Sonntag, 9. Juni 2013

Warum befinden sich die evangelischen Kirchen (Landes- und Freikirchen) im deutschsprachigen Raum in einem Auflösungsprozess?



Warum befinden sich die evangelischen Kirchen (Landes- und Freikirchen) im deutschsprachigen Raum in einem Auflösungsprozess? 
 

Es mag einzelne Ausnahmen geben. Aber ich denke, die Ausnahme bestätigt die Regel.

Seit längerem frage ich mich, warum sich der Einfluss der Protestanten bei uns von Jahr zu Jahr verringert, ganz im Gegensatz zu anderen Gegenden. Wie war es möglich, dass Evangelische einst die Welt beeinflussen konnten und heute in diesem Sprachraum nur noch von der Welt beeinflusst wird oder sich in die Privatsphäre zurückziehen? Ein reformierter Pfarrer in der Schweiz stellte einmal erstaunt fest, dass wenn man heute in der Schweiz von Kirche spricht automatisch an die römisch-katholische Kirche denkt. Vor gar nicht so lange Zeit  war die Schweiz doch von der Reformation geprägt. Wie war das möglich?

In der Geschichte fand ich einige Gründe. Einer sticht besonders bei den Erweckungen hervor: verantwortliche Leiter wurden tief erschüttert, über die Tatsache ihrer selbstsüchtigen Motiven in ihrem Leben. Das führte viele zu einer grossen Demut und Dankbarkeit. Mit diesen Leuten konnte Gott dann wirken. Ich denke hier an Petrus, George Whitefield (s. Anhang 4), Spurgeon (s. Anhang 6) und auch Loren Cunningham (s. Anhang 2) sowie George Verwer (Anhang 3), Martin Luther (s. Anhang 5) oder Dorothe Trudel von Männedorf (s. Anhang 10) berichtet von einem solchen tiefgreifenden Erlebnis. (Gott konnte natürlich auch mit anderen arbeiten.). Es gäbe noch andere Punkte zu erwähnen. An dieser Stelle möchte ich vor allem auf folgenden Punkt eingehen:

Am Vertrauensverlust in Gottes Wort. Das erklärt auch, warum die Bibel von Protestanten immer weniger gelesen wird. Selbst Mitglieder in Freikirchen verringern merklich das persönliche Bibelstudium und die Stille mit Gott. In der Schweiz ist es heute so, dass die römisch-katholischen Christen mehr die Bibel lesen als die Reformierten! Das finde ich toll für die Katholiken und macht mir Freude. Für uns Reformierten macht es mich traurig. Warum ist dies so? Ich denke, es liegt an den vorherrschenden theologischen Grundlagen. Es reicht eben nicht, wenn zum Beispiel in Freikirchen davon geredet wird, dass Gebet wichtig sei oder dass man die Bibel lesen sollte, wenn man eigentlich davon gar nicht überzeugt ist und darum nicht danach lebt.

Ich danke Gott, dass er uns die Bibel zur Hand gegeben hat. Wie sollte ich sonst von Gott wissen? Ich war nicht dabei, als er die Welt erschaffen hat. Ich war auch nicht dabei, als er mich im Mutterleib geschaffen hat. Und im Gegensatz zu Augustin, kann ich mich nicht einmal erinnern, wie ich zur Welt gekommen bin. Was weiss ich schon von der Welt, den Menschen und vom Universum? Und wie gut kenne ich mich? Die Bibel spricht davon, dass die Selbsterkenntnis für uns nicht so einfach ist. Gott kennt unser Herz, das heisst unser Innerstes, besser als wir es kennen. Die Bibel zeugt vom Gesetz Gottes, von den Propheten Gottes und von den Aposteln, jenen Augenzeugen, die Jesus leibhaftig gesehen haben. Gott mag auch andere Möglichkeiten haben zu uns zu reden, aber für gewöhnlich spricht sein Heiliger Geist durch die Bibel. Im Idealfall lesen nicht wir die Bibel, sondern die Bibel liest uns. (Erstes stelle schon Johannes Calvin fest und zweites sagte u.a. Thimoty Keller.)
Darum beginnt auch das zweite Helvetische Glaubensbekenntnis mit der Bedeutung der Bibel. Und der Autor dieses Bekenntnis, Heinrich Bullinger, forderte die Christen auf, dieses Bekenntnis anhand der Bibel zu überprüfen und Kritik zurückzumelden (s. Anhang 1)

Die Bedeutung der Bibel hängt von unserem theologischen Verständnis ab. Vor weiteren Gedanken, möchte ich zuerst einmal den Begriff Theologie definieren:

Ole Hallesby umschrieb die Theologie als ein Instrument, dass den Gläubigen erklärt, was Gott mit ihnen macht. (Ich finde leider zur Zeit die Stelle nicht mehr.)

James Montgomery Boice und Philipp Graham Ryken zitieren in ihrem Buch „Die Lehren der Gnade, eine Erklärung und Verteidigung der fünf Punkte des Calvinismus“ auf Seite201 Herr Sinclair B. Ferguson: „Das Ziel der Theologie ist die Anbetung Gottes. Die Körperhaltung der Theologie ist auf den Knien. Die Praxis der Theologie ist Busse.


Ist das für uns noch Theologie? Diese Frage betrifft natürlich in erster Linie Theologen. In zweiter Linie betrifft es aber auch mich als „Laien“. Möchte ich überhaupt eine solche Theologie? Dies würde nämlich bedeuten, dass Gott durch die Bibel mich und mein Leben sowie meine Motive in Frage stellen darf: ein Leben lang. Und die Bibel fordert heraus, ob ich politisch links oder rechts stehe. Ob ich ein Mann oder eine Frau bin. Ob ich reich oder arm bin: Gott hat mir etwas zu sagen und will mir ein sinnvolles ewiges Leben schenken, während ich lieber meinen selbstverliebten Träume nachgehen würde. Die Versuchung ist also gross, anstelle auf Gott hören zu wollen, sich einfache Antworten für sein Leben zu kreieren, die mir genehmer sind. Und gerade dies scheint die grosse Theologie in unserem Umfeld gerne anzubieten.

Früher war die Theologie die Königsdisziplin. Und heute? Wie sieht heute die Theologie aus? Theologische Ausbildungsstätten möchten gerne theoretisch und wissenschaftlich arbeiten.  Viele möchten gar nicht Pfarrer ausbilden, sondern Theoretiker. Schon hier finden wir einen Problempunkt. Von Klaus Berger erhalten wir hierzu eine Antwort.

