vom Film "Left Behind", der eine dispensionalistisches Modell vertritt, erklärte ich die verschiedenen biblischen Endzeitmodelle. Man merkt, dass auch in die eben beschriebene Problematik die Lehre einer guten Eschatologie hilft, richtig damit umzugehen. Der Völkermord an den Armeniern war sicherlich ein Art "Trübsal". Und ich frage mich, ob nicht generell auch die Unzulänglichkeit von uns Christen eine Art Trübsal ist...  (1)

Gebet:

Lieber Heiland, heile uns. Hilfe uns, dann ist uns geholfen. Rette uns vom Bösen dieser Welt und von uns selber!

Vergib uns, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!

Denn Dein ist dir Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit!

Danke.

Amen

Anhang
(1) Im Kirchenboten vom April 2012 auf Seite 3 (www.kirchenbote-online.ch) wird ebenfalls auf dieses Thema eingegangen. Hier wird auf folgendes Buch hingewiesen: Emanuel La Roche: 'Doctor, sieh mich an!' Der Basler Arzt Hermann Christ auf medizinischer Mission in der Osttürkei (1898 - 190), Chronos Verlag 2013.
Ich zitiere aus dem Kirchenboten. 
"1915 ereignete sich ein Genozid an den Armeniern in Anatolien. Doch bereits Jahre zuvor wurden etwa hunderttausend Armenier umgebracht. Unzählige Waisen blieben zurück. Der Basler Arzt Hermann Christ und sein Pfleger Jakob Künzler kümmerten sich im türkischen Urfa um Kinder  und Opfer."
Danach wird über einen verschlüsselten Brief berichtet, denn im Osmanischen Reich herrschte die Zensur. So wurde der Begriff "Armenierpraxis" im Brief geschwärzt: "Zwar schwärzte der Zensor die Passagen mit dem Begriff 'Armenierpraxis', tat dies aber so schludrig, dass die Adressaten den Text entsclüsseln konnten." Danach geht der Bericht weiter:
"Künzler erlebte nicht nur die Todesmärsche der Verfolgten, sondern im Oktober 19155 auch das Ende der ortsansässigen Armenier, die sich nach bewaffnetem Widerstand der türkischen Armee auslieferten und entweder auf der Stelle umgebracht oder in den Tod geschickt wurden. Vierzehn Tage lang mussten Alte, Frauen und Kinder auf ihren Abtransport warten, und während ihr Hab und Gut bereits versteigert war, töteten zahlreiche Mütter aus Verzweiflung ihre Kleinkinder.

Auf dem Weg ins Nichts

Und immer noch, bis in den Juni 1916 hinein, durchquerten unzählige Elendszüge die Stadt auf dem Weg ins Nichts: ..."
"... Allein im Winter 1915/16 betreute er über zweitausend Patienten, ..." Ich verzichte auf weitere Details. Es wird noch auf Progrome von 1894 bis 1896 hingewiesen.
"Angestossen und getragen von den protestantischen Landeskirchen erhob sich hierzulande eiene gewaltige Protestwelle, die in einer Petition an den Bundesrat kulminierte, der beim Sultan gegen die Verfolgung der christlichen Brüder und Schwestern inervenieren sollte. Begüterte Basler Bürger - dem 'Daig' galt christlich-humanitäres Wirken als Pflicht - beschlossen, über eine deutsche Organisation Hilfe für die überlebenden Armenier in urfa zu leisten, und schickten den jungen Basler Arzt hermann Christ nach Obermesopotamien, um dort den Ueberlebenden medizinisch beizustehen. Parallel dazu richtete die deutsche Hilfsorganisation in Urfa ein Waisenhaus für 250 bis 300 armenische Kinder ein, obendrein eine Teppichweberei, um Witwen wenigstens ein kleines auskommen zu ermöglichen."

"Bezahlt wurden sowohl der 'Herr Doktor' - wie ihn Künzler lebenslang zu nennen pflegte - als auch der Assistent vom begüterten Vater Christs. In dessen persönlichem Basler Umfeld waren einige Personen bereit, das kleine 'Schweizer Spital' in Urfa aus christlich motivierter Nächstenliebe bis zu seinem ende 1922 finanziell über Wasser zu halten." 

