Samstag, 22. März 2014

Nehemia



Nehemia

Ueberblick
1. Gedanken zu Nehemia
2. Zum Buch Nehemia: Hintergründe
3. Anhang

Gedanken zu Nehemia
Ein beeindruckender Mann. Er war Mundschenk (1,11 und 2,1) des Königs Artasasta (1). Er hört, wie die Juden in Jerusalem leben mussten. „Die Uebriggebliebenen, welche nach der Gefangenschaft übriggeblieben sind, befinden sich dort im Lande in grossem Unglück und in Schmach; und die Mauern der Stadt Jerusalem sind zerbrochen und die Tore mit –Feuer verbrannt.“ (Nehemia 1,3b)

Dies traf Nehemia so sehr, dass er mehrere Tage vor Gott weinte, betete und fastete. (Nehemia 1,4). In den folgenden Versen hört man, wie er betete: Er ruft Gottes Allmacht an, seien Macht und Schrecklichkeit und seine Barmherzigkeit, denen die ihn lieben und seine Gebote halten.“ Dabei schreckt er nicht vor dem Thema der Sünde zurück, sondern stellt sich ihr, indem er sie nennt und um Vergebung für sich und sein Volk, dass Gottes Volk ist, bittet. Dabei vergisst er nicht, Gott an seine Versprechen zu erinnern (Nehemia 1,8-10). Zu seiner Bitte gehört auch, dass Nehemia vor dem König Artasasta Barmherzigkeit für die Juden erhält.
Als nun Nehemia dem König den Wein reichte, merkte dieser, dass Nehemia traurig war. Es war das erste Mal, dass Nehemia vor den König in Trauer erschien. Daraus ergibt sich ein Gespräch, indem der König Nehemia erlaubt als Stadthalter nach Jerusalem zu gehen und die Mauern von Jerusalem wieder aufzubauen. Damals waren Mauern wichtig: Sie schützten eine Stadt vor Dieben und Ueberfällen. Ohne diesen Schutz war man den Anfechtungen dieser Zeit ohnmächtig ausgeliefert. 

Nun liest man, wie Nehemia nach Jerusalem kommt und sich eine Uebersicht macht. Er plante und begann den Plan umzusetzen. Von Anfang an, gab es Widerstand. Es begann mit Verhöhnung (Nehemia 2,19). 

Als weitere Fortschritte im Mauerbau erzielt wurden, wurde Sanballat „zornig und sehr entrüstet und spottete über die Juden“ (Nehemia  4,1b). Interessant ist, dass hier jemand zornig wird, weil ihm der Erfolg der Juden missfällt. Er scheint den Erfolg so zunichte machen zu wollen, indem er ihn verhöhnt. Das ist ein Bild, das wir Christen auch für unser Leben anwenden können: Wenn wir mit Gott leben und unser Leben aufbauen und unseren Schutz durch Gott erhalten, wird es Stimmen geben, die uns verhöhnen, weil sie uns diesen Erfolg und diesen Schutz nicht gönnen wollen. Dies geschieht vermutlich unbewusst. Vielleicht war es auch die Furcht, Gotte Volk nicht mehr einfach manipulieren zu können. Eine geistliche Macht – eine andere als jene von Gott – scheint sie dazu anzutreiben. Dabei sind diese Menschen keine Feinde, sondern nur arme Opfer eines widergöttlichen Geistes, der sie nicht in die Freiheit der Kinder Gottes entlassen möchte. Denn in der Zeit des Neuen Bundes, indem wir leben, wäre es ja jedem möglich, sich Gott anzuschliessen, wenn er denn möchte. (Allerdings war dies ja auch im Alten Testament möglich…) Dafür braucht es allerdings eine Befreiung des Willens durch den Heiligen Geist. Darum müssten wir Christen für solche Menschen beten. Im alten Testament betet Nehemia noch etwas anders:

„Höre, unser Gott , wie verachtet wir sind, und lass ihre Schmähungen auf ihren Kopf fallen und gib sie der Plünderung preis im Lande der Gefangenschaft; und decke ihre Schuld nicht zu und lass ihre Sünde vor dir nicht ausgetilgt werden; denn sie haben die Bauleute geärgert!“ (Nehemia 4,4+5)

