Samstag, 7. März 2015

Das Buch der Mitte von Vishal Mangalwadi (Dritter Bericht)

Das Buch der Mitte von Vishal Mangalwadi (Dritter Bericht)

Auf Seite 243 geht er auf den Nationalismus ein. Dabei unterscheidet er den sekularisierten, egoistischen Nationalismus, wie er im 19. und 20. Jahrhundert schrecklich wirkte. Er beschreibt aber - und das ist interessant - einen biblisch begründeten und demütigen Nationalismus, der sich selbstkritisch hinterfragt und die eigene Kultur als Reichtum unter anderen Kulturen und Nationen versteht. Dabei wird die Unterschiedlichkeit als ein Reichtum Gottes geschätzt. Wie weit nun ich meine Gedanken in diese Interpretation einfliessen liess, bitte ich zu überprüfen. Auf jedenfall wirkte der Zugang für die Massen zur Bibel in der Reformation eine Demokratisierung des Wissens und die Entstehung von Nationen.
Interessant ist hierzu auch ein Betrag im ZDF. Es beleuchtet allerdings, dem Titel gemäss, sehr stark der Einfluss der Bibel auf die Entstehung von Deutschland. Im Film selber wird der Einfluss der Bibel manchmal mit Luther "verwechselt", der die Bibel ja "nur" ins Deutsche übersetze. Diesen Film habe ich auf meinem Blog "http://www.filmund.blogspot.com/" am 7.3.15 ebenfalls beschrieben. Zudem findet man dort auch die Verknüpfung zum Film auf Youtub. Der Film veranschaulicht eigentlich das, was Mangalwadi hier allgemein schreibt, anhand der Entwicklung in Deutschland während der Reformationszeit.

Ab Seite 253 wendet sich Mangalwadi dem Einfluss der Bibel auf die Literatur zu. Dabei vergleicht er auch den Einfluss der klassische Literatur der Griechen und Römer mit dem asiatischen Buch der Bibel. "Die frappierende Einfachheit bestätigt, vielmehr die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit der Schrift: Die biblischen Berichte sind Wahrheit und keine Mythen. Ihre Wirklichkeitsnähe ist eben nicht ausgeklügelt, sie sind nicht dem Einfallsreichtum eines Künstlers zu verdanken." (Seite 255 folgert er und fasst damit seine Gedanken über den Wahrheitsgehalt der Bibel zusammen.
Dazu gehört auch, dass er als Erwachsener zunächst einmal schockiert war, als er das erste Buch Mose las: Wie verschüchtert doch Abraham und Isaak waren. Im indischen Epos Ramayana tritt der Held ganz anders auf. Dies wurde dann auch als eine Grundlage für den Film "Avatar". Auf Seite 256 zitiert er auch Erich Auerbach, der ebenfalls zwischen Homers Odysseus und Abraham machte: Entweder ist der biblische Bericht war, oder aber "ein bewusster Lügner sein, kein harmloser Lügner wie Homer, der log, um zu gefallen, sondern ein zielbewusster, politischer Lügner, der im Interesse eines Herrschaftsanspruchs log."

Auf jedenfall kommen die biblischen Helden im Gegensatz zu den klassischen, uns sehr nahe. Denn Gott schreibt mit "normalen", sündhaften Menschen seine Geschichte. "Die Bibel besass auch deswegen diese einzigartige Position, weil sie immer wieder Denker aus unterschiedlichen Kulturen befähigte, die Welt, in der sie lebten, zu verstehen. Der biblische Bericht setzt am Anfang an, beleuchtet mit realistischem Blick das Böse - seine Ursachen, die schrecklichen Folgen und das Heilmittel dagegen - und schliesst mit der prophetischen Schau einer herrlichen Zukunft." (Seite 257)

Dabei sind Charakterveränderung und -entwicklung in der Bibel wichtige Themen. "Homers Helden ändern sich nicht, Jakob sehr wohl." (Seite 257)

Er geht dann darauf ein, wo überall in der Literatur die Bibel Einfluss nahm. U.a. beschreibt er, wie Dr. Louise Cowan ihren Kinderglauben durch ihre Universiätsstudium zu hinterfragen begann. Ihre eigenen Vorlesungen über Hamlet öffneten ihr die Augen für biblischen Glauben und biblischen Heldenmut. Mittlerweilen nimmt die Zahl der Wissenschaftler zu, die Shakespeare dem christlichen Glauben zuordnen (Seite 262). Und die Nachwirkungen scheinen sogar bis heute in der Literatur zu bemerken. Er nennt Beispiele von Stephen King, was mich überraschte. (Seite 270 - 271).