Wird heute Theologie betrieben, wie es Ole Hallesby oder Montgomery oder Luther und Calvin ausdrückten?

Klaus Berger, ein Katholik, der emeritierter Professor für Neutestamentliche Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg nimmt dazu in einem Interview im ideaSpektrum Stellung. Es ist mutig, was er dazu sagt.

Seine Meinung hat er auch in verschiedenen Bücher deutlich ausgedrückt. So auch in seinem neuesten Buch: „Die Bibelfälscher“.  Darin schreibt er: „Die historisch-kritische Exegese der letzten 200 Jahre hat alles Porzellan im Haus der Christenheit zerschlagen, bis hin zur letzten Blumenvase.“  Was der damit meint, kommt gut im Interview gut zum Ausdruck:
Heute hat sich die universitären Theologie der Ansichten der historisch-kritischen Bibelauslegung ergeben, obwohl deren Grundüberzeugungen überholt sind. Ihr Weltbild beruht auf Kenntnissen des 19. Jahrhundert. „Danach existiert nur das, was man physikalisch nahweisen kann und mit den Naturgesetzen übereinstimmt. Heute weiss jeder Naturwissenschaftler, dass dies eine Vorstellung von vorgestern ist.  Die Himmelfahrt Jesu kann es nicht gegeben haben, weil sie den Naturgesetzen widerspricht – so denken Theologen heute immer noch. Von den  Wundern, die Jesus tat, kann es nur solche gegeben haben, die heute auch bei Heilpraktikern vorkommen. Dagegen fallen anspruchsvollere Wunder aus, …“
Die ganze Denkweise hinterfragt das Vertrauen in Gott und sein Wort so stark, dass man in eine grosse Glaubenskrise fallen kann. Er kennt nicht wenige, die ihr Theologiestudium abgebrochen haben, weil sie in diesen Krisen ihren Glauben verloren haben. Daher empfiehlt er bei einem Theologiestudium in einer theologischen Fakultät im deutschsprachigen Raum, aber auch an manchen freikirchlichen Ausbildungsstätten sich gute Freunde zu suchen, die einem durch diese Krisen helfen. An unseren Ausbildungsstätten scheint ein Dogma dieser altmodischen Betrachtungsweis zu herrschen. Es bestätigt mein Verdacht, dass in Sachen historisch-kritische Theologie die Kirchenform keine Relevanz hat. Konservativere Kirchen, Freikirchen marschieren einfach ein paar Jahre später in der gleichen Linien hinterher.

Auf die Frage, ob denn sein Ratschlag gute Freunde zu suchen, unwissenschaftlich sei, antwortet er bemerkenswert: „Wenn man einen kleinkarierten Hühnerverstand hat schon.“
Er beschreibt die Art der Theologie mit einem riesigen Kaufhaus, „das fast leer steht und nur noch   drei Artikel verkauft….. eine wahnsinnige Position, die zu einer ungeheuren intellektuellen wie emotionalen Verarmung führt.“ Und das merke man den heutigen Predigten an.

Wie konnte es soweit kommen? Ein Grund sieht er in der Narrenfreiheit der Theologieprofessoren:
„Die meisten Professoren leben ohne jeden Bezug zur Gemeinde und nur die wenigsten sind zuvor selbst Pfarrer gewesen. Ich kenne viele Theologen, die aus Angst vor dem Pfarrerberuf Professor geworden sind. Als Pfarrer erfährt man die Korrektur der Gemeinde, als Professor geniesst man weitgehend Narrenfreiheit.“

Er bestätigt meine bisherige Meinung, wenn erklärt, dass der heutige Bedeutungsverlust der Kirchen an der Art liegt, wie Theologie an den Universitäten und manchen freikirchlichen Ausbildungsstätten getrieben wird: „…, weil die heutige Theologie ein lebloses Gedankengerippe ist, das mit Frömmigkeit und Kirche kaum noch etwas zu tun hat.“

Er hofft, dass es sich vielleicht bessern wird, wenn in naher Zukunft der Geldhahn nicht mehr so reichlich fliessen wird. Ich befürchte, dass die Kreativität des nicht auf Gott hören wollenden, andere Auswege finden werden. Vielleicht werden sie begreifen, dass es mehr gibt, als Materie und sich auf Uebernatürliches einlassen. Wenn sie dabei die Bibel zu Rate ziehen kommt es gut. Wenn nicht, werden sie in okkulten und abergläubischen Mythen versinken: Dann werden die in der Bibel erwähnten Befreiungen von diesen dunklen Mächten wieder sehr gefragt sein. Hoffentlich wird es aber auch entsprechende Theologen dann noch geben.

Schön wäre es, Gott würde hier eingreifen. Herr Klaus Berger wünscht sich als Katholik Reformation. Ja, Herr schenke das! Dass dies Gott kann, hat er schon mehrmals gezeigt. Ein kleines Beispiel hierzu von einer ehemaligen feministischen Theologin:

Frau Eta Linnemann (19.10.1926 – 9.5.2009) wurde von Rudolf Bultmann in die historisch-kritische
Methode eingeführt. Sie promovierte mit „summa cum laude“ zur Dr. theol. Sie war eine anerkannte Theologin im Deutschland, bis 1977 Jesus in ihr Leben trat. Sie wünschte, dass nun alle ihre bisherigen Schriften verbrannt würden. In ihrem Buch „Was ist glaubwürdig – Die Bibel oder die Bibelkritik?“ schreibt sie:
„Um die Heilige Schrift zu lesen, zu verstehen und sich ihr entsprechend zu verhalten, ist der Verstand unbedingt erforderlich. Die Bibel nicht als das irrtumsfreie inspirierte Wort Gottes anzuerkennen, ist nicht ein Denkergebnis, sondern eine eigenmächtige Entscheidung….“
Die historisch-kritischen Theologie, welche spekulativ Bibelteile ausser Kraft setzt, ist für sie nicht objektiv: „Die Voraussetzungen werden nicht geklärt. Zirkelschlüsse lässt man als Bewiese gelten. Flächendeckende Beobachtung bleibt man schuldig; stattdessen pickt man Einzelbeobachtungen als Argumente heraus. Was bei angeblichen Pseudepigraphen als Argument gegen die Echtheit in Anspruch genommen wird, bleibt bei Schriften, die als echt anerkannt werden, völlig unbeachtet…“
An anderer Stelle schreibt sie: „Wo man ihre Theorien einer exakten Nachprüfung unterzieht, halten sie nicht stand. Ausser Hypothesen nichts gewesen.“
„Ueberdies ist es ein bekanntes Phänomen, dass alte Irrtümer nur sehr langsam neuen Erkenntnissen weichen. Die Dauer dieses Prozesses richtet sich nicht nur nach dem Alter dieser Irrtümer, sondern auch danach, ob sie institutionell etabliert sind und ob den besseren Erkenntnissen eine vergleichbare institutionelle Absicherung zur Verfügung steht oder nicht. Eine bessere institutionelle Absicherung, als die historisch-kritische Universitätstheologie besitzt, ist kaum zu denken. Evangelikale theologische Seminare müssen im Vergleich damit als zweitrangig gelten. Ihre Dozenten können in der Regel nur den Doktortitel aufweisen. Habilitationen, die zur akademischen Lehre qualifizieren, lassen sich nur an den Universitäten erwerben. Wer die historisch-kritische Einstellung nicht teilt, dem werden sie nicht zuteil.“
Es ist daher verständlich, dass sich gewisse evangelikale Theologen sich diesem „Mainstream“ der historisch-kritischen Theologie annähern möchten, um von diesen anerkannt zu werden. Frau Prof. Dr. Eta Linnemann kritisiert dies:
„Lebendiger Glaube an Gottes Offenbarung in seinem Wort und eine „wissenschaftliche“ Theologie, die arbeitet „als ob es Gott nicht gäbe“ schliessen sich aus. Der Spagat zwischen beiden muss misslingen.“
„Durch Gottes Gnade durfte ich mich bekehren und nicht nur für meine persönlichen Sünden aufgrund der Erlösung von Golgatha Vergebung empfangen. Die atheistische Theologie und der Umgang mit der Bibel, der sie nicht als Gottes lebendige Offenbarung gelten liess, wurde mir gleichermassen als Sünde bewusst und zum Kreuz gebracht, voller Dank, dass unser Herr Jesus auch diese blutrote Sünde dort getragen hat.
Anstelle des Atheismus wurde der Glaube an den lebendigen dreieinigen Gott zur Voraussetzung der Theologischen Arbeit. Durch Gottes Gnade durfte ich er-kennen, dass die angeblichen wissenschaftlichen Methoden in der Theologie in Wahrheit nichts sind als Hypothesen, für die niemals der Bewies erbracht wurde, während für solide historisch-grammatische Arbeit die atheistische Voraussetzung überflüssig ist. Ich durfte neue Methoden erlernen, die ihren Namen verdienen und eine schlüssige Beweisführung erlauben.

Ich schäme mich des Evangeliums nicht und schäme mich auch nicht, in der wissenschaftlichen


Arbeit von Gottes Wirklichkeit zu reden. An die Aufklärungsphilosophie, die das direkte Reden von Gott verpönt hat, bin ich nicht gebunden. Das Reden des lebendigen Gottes ist für mich massgebend, nicht das Geschreibsel längst verstorbener Philosophen. Wenn wissenschaftliche Arbeit in der Theologie recht getan wird, dann darf auch darin, und nicht nur in der Predigt, von Gott die Rede sein.“

Abschliessende Gebet (vor dem Anhang)
Oh Herr, bitte lass Dein frohmachendes Evangelium so klar in unserem Verstand aufleuchten, dass es unsere Herzen, dass es unser ganzes Wesen in Dich vertrauen lässt. Damit wir mit Paulus sagen können:
 „damit ihre Herzen gestärkt und zusammengefügt werden in der Liebe und zu allem Reichtum an Gewissheit und Verständnis, zu erkennen das Geheimnis Gottes, das Christus ist,
in welchem verborgen liegen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.
Ich sage das, damit euch niemand betrüge mit verführerischen Reden.“
(Kolosser 2,2-4)
„Seht zu, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus.
Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig,“
(Kolosser 2,8-9)






Anhang
Im Anhang lasse ich bewusst Christen mit unterschiedlicher Prägung zu Wort kommen. Es beweist, wie Gott bei ihnen allen ähnlich wirkte.

Uebersicht zum Anhang
Anhang 1      Zweites helvetisches Bekenntnis
Anhang 2      Loren Cunningham
Anhang 3    George Verwer
Anhang 4    George Whitfield
Anhang 5    Martin Luther
Anhang 6    C.H. Spurgeon
Anhang 7    Ole Hallesby
Anhang 8    Bücher zur historisch-kritischen Denkweise
Anhang 10    Dorothea Trudel
Anhang 11  Zerrbruch, nicht überbewerten Gott kommt auch auf anderen Wegen ans   
                      Ziel Jonathan Edwars und seine Frau, Sarah Edwards
Anhang 11  Gebet

Anhang 1
Aus dem ersten Kapitel des Zweiten helvetischen Bekenntnisses
Die Heilige Schrift, das wahre Wort Gottes
Wir glauben und bekennen, dass die kanonischen Schriften der heiligen Propheten und Apostel bieder Testamente das wahre Wort Gottes sind, und dass sie aus sich selbst heraus Kraft und Grund genug haben, ohne der Bestätigung durch Menschen zu bedürfen. Denn Gott selbst hat zu den Vätern, Propheten und Aposteln gesprochen und spricht auch jetzt noch zu uns durch die heiligen Schriften. Und in dieser Heiligen Schrift besitzt die ganze Kirche Christi eine vollständige Darstellung dessen, was immer zur rechten Belehrung über den seligmachenden Glauben und ein Gott wohlgefälliges Leben gehört. Deshalb wird von Gott deutlich verboten, etwas dazu oder davon zu tun (5. Mose 4,2). Wir sind darum der Ansicht, dass man aus diesen Schriften die wahre Weisheit und Frömmigkeit, die Verbesserung und Leitung der Kirchen, die Unterweisung in allen Pflichten der Frömmigkeit und endlich den Beweis der Lehren und den Gegenbeweis oder die Widerlegung aller Irrtümer, aber auch alle Ermahnungen gewinnen müsse, nach jenem Apostelwort: ‚Jede von Gottes Geist eingegebene Schrift ist auch nütze zur Lehre, zur Ueberführung usw.“ (2. Tim. 3,16): „Dies schreibe ich dir … damit du wissest, wie man sich verhalten muss im Hause Gottes“ usw.“