Nehemia spricht einen Fluch aus. Das sollten wir als Christen nicht machen. Im neuen Testament wird ein Fluch nur sehr zurückhaltend ausgeübt (zum Beispiel als Paulus auf Zypern einen Zauberer zum Schweigen brachte, der ihm andauernd drein redete.).
Warum diese Zurückhaltung vor Verfluchungen? Jesus Christus wurde am Kreuz ein Fluch, damit wir von unseren Verfluchungen frei werden. Wir sind als wiedergeborene Christen von aller Schuld befreit wurden. Nun sollen wir diese gewonnene Freiheit weitertragen. Paulus drückt es ja dann auch so aus, dass wir als Christen nicht gegen Menschen, sondern die dahinter liegenden Mächte kämpfen. Daraus ergibt sich der einfache Slogan: Gott hasst die Sünde, liebt aber den Sünder. Denn auch wir Christen sind wie alle anderen nur Sünder und alleine die Gnade Gottes macht der Unterschied. Dass weiss wohl auch schon Nehemia. Denn schon im alten Testament wird bezeugt, dass Gott nicht den Tod des Sünders möchte, sondern dass er umkehrt und lebe. Darum betet Nehemia – gar nicht liebevoll – dass Gott ihre Sünden nicht zudecken soll…. Aber das ist, seitdem Jesus am Kreuz gestorben ist, nicht mehr unser Amt. 

Unser Amt ist zu segnen und für die Menschen das Beste zu bitten. Das Amt des Verfluchens gehört einem anderem: Dem grossen Ankläger: Satan. (Wobei natürlich Gottes Gesetz Segen oder Fluch verheisst. Gottes gute Gebote schaffen leben. Sich dagegen zu wenden schafft Leid, einen Fluch. (Was aber nicht heissen soll, dass jedes Leid ein Fluch ist.) Und es ist Satan, der Gott an diese Flüche gerne erinnert. Jesus macht das Gegenteil, indem er den Fluch auf sich nahm und als ein gerechtes Opfer den Fluch auf sich nahm und so die Forderung des Gesetzes Gottes erfüllte. Gott selber trägt so unseren Fluch, wenn wir das wollen. Wenn wir dies nicht wollen, bleiben wir im gerechten Fluch des Gesetztes. Im tieferen Sinn betet also Nehemia, dass diese Menschen in diesem Fluch verharren sollen, damit sie ihre gerechte Strafe erlangen. Ich schlage vor, dass wir die Rache Gott überlassen sollen und wenn immer möglich darum bitten, dass Gott uns und die anderen Menschen vom Bösen befreit, wie im Vater unser.)

Nun Nehemia setzt sich also 100% für das Gottesvolk ein. Da er weiss, dass der Wiederaufbau die Menschen viel kostet, verzichtet er auf ein Gehalt für sich als Stadthalter von Jerusalem. (Nehemia 5,14). Zudem hat er 150 Mann an seinem Tisch aus seinen privaten Finanzen mit Essen und Wein versorgt (Nehemia 5,17-18).

Was mich beeindruckte, waren die vielen Probleme, die Nehemia überwinden musste. Sie kamen von Menschen, die dem Gottesvolk feindlich gesinnt waren UND aus dem eigenen Gottes Volk. So mussten sie ab einer gewissen Zeit mit Waffen an der Mauer bauen (Nehemia 5,18). Es wird auch mit Verleumdungen gegen Nehemia operiert (Nehemia 6,5-8). Aber sogar die eigenen Propheten Gottes wurden bestochen und wollten Nehemia Angst einjagen (Nehemia 6,9-14).

Im Kapitel 5 wird noch eine schwere Anfechtung beschrieben: Die Reicheren des Volkes Gottes bedrückten die Armen des Volkes Gottes. War es möglich, dass die Perversion des Bösen so weit geht, dass sich sogar Gottes Kirche zu soviel unrecht herunterlässt? Es war möglich. Nehemia sprach es an und legte seinen Finger auf den wunden Punkt. Vorher wird beschrieben, wie dieses Unrecht auf Nehemia wirkte:

„Als ich aber ihr Geschrei und diese Worte hörte, war dich sehr zornig.“ (Nehemia 5,6)
Nun reagiert Nehemia aber nicht mit einem Fluch, da er sein Volk, auch die Sünder liebte. Sondern er „schallte“ sie:

„Und mein Herz überlegte in mir, und ich schalt die Vornehmsten und Vorsteher und sprach zu ihnen: Treibet ihr Wucher an euren Brüdern? Und ich brachte eine grosse Gemeinde wider sie zusammen und sprach zu ihnen:

Wir haben nach unserem Vermögen unsere Brüder, die Juden, welche an die Heiden verkauft waren losgekaut; ihr aber wollt sogar eure Brüder verkaufen, so dass sie sich an uns verkaufen müssen?