Auf jedenfall liesst Herr Khushwant Sing (geb. 1915), ein säkularer Sikh, der über viele Jahrzehnte an der Universität in Delhi englische Literatur lehrte, täglich mindestens zwei Kapitel in der Bibel, da niemand die englische Literatur verstehen könne, ohne die Bibel zu kennen. (s. Seite 253)

"In 'Puritans as Democrats' kommt der Historiker Jacques Barzun zu dem Schluss, dass die sozialen und wirtschaftspolitischen Reformen, die unsere Zeit der Aufklärung zuschreibt, tatsächlich aus der Bibel stammt." (Seite 266) Das sie diese in einer religiösen Sprache verpackten, mögen sie viele nicht mehr lesen. Aber in der frommen Sprache liegt es vergraben: "... gingen auch mit der Zukunft schwanger. Die Sekten und ihre Führer gliederten sich in Puritaner, Presbyterianer (= Reformierte, meine Anmerkung) und Unabhängige auf und waren soziale und politische Reformkräfte, die sich im Wesentlichen im Grad  ihrer Radikalität unterschieden." (Jacques Barzun, zitiert auf Seite 267)

"Angenommen, Barzun hat recht - haben dann weltliche Universitäten nicht mehrere Generationen zu der (irrigen) Annahme verführt, es seien die grossen Gedanken der Aufklärung gewesen, die die moderne Welt entstehen liessen?" (Seite 267) Als Antwort zeigt Mangalwadi etwas vom Leben von Herrn John Lilburnes (1614 - 1657). Als radikaler puritanischer Autor hielt er Menschenrechte hoch und forderte er sie ein. So stark, dass er selber ins Gefängnis kam. Barzun schreibt u.a. dazu:
"Sein Nachteil ist, dass, obwohl er das Naturrecht beschwört, seine Argumente voller Biblizismen sind." (Seite 267)

"Moderne Historiker schaffen es wegen ihrer Befangenheit nicht, diese Gedanken den puritanischen Schriften zuzuschreiben, aus denen sie in Wirklichkeit stammen, sondern leiten sie lieber von säkularen quellen ab. Man führt den freien Handel lieber auf Adam Smith zurück als auf Lilburnes Erörterung des Gleichnisses von den Talenten. Aufgrund ihrer Voreingenommenheit sehen sie auch John Locke als Urheber des Gedankens, dass alle Menschen frei und gleich geboren sind, und nicht einen in ihren Augen obskuren Wiedertäufer-Prediger." (Seite 268)

Am Schluss dieses Abschnitts folgert Mangalwadi:
"eine Ablehnung der Bibel hingegen mündet in moralischer und intellektueller Anarchie. Deshalb suchen Muslime der  zweiten Generation im Islam nach einer Möglichkeit, das Vakuum zu füllen, das durch die säkulare Bildung entstanden ist." (Seite 272)

Dies bestätigt mein eigener Eindruck dazu.

Die eigene Verwirrung und Orientierungslosigkeit des Westens treibt die Welt in ihre alten Traditionen, Religionen und Ideologien.
Leider hat der Westen die Türe zu ihrer eigenen biblischen Grundlage in intellektueller Weise zugeschlagen.
Möge Gott es schenken, dass es andere (oder auch der Westen selber) wieder öffnen, wie es Mangalwadi als Inder macht.



PS: Warum schaft es die EU bis heute nicht, ihre Institutionen sauber demokratisch aufzustellen? Vielmehr scheinen Intellektuelle und Politiker das Sagen zu haben, während die Bevölkerung eine Statistenrolle zu spielen scheinen. Das ganze wird nicht von Unten getragen und inspiriert, wie es sich für eine echte Demokratie gehört. Nur schon wie die EU auf Volksentscheide aus der Schweiz reagiert, zeugt von einem Demokratieverständnisdefizit. Nur wenn das Volk genau das entscheidet, was einem in die Tagespolitik passt, ist es achtenswert. (Ich rede jetzt nicht von unveräusserlichen Menschenrechten, wie sie die Bibel lehrt. Hier hat jede Regierung und Demokratie ihre Grenzen. Aber ich meine generell die Haltung und den Aufbau der Institutionen. Und auch ganz konkrete Entscheide, die man so oder so lösen könnte. Ein ganz banales Beispiel: Wie wurde die Sommerzeit eingeführt? Oder wie wurde das Verbot der Glühbirnen demokratisch besprochen und dann nach  reiflicher Prüfung entschieden? War es nicht viel mehr ein einsamer Entscheid in Brüssel, vielleicht noch von Interessengruppen gesponsert? Unsere Schweizer Regierung konnte ja dann nicht anders, als diesen Unsinn zu übernehmen, anstelle es demokratisch auszuhandeln. Dann hätte man vielleicht gemerkt, dass die Einsparung der Energie durch das Verbot der Glühbirne gerade im kalten Norden mehr statistisch ist, als effektiv. Man muss ja so oder so in den meisten Monaten heizen. Zudem war der Ersatz durch Sparlampen alles andere als umweltfreudnlich, denn diese Dinger sind Sonderabfall und hoch giftig. Ihre Produktion und Entsorgung ist viel belastender als dies von Glühbirnen. Man hätte mit dem Verbot der Glühbirne mindestens solange warten müssen, bis andere Alternativen als die Sparlampen da gewesen wären. Aber wenn diese da gewesen wären, wären sie wohl von alleine als Ersatz angewandt worden. Dann hätte man ein Stück Freiheit bewahren können und immer noch die Möglichkeit gehabt, Glühbirnen mit ihrem besonders angenehmen Licht kaufen zu können. Und so könnte man noch andere Beispiele aufführen.)

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