Auch im Factum 3 2015 wird ab Seite 18 auf das Leiden im Osmanischen Reich eingegangen. Dabei wird auf ein Buch von Rosemarie Stresemann eingegangen: "Bündnis des Todes II - Deutschlands Bündnisse mit dem Osmanischen Reich und der Völkermord an den Armeniern" hingewiesen. In diesem Buch wird eine gewisse Mitschuld der Deutschen Führung an diesem Genozid erwähnt. Aus diesem Bericht möchte ich folgendes zitieren (was mir selber gar nicht gefällt):
"Wie der Schweier Historiker Hans-Lukas Kiefer aufdecken und nachweisen konnte, ist die jungtürkische Bewegung weitgehend aus einem Kreis osmanischer Studenten in Genf und Lausanne hervorgegangen. Dort wurde auch ein Vorläufer ihres später für die Christen der Türkei so verhängnisvollen 'Komitees für Einheit und Fortschritt? (Ittihat ve Teraki Cemiyeti) gegründet. Die Vorleibe für Prof. Pittard fand dann bei Kemal Atatürk ihre Fortsetzung. Der 'Vater' der modernen Türkei war selbst aus dem Jungtürkentum hervorgegangen und blieb dessen Rassismus verhaftet. Das alles ist nachzulesen bei: Hans-Lukas Kieser, 'Vorkämpfer der 'neuen Türkei'. Revolutionäre Bildungseliten am Genfersee (1870 - 1939)', Chronos Verlag, Zürich, 2005." Danach wird auch auf Jakob Künzler (1871 - 1949) eingegangen.
In Genf gab es also einen Anthropologen Eugène Pittard (1867 - 1962) der ein verhängnisvolles Werk: "Les rasses et l'Histoire" (Die Rassen und die Geschichte) geschrieben hat, die zu diesem Grauen beitrugen. Dies beweist, dass es nicht unerheblich ist, was wir denken und schreiben. Es besteht immer die Möglichkeit, das unsere Gedanken auch umgesetzt werden.
Bis zu diesem Text habe ich das nicht gewusst. 
In diesem Text wird auch auf Frau Karen Jeppe aus Dänemark hingewiesen, die als Missionarin sich mit Christen Jakob Künzler positiv einsetzte. Auch Deutsche waren unter den Kritikern dieses Grauen. So hat der Berliner Missionnar Johannes Lepsius (1858 - 1926) historisch belegt, dass es eine Schuld des Deutschen Kaiserreiches und der österreichischen Verbündeten gibt. Rosemarie Stresemann beschreibt dazu in dem oben erwähnten Buch, "dass es ausgerechent ein 'Dschihad-Plan' des kaiserlichen Deutschlands war, der den türkischen Hass gegen die Christen im eigenen Land schürte, bis er sich blutig gegen die Armenier sowie Aramäer und Griechen wandte. Dass die christliche Bevölkerung unter der prodeutschen islamischen Herrschaft nach Russland und Frankreich orientiert war, das war Deutschland ein Dorn im Auge. Die Autorin weist darauf hin, dass der deutsche Diplomat Max von Oppenheim zu Beginn des Ersten Weltkriegs für Wilhelm II. ein Dschihad-Konzept unter dem Titel 'Die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde' entwickelt. Dieser Plan wurde vom Kaiser im Oktober 1914 angenommen und in die Tat umgesetzt: Bald danach rotteten die Türken - und mit ihnen Kurden - die ersten anatolischen Christen aus.
So wurde der politische konstrurierte islamistische Dschihad gegen die Armenier geboren - mit Schützhenhilfe aus Deutschland. Stresemann kommt daher zu dem Schluss: 'Deutschland trägt hier eine unbereinigte Schuld, die in ihren Auswirkungen sich in der Hitlerzeit noch verstärkte und bis heute wirksam ist."