Da schweigen sie und fanden keine Antwort.

Und ich sprach: Was ihr da tut, ist nicht gut. Solltet ihr nicht in der Furcht unseres Gotts wandeln wegen der Schmähungen der Heiden, unserer Feinde?“ (Nehemia 5,7-9)

Dann geht Nehemia mit gutem Beispiel voran und erlässt seinen Schuldnern die Forderungen (Nehemia 5,10) und fordert die Reichen auf:
„Gebet ihnen heute noch ihre Aecker, ihre Weinberge, ihre Oelbäume und  ihre Häuser zurück, dazu …“ (Nehemia 5,11)

Und ein Wunder geschah: Sie stimmten zu. Nehemia holte die Priester und lies dies noch beeidigen. Er wusste wohl, wie wankelmütig wir Menschen manchmal sein können. Zudem „
schüttelte ich den Bausch meines Gewandes aus und sprach: Also schüttle Gott jedermann von seinem hause und von seinem Besitztum ab, der solches versprochen hat und nicht ausführt; ja, so werde er ausgeschüttelt und leer! Und die ganze Gemeinde sprach:  Amen (= so sei es)! Und sie lobten den HERRN. Und das Volk tat also.“ (Nehemia 5,13b)

Das beeindruckt mich.

Zugleich lässt es mich auch ernüchtern: Wir leben noch nicht im Himmel. Widerstand und Anfechtungen sind normal. Luther sagte sogar, dass ein guter Theologe, nach Studium der Bibel und Gebet immer auch mit Anfechtung rechnen muss. Denn diese Anfechtung treibt ihn wieder ins Wort Gottes und damit zu Gott. Und dies wird aus ihm einen guten Theologen machen. Er wird im eigenen Leben erleben, wie Gott wirkt und ihm aus seinen Anfechtungen hilft. Wie er als ein Schwacher in Christus ein starkes Werkzeug Gottes sein kann. So kommt eine gute und orthodoxe Lehre mit Liebe und unendlicher Barmherzigkeit zusammen.

Ein bisschen sieht man dies auch an Nehemia und seinem Leben. Dabei handelt er ähnlich wie einst David vor Goliath: Goliath fühlte sich durch David, einen ungerüsteten Jungen provoziert. Da stand er Goliat, als einer der grössten und mächtigsten Kämpfer, der tagelang Gottes Volk beleidigte vor einem Jüngling, der mit nichts als seinem Gott und einer Steinschleuder gegen ihn antrat.

Ich weiss nicht, ob ich einen solchen Lebensmut und ein solches Gottvertrauen in meinem Alltag habe: Ich stehe fest begründet im Glauben an meinen lieben Gott. Was sollen mir die Pappkarton-Gefahren auch ausrichten. Sie können mir weh tun, sie können mich beleidigen, sie können mich bestehlen, sie können mich töten, aber meiner Seele können sie nichts antun. „Wer will gegen die Auserwählten Gottes Anklage erheben? Gott ist es doch, der rechtfertigt?“ (Römer 8,33) „Wer will uns scheiden von d er Liebe des Christus? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blösse oder Gefahr oder Schwert?“ (Römer 8,35)

Bei David ging der Kampf kurz. Er schlug der Anfechtung mit der Steinschleuder an die Stirn. Der bricht ohnmächtig zusammen. David nimmt das Schwert von Goliath und haut ihm damit den Kopf ab. Die Schlacht war entschieden. (David hatte natürlich noch andere Herausforderungen im Leben. Dazu gehörte auch, dass er den Tempel nicht erbauen durfte, weil soviel Blut an seinen Händen klebte: 1. Chronik 28,3: Aber Gottt sprach zu mir: Du sollst meinem Namen kein Haus bauen; denn du bist ein Kriegsmann und hast Blut vergossen!.)