Anhang 2
Loren Cunningham war 1960 Mitbegründer von Jugend mit einer Mission. In seinem Buch „Bist Du es, Herr?“ beschreibt er auf Seite 97 wie er sich bewusst für sieben Tage Zeit zum Beten nahm. Dabei musste er gegen eine besondere Art des Leistungsdenken antreten: „Was soll das heissen, wir werden dich sieben Tage lang nicht sehen? Du willst fasten, während wir die ganze Arbeit tun?“
Seite 98: „Erst am dritten Tag meiner Fastenzeit kam der Durchbruch. Der einzige Ausdruck, der mir zur Beschreibung dessen, was geschah, geeignet erscheint, ist, dass es wie ein chirurgischer Eingriff war. Es war eine Seelenoperation. …
… Schneller als ich denken konnte, begannen Herzenseinstellungen an die Oberfläche zu kommen. Kritische Gedanken und Bitterkeit gegenüber den Leitern meiner Kirche, die meine Vision von YWAM mit anderen Augen gesehen hatten als ich sie sah – besonders gegenüber Bruder Thomas Zimmerman. Zwei Jahre lang, nämlich seit ich nach der Erfahrung auf den Bahamas in Springfield Bericht erstattet hatte, hatte ich unter jener Abweisung gelitten, und meinem Herzen hatte ich angefangen, meine eigen Wurzeln zu verleugnen.
Ich sah plötzlich, wieivel Zeit ich damit verschwendet hatte, mich selbst und meine Ideen zu verteidigen zu suchen. Diese Zeit ging für die wirkliche Arbeit verloren, die getan werden musste, um mit Menschen über Jesus Christus zu sprechen.
Weinend bat ich um Vergebung. Von nun an wollte ich wirklich lobend von meinen früheren Leitern sprechen, und für sie und mein geistliches Erbe dankbar sein….
.. Ich wollte es Gott überlassen, meine Schau zu verteidigen, wenn sie von ihm war. … spürte ich, dass Gott mich erhörte und mir vergab. Das Seziermesser wurde nochmals angelegt. Den ganzen Tag über, eine Stunde nach der anderen. Mein Stolz erschien plötzlich vor mir – ich erkannte, wie ich zuweilen gehandelt hatte, um Anerkennung von den Menschen und nicht von Gott zu erhalten. Die Worte meiner Mutter in meinem kleinen Büro im Haus meiner Eltern fielen mir wieder ein: „Sohn, wenn du stolz wirst, kann Gott dich nicht gebrauchen.“ Dann legte Gott seinen Finger auf Sünden der Gedankenwelt, auf sexuelle Phantasievorstellungen. Während mir jede Sünde – in Gedanken, Herzenshaltungen oder in meinem Handeln – in den Sinn kam, bekannte ich sie und bat Gott, mirzu vergeben und mir zu helfen, mich davon abzuwenden.
Als die Seelenoperation vorüber war, gab es noch etwas zu tun. Ich suchte Birefpapier und Feder und  begann den ersten von mehreren Birefen zu schreiben, um einige Dinge aus meiner Vergangenheit wiedergutzumachen. „Lieber Bruder Zimmerman, …“ Es war qualvoll, aber in jener Nacht ging ich mit einem ganz neuen Gefühl der Reinheit zu Bett. Auf meinem Schriebtisch in dem kleinen Zimmer lag ein geordneter Stoss von Briefen. Der oberste war nach Springfield, Missouri, adressiert.

Am Ende der Woche beendete ich langsam meine Fastenzeit. Ich erkannte, dass ich – und vielleicht YWAM – gerade einen Wendepunkt überschritten hatte, der allen, die die Stimme Gottes zu hören suchen, gemeinsam ist. Wir können Gott deutlicher hören, wenn wir reinen Herzens zu ihm kommen. Der Bekenntnisprozess ist natürlich von anhaltender Dauer, aber ich hatte einen guten Anfang gemacht. (Ein reformierter Theologe würde hier sagen: Gott hat ihm einen guten Anfang aus Gnade geschenkt.)
Ich fragte mich, was sich wohl daraus ergeben würde. Das erste Ereignis, das geschah, war keinesfalls erfreulich…“ (Seite 100 aus „Bist Du es, Herr? von Loren Cunningham mit Janice Rogers)

Anhang 3
George Verwer Leiter von OM (Operation Mobilisation) schreibt in seinem Buch „Gnade gewinnt“: Seite 33: „Einmal fragte ich jemanden, der einen Doktortitel der Universität Princeton hat: „Wie haben Sie es durch das Studium in Princeton geschafft und sind dabei dennoch so standhaft geblieben und haben das ganze Evangelium von Jesus Christus gepredigt?“ Er sagte: „Junger Mann, ich habe täglich zwei Stunden auf den Knien verbracht und das Wort Gottes studiert.“ Verwer erzählt dann auch von einer seiner Sünden und kommt zum Schluss: „Im Vergleich zu dem, was Jesus uns geben kann, sind alle Drogen nur noch Placebos, um es milde auszudrücken.“ (Seite 33)

(Seite 36) Der christliche Glaube ist echt, liebe Leute, aber ich glaube von ganzem Herzen, dass es nur für diejenigen zur Wirklichkeit werden kann, die an dem Punkt ankommen, an dem sie sagen: „Herr Jesus, du bist alles, was ich brauche.“ Es kann nicht Jesus plus dies oder jenes sein, nicht einmal Jesus plus Mission. Für mich darf es nicht Jesus plus Operation Mobilisation sein. Es muss ganz allein Jesus Christus sein.
Ich bin überzeugt: Wenn du bereit bist, dir diene Grenzen aufzeigen zu lassen und zu sagen: „Herr, du bist alles, was ich brauche“, dann wird Gott den Zwiespalt durchbrechen und du wirst eine Realität erfahren, wie du sie in deinem ganzen Leben als Christ noch nicht erfahren hast. Das ist die Wahrheit, ich weiss es.“