Auch davon wusste ich nichts. Der Protestantische Kaiser... Was für eine moralische Kapitulation. Situationsethik und mangelndes Vertrauen in das Gute. (Was wohl bereits beim Schleifenplan auch ersichtlich ist. Dabei hätte Deutschland ohne dieses Unrecht, d.h. der Ueberfall auf Belgien, den Eintritt von England (vermutlich) abhalten können. Der U-Bootkrieg wäre nicht nötig gewesen und damit wäre nicht die USA als Gegner aufgescheucht worden, was zuletzt die Achsenmächte verlieren liess. Anfang 1918 sah dass noch ganz anders aus.) Ich war vor nicht so langer Zeit im Berliner Dom, wo dieser Kaiser Wilhelm II ein protziges Denkmal errichtet hat. Calvin würde sich im Grabe umdrehen, wenn er seine Statue dort sehen würde und all der Pomp. Ich verstand es irgendwie noch, was sie ausdrucken wollten. Es hat auch etwas schönes. Und erst, wie Luther vor dem Kaiser abgebildet wurde. Cool. Es war interessant zu sehen, wie in diesem Berliner Dom das Zusammenlegen der lutherischen und calvinistischen sich auswirkte. Allerdings ging der Calvinismus mit seiner Bescheidenheit unter all dem Reichtum unter. So musste ein Touristenführer anhand von Bildern zeigen, wie schlicht normalerweise reformierte Kirchen sind.
Aber diese "Realpolitik" mit dem osmanischen Reich lässt dies als pure Heuchelei erscheinen? Vermutlich war das im Berliner Dom dargestellte eine ehrliche Ueberzeugung. Zugleich aber war der Glaube auch relativiert worden, und so wurde ein gesunder Nationalismus (= Identität, soziales Zusammenstehen mit gleichzeitiger vollwertiger Akzeptanz von andersartigen Nationen) zu einem pervertierten Nationalgefühl, der die Eigeninteressen überbetonten. Nahm dieser Nationalismus schon die Stelle Gottes ein? Ich denke, es war noch nicht ganz so weit. Das sollte erst dreissig Jahre später geschehen. Viel eher war es eine Ueberschätzung der menschlichen Möglichkeit. Eine Selbstverliebtheit. Die sich durch den Erfolg mit dem Satz äusserte: "Am Deutschen Wesen wird die Welt genesen." Und sie hatten wirklich grandioses geleistet. Daher war wohl dieser Hochmut so gefährlich. Das war aber alles ein Problem zu jener Zeit, dass nicht nur die Deutschen hatten. Zudem stolperten Deutsche Leiter über ein anderes sehr bekanntes Problem von uns Menschen: Die Versuchung mit Unrecht eine Abkürzung zu gehen. Diese klassische Versuchung des Teufels suggeriert uns, dass das Böse doch nicht so schlimm sei. Der Nutzen "heile" den Schaden. Bei der Versuchung von Jesus sieht man, wie geschickt der Teufel dabei vorgeht. Die Versuchung kann so verlockend sein. Sie kann sich als der vermeintlich beste Weg anbieten. Oder als der einzig gangbare Weg (Was aber nie stimmt. Wenn man sich hinsetzen würde, und ruhig nachdenken und vielleicht beten, fände man einen viel besseren und gerechtere Möglichkeit.). Dabei hält das Böse sein Versprechen nur für einen kurzen Moment. Dieser Moment ist so hohl, dass es nach mehr verlangt und einem dadurch süchtig macht. 