Nehemia erlitt immer wieder Anfechtungen. Er hielt aber am Kurs mit seinem Gott fest und vertraute Gott mehr als Menschen. Und die Mauern Jerusalems wurden wieder errichtet und die Ungerechtigkeit im Volk Gottes wurde beseitigt.

Gott möge uns segnen. Lasst uns alles in ihm suchen, der in Christus uns alles ist.

Wenn wir uns gross und stark fühlen, so lasst uns vor ihm demütigen, weil er uns ohne Leistung liebt.

Und auch wenn wir uns schwach und ohnmächtig fühlen, lasst uns auf ihn trauen.

AMEN

2. Zum Buch Nehemia: Hintergründe
Es ist ein alttestamentliches Buch, dass auch zur Bibel, dem Tenach der Juden gehört. Es handelt in jener Zeit, wo Gottes Volk, die Juden, aus Israel verbannt worden waren und wenige wieder zurückkehren durften oder wenige Ueberiggebliebene in Jerusalem noch lebten. 

Laut der Genfer Studienbibel gehörten früher die Bücher Nehemia und Esra zu einem Buch. Origenes (185-253 nach Christus) war der erste, der sie in diese zwei Bücher aufteilte.
Genfer Studienbibel, Seite 779:
„In der hebräischen Bibel, im Talmut, bei Josephus (ca. 37-100 n. Chr.) und in den ältesten Schriften der LXX werden sie als ein einziges Schriftstück behandelt.“

„Die Bücher Esra und Nehemia sind eine historische Erzählung, die sich aus zahlreichen ,ursprünglichen einzelnen Schriftstücken zusammensetzt. Diese bilden ein literarisch wertvolles und aussagekräftiges Ganzes. Eine wesentliche Rolle spielen in diesen beiden Büchern Verzeichnisse….

.. In diesen beiden Büchern (Nehemia und Esra) ist auch viel offizielle Korrespondenz enthalten. Diese Briefe wurden nicht einmal übersetzt, sondern in der Sprache, in der sie ursprünglich verfasst wurden, abgeschrieben, in Aramäisch, der damals in diesen Ländern üblichen Sprache der internationalen Diplomatie. (Ansonsten ist das alte Testament ja üblicherweise in Hebräisch geschrieben.)“ (Beispiele dafür: Briefe Rehums an Artasasta, Briefe Tatnais an Darius, Memorandum über den Erlass des Kores usw.)

Laut Genfer Studienbibel glaubte man früher, dass ein Chronist die Bücher Esra und Nehemia verfasst habe. Heute gebe es einen Konsens unter den Auslegern, dass der Chronist  aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die Bücher Esra und Nehemia verfasste. „Esra schrieb ein Tagebuch oder seine ‚Memoiren‘ …; ähnlich verhält es sich bei Nehemia….. 

… so wäre es möglich, dass Esra die Bücher Esra und Nehemia zusammengestellt hat, wie es ja in der jüdischen Tradition üblich war.“

Aus „Kurze Einführung in die Bibel“ von E. Aebi:
„Diese Bücher (Esra und Nehemia) sind von grosser historischer Bedeutung. Sie stellen das einzige geschichtliche Dokument dar, das wenigstens teilweise Aufschluss gibt über die Geschichte Palästinas während der Zeit, die zwischen der Zerstörung Jerusalems und den Makkabäerkriegen liegt.“ (Seite 58)

In diesem Buch gibt es auch eine Uebersicht der wichtigsten Ereignisse zur Zeit Esras und Nehemias.
„Die Bücher umfassen einen Zeitabschnitt von gut 100 Jahren beginnend mit der Heimkehr der ersten Gefangenen unter der Leitung von Serubabels im Jahr 538 (vor Christus*) (Esra Kapitel 1-2) und endend mit dem zweiten  Aufenthalt Nehemias in Jerusalem im Jahr 433 (Neh. 13,6-7). (Seite 58)
* mein Zusatz

3. Anhang

(1)    „Artasastas“: Artasastas ist Artaxerxes I, der Nachfolger von Ahasveros und König Perisiens 464 – 424 vor Christus.“ (Genfer Studienbibel Seite 786 zu Esra 4,7) (Ahasveros = Xerxes I.)

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