Anhang 4
George Whitfield, ein Prediger der grossen Erweckung, der unter freiem Himmel vor 20‘000 Menschen ohne technische Hilfe predigte, schrieb in einer Predigt:
„Um allen Regungen geistlichen Hochmutes zu wehren, wollen wir immer daran denken, dass nicht wir Christus ergriffen haben, sondern dass Christus uns ergriffen hat, dass alles, was wir haben, uns von oben gegeben worden ist; dass allein die freie Gnade Gottes den Unterschied zwischen uns und anderen gemacht hat; dass wir schwach und gottlos werden würden wie die andern, wenn Gott uns nur einen Augenblick unseren eigenen trügerischen Herzen überliesse; dass Stolz auf die empfangene Gnade der sicherste Weg ist, sie zu verlieren. Und wären wir mit den Vollkommenheiten der Seraphim ausgestattet und wären stolz auf diese Vollkommenheiten, so würden diese uns nur um so mehr zu ausgemachten Teufeln machen.“ (Seite 126 aus George Whitefilde, Der Erwercke Englands und Amerikas von Benedit Peters)

Whitefield reiste immer wieder zwischen England und den amerikanischen Kolonien hin und her. Auf einer dieser Reise nahm er sich, wie er es sich angewöhnt hatte, mehrerer Stunden für Gebet und Bibelstudium Zeit. Es umtrieb ihm einige Probleme, u.a. die zunehmende Entfremdung mit John Wesley. Da bat er Gott, er möge ihm sein wahres Ich zeigen.
„Bald erfuhr er, wie Gott seine Bitte erhört hatte. Denn während der Schiffsbug die Wellen eines friedlich wogenden Meeres zerteilte, wühlte Gottes Geist die Seele Seines Dieners auf. IN stillen Stunden, da er in seiner Kajüte gebückt über der Bibel sass oder im Gebet vor Gottes Angesicht lag, enthüllte ihm Gott nie geahnte Tiefen der Bosheit, die in seinem Herzen hausten. Verzweifelte Schreie entwanden sich seiner Brust, die Sündenerkenntnis wollte ihn erdrücken, bis ihm Gott Anblicke Seiner frei fliessenden Gnade gewährte.
„Wie kann Gott nur einen Wurm wie mich lieben? Wie kann er nur einen verwerflichen Wicht wie mich je gewollt haben?“ Whitefield konnte das nicht begreifen, und er fand keine andere Antwort als: Erbarmen ist’s, und weiter nichts; Gnade ist’s freie, bedingungslose Gnade. Die zahlreichen Briefe, die Whitefield an Bord der Elizabeth verfasste, sind voll davon. Es finden sich darin reihenweise Bekenntnisse wie diese:
‚Es hat Gott gefallen, mir ein wenig zu zeigen, wie verwerflich ich bin … Ich habe mehr und mehr erkennen müssen, wie verderbt ich bin … Ein Geheimnis der Gesetzlosigkeit, das in meinem Herzen hauste, ist meinen Blicken enthüllt worden. Ich bin blind, voller Stolz und Eigenliebe ….“
(Seite 127)
„Ich wurde von einem Empfinden von Sünden, die ich begangen hatte, und von der Verdrehtheit meiner Natur übermässig niedergebeugt; dann aber brach die Erkenntnis der Freiheit der göttlichen Gnade und Seiner ewigen Liebe mit solchem Licht und solcher Macht in meine Seele herein, dass meine Zunge den Dienst versagte und ich in stummer Anbetung vor Gott niedersank….
Während zweier oder dreier Tage ging meiner Seele durch wahrhaftige Todeswehen, als ich früherer Sünden und der furchtbaren Folgen derselben gedenken musste … aber dann sah mich der Herr an, und Sein Blick zerbrach mein steinhartes Herz, und ich musste bitter, bitter weinen … Müsste ich mich so sehen, wie ich als ein Sünder bin, ohne dass ich auch den Heiland der Sünder sehen dürfte, ich müsste verzagen und könnte nie mehr aufschauen. In der zweiten Hälfte er Woche suchte der Herr mich heim und liess mich das Licht Seines Angesichts sehen und befähigte mich, Ihn mit freudigem Mund zu preisen.“ (Seite 127-128)
„Die Erinnerungen an meine vergangenen Sünden überwältigten meine Seele und liessen Tag und Nacht Tränen meine Speise sein … aber ich schaute auf Den, Den ich durchstochen hatte. Ich wurde befähigt, die Freiehit und den Reichtum Seiner Gnade zu sehen, und die Unumschränktheit und Ewigkeit Seiner Liebe; da empfing meine Seele  Trost.“
Wir reden hier von einem der grössten Evangelisten der gesamten Kirchengesichte. Was ihn vor allem auszeichnete, und was uns so berührt, sit sein Bewusstsein der eigenen Sündhaftigkeit. IN London hatten ihn seine Feinde einen Scharlatan, einen Angeber, einen Marktschreier geschimpft, einen eingebildeten, von sich selbst eingenommenen eitlen Tropf. Hier sehen wir ihn, wie er war: zerknirscht vor Gott, von Gottes Heiligkeit niedergerungen, ein schwaches Menschlein, das im Staub lag und an sich selbst nichts Gutes sehen konnte. Der Evangelist, der sein Herz kennengelernt hatte, hatte damit das Herz des Menschen kennengelernt. Die Schrift traf sich hier mit seiner eigenen Erfahrung und überzeugte ihn von der vollständigen Verderbtheit der menschlichen Natur, der hartnäckigen Bosheit des Sünders, der Knechtschaft seine Willens. Es waren keine leeren Worte, die er an seinen Freund John Wesley schrieb:
‚Die Lehre unserer Erwählung und freien Rechtfertigung in Christus Jesus wird mir täglich eindringlicher aufs Herz gelegt. Sie füllt meine Seele mit heiligem Feuer und gewährt mir grosse Freimütigkeit und Gewissheit in Gott, meinem Heiland. Ich hoffe, dass wir voneinander Feuer fangen und in heiligem Eifer darin wetteifern, wer unter uns den Menschen am tiefsten erniedrigt und den Herrn am höchsten erhöht.“ (Seite 128 aus George Whitefield, Der Erwecker Englands und Amerikas“ von Benedikt Peters)