Auf der einen Seite tut es gut zu hören, das geholfen wurde. Gleichzeitig ist es niederschlagend, zu realisieren, zu welchen Taten wir Menschen fähig sind. Ein Calvinist sprach den Trost aus, dass kein Mensch so schlecht ist, wie er sein könnte (Ich glaub, ich lies dies im Buch "Die Lehren der Gnade, eine Erklärung und Verteidigung der fünf Punkte des Calvinismus" von James Montgomery Boice und Philipp Graham Ryken)

Dabei müssen wir aufpassen, dass uns die tiefe Betroffenheit über die Sünde der Menschen nicht selber unsere Sündhaftigkeit ausufern lässt. Damit meine ich, dass man sich so über den Sünder empört und dabei die eigene Fähigkeit zur Sünde vergisst. Ja sich gerade am Grauen der einen für viel besser hält. Die Bibel warnt eindrücklich über unsere Fähigkeiten zu sündigen, da wir seit dem Sündenfall das Gute pervertieren. Daher ist es so schwierig, dem Unrecht ins Auge zu schauen, ohne selber auf die eine oder andere Art zu sündigen. Die Wut über die Ungerechtigkeit ist dabei nicht das Problem. Ganz im Gegenteil: Gott selber wird wütend über zugeführtes Unrecht. ABER bei Gott ist es immer ein heiliger Zorn. Bei uns Menschen schwingt auch unsere Sünde mit. (s. Epheser 4,26-27) Und allzu oft verwechseln wir unseren Zorn mit einem Heiligen Zorn. Das Problem ist also nicht, dass wir tief betroffen werden oder dass wir über Unrecht wütend werden, sondern dass wir diese Emotionen gebrauchen, um von unseren eigenen Sünden abzulenken. Dabei wird daraus gerade wieder Ungerechtigkeit geboren, indem wir unverhältnismässig reagieren. (Was eine verhältnismässige Reaktion wäre, komme ich noch kurz darauf.) Auch hier gilt, wie für alles andere gilt, seien es gute oder schlechte Taten: Busse tun und es Gott hinlegen. Dann kann Gott aus unserem Unvollkommenen etwas Gutes machen. Die Wut über Ungerechtigkeit müssen wir also auch Gott hinlegen.
Die verhältnismässige Reaktion auf Unrecht ist ein weites Thema. Zur Zeit kann ich selber noch keine abschliessende Antwort darauf geben. Sicherlich kommt es auf die jeweilige Situation darauf an. Ganz bestimmt ist es ein Unterschied ob man selber als Opfer betroffen ist oder ob man als Drittperson davon erfährt. Die Basler und Appenzeller zu jener Zeit geben ein Beispiel für eine verhältnismässige Reaktion als Drittpersonen.
Als Opfer ist sicherlich wichtig, dass man sich selber eine Zeit der Trauer gewährt und die verschiedenen Phasen durchlebt und sich genügend Zeit lässt. Dazu gehört auch, den Schmerz, das erlittene Unrecht beim Namen zu nennen und es nicht zu verdrängen. Oder es als nicht so schlimm abzutun (was bei einer solchen Tragödie wohl kaum jemand in den Sinn kommen wird). Dazu gehört auch die aufkommende Wut ernst zu nehmen: Denn es ist wirklich Unrecht geschehen. Auch Gott tut das weh. Auch Gott ist darüber wütend.
Wichtig ist dann auch Heilung zu erfahren. Die Bibel empfiehlt die Rache Gott zu überlassen und nicht Böses mit Bösem zu vergelten, sondern die Feinde zu lieben (s. weiter unten). Es ist bemerkenswert wie Paulus diese alttestamentliche Bibelstellen im Römerbrief benutzt. Er verkleinert in keiner Weise das angetane Unrecht. Er empfiehlt aber, die Rache Gott zu überlassen. Ich könnte mir vorstellen, dass dies als ein weiterer Schritt in diesen Phasen der Trauer hilfreich sein wird.
Vielleicht wird Gott sogar die Kraft geben, dass man den Tätern vergeben kann. Für die eigene Psyche kann dies sehr befreiend wirken. Denn mit dem NACHTRAGEN der Schuld, verbindet man sich auch mit dem Täter. Mit dem Vergeben löst man sich von ihm und Befreiung kann geschehen. Das erkennen auch nicht-christliche Berater!
Ich weiss, ich schreibe hier über schwere Dinge. Jesus spricht sogar davon, dass mit Verfolgung zu rechnen sei, wenn man seinem Weg folgt. Wir sollen die Feinde liebe. Denn das eigentliche Problem ist ein geistliches. Irgendwie sind die Täter selber Opfer, die in ihrer Blindheit sich von ihrer Sünde mitreissen liessen. Dabei betrügt sie ihr eigenes Herz und sie können nicht sehen, was sie da tun oder taten. Gerade letzthin lass ich im Alten Testament, dass die Bösen sich in ihrem Unrecht bestätigt fühlen, weil Gott nicht immer sofort straffend einschreitet. Dabei sollte man dies als Gnade begreifen, damit der Täter zur Vernunft kommt und mit dem Unrecht aufhört und Busse darüber tut.