Anhang 5
Martin Luther, der Reformator von Deutschland
„Mir ist es bisher wegen angeborener Bosheit und Schwachheit unmöglich gewesen, den Forderungen Gottes zu genügen. Wenn ich nicht glauben darf, dass Gott mir um Christi willen dies täglich beweinte Zurückbleiben vergebe, so ist’s aus mit mir. Ich muss verzweifeln.
Aber das lass ich bleiben. Wie Judas an den Baum mich hängen, das tu ich nicht. Ich hänge mich an den Hals oder Fuss Christi wie die Sünderin. Ob ich auch noch schlechter bin als diese, ich halte meinen Herrn fest.
Dann spricht er zum Vater: Dies Anhängsel muss auch durch. Es hat zwar nichts gehalten und alle deine Gebote übertreten, Vater, aber er hängt sich an mich. Was will’s. Ich starb auch für ihn. Lass ihn durchschlupfen.
Das soll mein Glaube sein!“ Martin Luther

Anhang 6
C.H. Spurgeon, der Fürst der Prediger. Sein Vorbild war George Whitefilde. Aus „Glaube nur“:
„Wir müssen beiden, dem Vater und dem Geist, vertrauen, um die Erlösung vollständig zu empfangen, aber der einzige Weg zu Rechtfertigung und Vergebung ist das Blut des Mittlers. Christen müssen nach der Bekehrung dem Geist vertrauen, aber die Aufgabe des Sünders, der gerettet werden will, ist weder das Glauben an den Geist, noch das Schauen auf ihn, sondern der Blick auf Jesus Christus allein. Deine Rettung hängt von der ganzen Dreieinigkeit ab, und doch ist der erste und sofortige Inhalt des gerecht machenden Glaubens eines Sünders werde Gott, der Vater, noch Gott, der Heilige Geist, sondern Gott , der Sohn, der Mensch wurde und das Sühnopfer für unsere Sünden.
Hast du Augen des Glaubens? Dann schau auf Christus als Gott. Wenn du gerettet werden möchtest, dann glaube, dass er Gott über alles ist, für immer gepriesen. Beuge dich vor ihm und nimm ihn als alleinigen Gott an, denn wenn du es nicht tust, hast du kein Teil an ihm.
Wenn du das glaubst, dann glaube auch an den Menschen Jesus Christus. Glaube dem wunderbaren Bericht seiner Fleischwerdung. Verlass dich auf das Zeugnis der Evangelisten, die erklären, dass der Unendliche ein Säugling wurde, dass der Ewige sterbensfähig wurde, dass er, der der König des Himmels war, ein Diener der Diener und der Sohn des Menschen wurde. Glaube und bewundere das Geheimnis seiner Fleischwerdung, denn wenn du es nicht tust, kannst du dadurch nicht gerettet werden.
Wenn du wirklich gerettet werden willst, dann erkenne im Glauben Christus in seiner vollkommenen Gerechtigkeit. Sieh ihn, wie er das Gesetz vollkommen hält, seinem Vater ausnahmslos gehorcht und seine Sündlosigkeit bewahrt. Bedenke, all das hat er für dich getan. Du könntest das Gesetz gar nicht halten; er hielt es für dich. Du könntest Gott gar nicht vollkommen gehorchen; sieh doch, er war an deiner Stelle gehorsam – dadurch bist du gerettet.

Achte darauf, dass dein Glaube in erster Line auf Christus, dem Gekreuzigten, fusst. Sieh das Lamm Gottesstumm vor seinen Scherern stehen; sieh Christus al den Mann der Schmerzen, vertraut mit Lied; geh mit ihm nach Gethsemane, und schau auf ihn, wie erleidet. Lass es dir gesagt sein, dein Glaube hat nichts mit irgendetwas in dir zu tun; der Inhalt deines Glaubens ist nichts in dir, sondern etwas ausserhalb von dir. Glaube an ihn, der dort am Kreuz mit angenagelten Händen und Füssen sein Leben für Sünder gibt. Dort findest du den Inhalt deines Glaubens, der dich gerecht macht, weder in dir selber, noch in irgendetwas, was der Heilige Geist in dir getan hat, oder in irgendetwas, was er versprochen hat, für dich zu tun. Du musst auf Christus schauen, auf ihn allein.

Sieh auch im Glauben auf Jesus, der von den Toten aufersteht. Schaut auf ihn – er hat den Fluch getragen und wird nun gerechtfertigt. Er stirbt, um die Schuld zu bezahlen. Er ersteht, damit er den beglichenen Schuldschwein ans Kreuz nageln kann. Sieh hin, wie er in die Höhe auffährt, und beachte ihn, wie er heute vor dem Thron des Vatters bittet. Er bittet dortfür sein Volk, indem er seine einflussreiche Fürbitte für alle darbringt, die durch ihn zu Gott kommen. Und er, als Gott und Mensch, als Lebender, Sterbender, Auferstandener und als Herrschender – er und nur er muss der Inhalt deines Glaubens sein, um deine Sünden zu  vergeben.

Auf nichts anderes kannst du vertrauen. Er muss der einzige Halt deines Vertrauens sein. Alles, was du zu ihm dazufügst, macht ihn zum Anti-Christus, wird zur Rebellion gegen die Herrschaft dees Herrn Jesus.  Achte bei deinem Glauben, der dich retten soll, darauf, dass du Christus in all diesen Angelegenheiten als deinen Stellvertreterbetrachtest.

Die Lehre von der Stellvertretung ist so wesentlich für den ganzen Heilsplan, dass ich sie hier zum tausendsten Mal erklären muss. Gott ist gerecht, er muss Sünde bestrafen. Gott ist gnädig, er will denjenigen vergeben, die an Jesu glauben. Wie kann das geschehen? Wie kann er gerecht sein und Bestrafung fordern, gnädig sein und Sünder annehmen? Er  tut es so: er nimmt die Sünden der Seinen und legt sie auf Christus, damit sie so unschuldig dastehen, als ob sie nie gesündigt hätten, und Gott sieht auf Christus, als ob er alle Sünder dieser Welt, vereinigt in einer Person, wäre. Die Sünde wurde weggenommen, und nicht bildlich, sondern wirklich und wahrhaftig auf Christus gelegt. Dann ging Gott mit seinem brennenden Schwert dem Sünder entgegen, um ihn zu bestrafen. Er begegnete Christus Christus selbst war kein Sünder, aber die Sünden der Menschen lagen ja alle auf ihm. Die Gerechtigkeit begegnete Christus deshalb so, als ob er der Sünder gewesen wäre – sie bestrafte Christus für die Sünden – sie bestrafte ihn so hart, wie sie das Recht dazu hatte – sie forderte von ihm noch das letzte Stückchen Strafe und liess, bildlich gesprochen, nicht einen Tropfen in der Tasse.

Der, der Christus als seinen Stellvertreter akzeptiert und ihm vertraut, ist dadurch vom Fluch des Gesetztes errettet. …..
….Christus selbst ist also der Inhalt eines Glaubens, der gerecht macht….
Nun, Vertrauen auf deine Gefühle und Vertrauen auf deine Taten, und das ist das
genaue Gegenteil vom Vertrauen auf Christus…. (Seite 15)
Glaube bedeutet nicht, von etwas Gutem in mir zu schliessen, dass ich gerettet werde, sondern gegen den Anschein und trotz der Tatsache zu glauben, dass ich schuldig in Gottes Augen bin und seinen Zorn verdiene; zu glauben, dass das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, mich von aller Sünde reinigt. Obwohl mich mein Gewissen verurteilt, ist mein Glaube doch stärker als mein Gewissen, und ich glaube, dass Gottfähig ist, alle zu retten, die durch Christus zu ihm kommen.

Als Heiliger zu Jesus Christus zu kommen, ist sehr leicht; einem Arzt zu vertrauen, dass er dir hilft, wenn du merkst, dass es dir schon besser geht, ist sehr leicht; aber dem Arzt zu vertrauen, wenn du dich fühlst, als ob du zum Tode verurteilt wärest, es mit Fassung zu tragen, wenn die Krankheit erst ausbricht und das Geschwür noch grösser wird, sogar dann noch an die Wirkung der Medikamente zu glauben – das ist Glaube.“ (Seite 15)

Und über sich selber schreibt Spurgeon:
„Nein, es heisst nur ‚Sünder‘, und ich weiss genau, wenn ich komme, komme ich heute zu Christus, denn ich empfinde es genauso notwendig, heute zum Kreuz Christi zu kommen, wie es vor zehn Jahren notwendig war. Wenn ich zu ihm komme, wage ich das nicht als erkenntnisreicher oder erweckter Sünder, sondern ich muss immer noch als Sünder mit leeren Händen kommen. (Seite 22)

So wie ich bin, so muss es sein,
nicht meine Kraft, nur du allein,
dein Blutwäscht mich von Flecken rein.
O Gottes Lamm, ich komm, ich komm! (Seite 22)

„Ich kann nicht empfinden, wie ich es möchte, und kann deshalb nicht an Jesus glauben.“
Weg damit, endlich weg damit! Das ist ein falscher Christus; das ist glattes Pfaffentum! Es ist nicht dein weiches Herz, das dich dazu berechtigt zu glauben. Du musst an Christus glauben, damit er dein hartes Herz erneuert, und zu ihm kommen allein mit deiner Sünde.

Der Grund, warum ein Sünder zu Christus kommt, ist seine Schlechtigkeit, dass er tot ist, und nicht dass er weiss, dass er tot ist;  dass er verloren ist und nicht dass er weiss, dass er verloren ist. Natürlich wird er nicht kommen, bis er es weiss, aber das ist nicht der Grund, warum er kommt. Es ist ein geheimer Beweggrund, aber nicht der offensichtliche Grund, den er versteht. An diesem Punkt war ich jahrelang zu ängstlich, um zu Jesus zu kommen, weil ich dachte, nicht genug zu empfinden. Als ich an Christus glaubte, dachte ich, gar nichts zu empfinden. Jetzt, wenn ich zurücksehe, merke ich, dass ich die ganze Zeit schmerzlich und intensiv empfunden hatte, und am meisten, weil ich dachte, dass ich nichts fühlen könnte. Im allgemeinen denken die Menschen, die am meisten  Busse tun, sie wären unbussfertig, und Menschen empfinden ihre Nöte am deutlichsten, wenn sie denken, sie würden gar nichts mehr fühlen, denn wir können unsere Gefühle nicht beurteilen. So erfolgt auch die Einladung des Evangeliums nicht aufgrund von irgendetwas, das wir beurteilen könnten, sondern steht auf dem Grund unserer absoluten Sündhaftigkeit.“ (Seite 23)

Ein alter Prediger sagt im Gottesdienst zu genau diesem Punkt: ‚Ich behaupte, ganz egal, wer du bist, wenn du zu Christus kommst, und er dich nicht annimmt, dann hält er sich nicht an sein Wort, denn er sagt: ‚Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstossen‘ (Johannes 6,37).
Wenn du kommst, kümmere dich nicht um Voraussetzungen und Vorbereitungen. Er braucht keine Vorarbeit an Taten oder Gefühlen. Du sollst nur kommen, wie du bist. Und wenn du der grösste Sünder der Hölle bist, kannst du doch genauso zu Christus kommen, wie der moralisch hochstehendste und hervorragendste Mensch.

Dort ist ein Bad. Wer ist zum Waschen bereit? Der Schmutz eines Menschen spricht nicht dagegen, dass er gewaschen wird, sondern ist ein klarer Grund dafür. Als unser Stadtrat die Armen unterstützte, sagte niemand: ‚Ich bin so arm, ich bin gar nicht darauf vorbereitet, die Unterstützung zu bekommen….   Alles, was er verlangt, ist, dass du mit leeren Händen kommst. Wenn du nichts zu bieten hast, musst du genau so bleiben, bevor du kommst. Wenn etwas Gutes in dir ist, kannst du Christus nicht vertrauen, du musst mit leeren Händen kommen. Nimm ihn alsdein ein und alles an. Das ist der einzige Grund, auf dem eine verlorene Seele gerettet werden kann –als Sünder und nur als Sünder. (Seite 24+25 aus „Glaube nur“)