Ein wichtiger Lösungsansatz ist immer auch die Wahrheit und das eingestehen der eigenen Verantwortung. Dabei ist es wichtig, dass man weiss, dass man die schlimmsten Taten bei Gott vergeben lassen kann. Wenn man dies nicht kann, wird das Unterbewusstsein sich vehement sträuben, eigene Schuld zuzugestehen. Schon bei mir als Christen ist es schwierig, Schuld einzugestehen. Mich zu entschuldigen. Dabei weiss ich doch, wie gerne mir Gott vergibt. Ja, dass Jesus Christus, Gottes Sohn, also Gott selber für meine Schuld bezahlt hat. Denn wir sind so tief in die Sünde gefallen - damals beim Sündenfalls von Adam - dass wir von Gott geliebt werden wollen, weil irgendetwas an uns so Gut ist, dass uns Gott lieben MUSS. Aber Gott liebt mich, obwohl ich nichts bringen kann, was seiner Heiligkeit genügen würde. Gott selber muss mich heiligen und das tat er, indem er selber am Kreuz für meine Unheiligkeit starb. Nun kann ich immer zu Jesus und die Realität gestehen. Dadurch habe ich in Christus immer Zugang zur Heiligkeit Gottes, zum Tempel des lebendigen Gottes, dem Herrn und Schöpfer dieser Welt. Und das  nicht aus mir, sondern als ein Geschenk von Gott selber.
In dieser Gnade lässt es sich gut beten und mit Gott reden. Ich weiss zwar, dass ich nicht würdig bin und meine Gebete nicht die entsprechende Heiligkeit Gottes ausweisen, ABER der Heilige Geist, Gott selber tritt für mich ein, dass sie heilig werden. (s. weiter unten die entspr. Bibelstelle)

Denn ich mag mein Bestes geben. Aber das reicht nicht. Seit dem Sündenfall von Adam können wir es nicht mehr: Wirklich im absoluten Sinne Gutes tun. Daher schuf Gott eine andere Lösung. Wir müssen ihm vertrauen: Jesus Christus. Daher ist es sehr wichtig, alles von Gott zu erwarten. Hier liegt der Schlüssel zur Ueberwindung des Bösen: Er liegt bei Gott selber. Indem wir Gott vertrauen und nicht uns selber, kann Gott aus unserer Unvollkommenheit etwas machen. Das ist gleichzeitig auch eine riesige Befreiung. Ich darf wie ich bin zu Jesus gehen. Noch mehr: Ich kann eigentlich nur als Sünder kommen. Denn dann gilt mir seine Vergebung.
Dieses Fundament gibt die Kraft, um umzukehren. Verantwortung zu übernehmen und die wirklichen Probleme anzugehen. Die Realität der Sünde wird so je länger man mit Gott lebt klarer werden. Gleichzeitig wird auch das Wissen um die Gnade und Barmherzigkeit Gottes zunehmen. In diesem Prozess wird Vergebung möglich. In diesem Prozess liegt wahre Freiheit.

Ich hoffe, diese Bibelstellen sprechen Mut zu:

"Denn auf Hoffnung hin sind wir errettet worden. Eine Hoffnung aber, die man sieht, ist keine Hoffnung; denn warum hofft auch jemand auf das, was er sieht? Wenn wir aber auf das Hoffen, was wir nicht sehen, so erwarten wir es mit Ausharren.
Ebenso kommt aber auch der Geist unseren Schwachheiten zu Hilfe. Den nwir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; aber der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.
Der aber die Herzen erforscht, weiss, was der Sinn des Geistes ist; denn er tritt für die Heiligen so ein, wie es Gott angemessen ist.
Wir wissen aber, dass denen, die Gott leiben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind. Denn die er zuvor ersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dem Ebenbild seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.
Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen, die er aber berufen hat, die hat er auch gerechtfertigt, die er aber gerechtfertigt hat, die hat er auch verherrlicht. Was wollen wir nun hiezu sagen? Ist Gott für uns, wer mag gegen uns sein?
Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken?" (Römerbrief 8,24-32)

und

"Vergeltet niemand Böses mit Bösem! seid auf das bedacht, was in den Augen aller Menschen gut ist.
Ist es möglich, soviel an euch liegt, so haltet mit allen Menschen Frieden.
Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn (Gottes); denn es steht geschrieben: 'Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.'. Wenn nun deinen Feind hungert, so speise ihn; dürstet ihn, so tränke ihn! Wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute! (Römerbrief 12, 17-21)


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