Anhang 7
Ole Hallesby ein lutherischer Theologe aus Norwegen. Aus „Unsere Kraft wächst aus der Stille.“:
Die ehrliche Einschätzung seiner selbst hält ihn ständig in einem Zustand geistlicher Bedürftigkeit. Darum kann Gott ihn unaufhörlich mir eichen Gaben sättigen (Lk 1,53). Täglich kann der Heilige Geist seiner bekümmerten Seele die Dinge erklären, die Christus angehen. Er besitzt Frieden mit Gott, und seine Seele ist gesättigt. Gott gibt dem Demütigen in allen Lebensbeziehungen Gnade. Gerade die Einstellung eines demütigen Menschen gibt diesem die eigenartige Macht, ruhig und klar jede Situation zu durchschauen. … (Seite 37)
„Ehrgeiz macht uns ruhelos, elend und müde. Darum wird das Leben eines Menschen, der nach Ehre jagt, eine grosse Tragödie.“ (Seite 36)
„Darum ist Gott für Sünder gefährlich. Allerdings nicht für alle Sünder. Gott ist kein Gott, vor dem demütige, bussfertige und bekennende Sünder Angst haben müssten. Sie haben ja die Gnade in Anspruch genommen,… (Seite 70)

„Hier bin ich wieder. Ich bin wieder im gleichen schlechten Zustand, wie letztes Mal. Dies passiert mir so oft, dass ich ganz und gar an mir selbst verzweifle. Ich fühle, dass es dein Recht wäre, mich zu verlassen und nie wieder zu versuchen, mir zu helfen. Ich bin dir untreu und bin unzuverlässig, trotz deiner leibenden Fürsorge für mich.“…
… Dadurch wird eine Niederlage nicht nur zu Enttäuschung, sondern zur Demütigung, die jeden aufrichtigen Gläubigen näher zu seinem allmächtigen Freund treibt. Und je abhängiger er von seinem Heiland wird, umso fester wird seine Hand gegen die überwältigenden Versuchungen, die ihn befallen. (Seite 45 aus „Unsere Kraft wächst aus der Stille“)



Aus „Wie ich Christ wurde“ von Ole Hallesby (R. Brockhaus)
„Es gibt zwei Arten von Zweiflern.
Zunächst gibt es solche, die ihre Zweifel lieben, weil diese sie vor den Anklagen ihres Gewissens decken. Sie wollen ihr selbstsüchtiges Leben nicht aufgeben, das sie entweder in groben und offenbaren Sünden oder in der gewöhnlichen Weltliebe oder in moralischer Selbstgerechtigkeit führen… (Seite 8)
Die Zweifler, denen ich meine Hilfe anzubieten wage, sehen anders aus. Sie leiden unter ihren Zweifeln. Sie sind der peinigenden Ungewissheit müde und sehen sich nach der tiefen Ruhe einer stillen und unangreifbaren Gewissheit. Aber jedesmal, wenn sie glauben, festen Grund unter die Füsse bekommen zu haben, sinken sie zurück in das grundlose Meer des Zweifels.
Diese innere Ungewissheit wird schwerer für sie, wenn ...
Ich bin selbst durch  alle grade des Zweifels gegangen und kenne seine Pein. Aber ich kenne auch einen Weg vom Zweifel zum Glauben. .. Er tut keiner menschlichen Anlage Zwang an, auch nicht der logischen.“ (Seite 9)
„In dem Augenblick, wo du dich an Christus wendest, um alle deine Sünden aufzugeben und um erlöst zu werden, wirst du Antwort von deinem unsichtbaren Erlöser bekommen. Und selbst wenn die Antwort zu Anfang anders ist, als du gedacht hast, so ist es die, die du brauchst, nämlich die Antwort, die dich gleichzeitig erschreckt und lockt.“ (Seite 24)
„Aber sobald sich die starken Gefühle legen, bekommt man etwas anderes zu spüren. Die Lust zur Sünde meldet sich mit doppelter Stärke. Und selbst wenn man sich enthält, in Wort oder Handlung zu sündigen, merkt man nun, dass man die Sünde nicht hasst, sondern im Gegenteil sie liebt.
Man liest wohl im Neuen Testament, und das auch jeden Tag. Aber ehrlich, wie man nun vor sich selbst geworden ist, muss man feststellen, dass man keine Lust dazu hat.
Die Zeitungen interessieren mehr, nach ihnen greift man mit Begehrlichkeit. Man bittet Gott, ja, man betet jeden Tag, aber auch dazu muss man sich zwingen.“ (Seite 26)
„Die anderen glauben, es sei alles gut. Sie sehen ja die grosse Veränderung, die mit einem vorgegangen ist. Aber je höher sie von uns denken, um so schlechter fühlen wir uns. Dies schafft in uns ein Empfinden für das Unwahre und Heuchlerische unseres Zustandes, was uns beinahe noch mehr peinigt als alle anderen Erlebnisse.
Und noch schlimmer ist, dass man sich mitten in alledem kalt und gleichgültig fühlt. Denn anfänglich war man in grosser Sorge über seinen Seelenzustand, aber nun hat diese Sorge ganz aufgehört. Statt dessen fühlt man sich jetzt kalt und hart.
Aber das Aergste ist, dass man nach und nach an seiner eigenen Ehrlichkeit zu zweifeln anfängt. Man hat n ie gewusst, was für ein wankelmütiger und willenloser Mensch man ist. Zeitweilig ist einem, als sei man von Sünden und innerer Unwahrhaftigkeit erlöst.  Zeitweilig wieder kann man der Sünde so wenig widerstehen, dass man nichts opfern will, um ein neuer Mensch zu werden…
.. . kann Gott einem Menschen vergeben, der seine Sünden heimlich liebt, an ihnen hängt und dann um Vergebung dafür bittet? Wäre es nicht einfach unmoralisch, einem solchen Menschen zu vergeben?
Wer davon etwas erlebt hat, der hat mitten in seinem Zweifel und seiner Not einen stärkeren Glauben an Gott erreicht, als er sich selbst bewusst ist.
Der Glaube beginnt nämlich bei uns allen zuerst dort, wo wir Gottes heiligem Gesetz, seinem ethischen willen, gegenüberstehen. Selbst bei Gottes eigenem Volk Israel war es so. Zuerst mussten sie lernen, Gottes heiligem Gesetz zu glauben.
Durch Gottes weise Gnade hast du dasselbe gelernt. Nun bist du persönlich und aus eigenem Erleben davon überzeugt, dass das, was Christus dir gesagt hat, Gottes Wille ist. Und vor diesem Willen hast du dich gebeugt. Du hast zugegeben, dass er einen absoluten Anspruch auf dich hat, dass du absolut und bedingungslos danach leben musst. Und wenn du nun täglich siehst, dass du das nicht tust, so verurteilst du dich, ja verachtest und verabscheust dich selbst. Es scheint dir ganz ausgeschlossen, dass Gott mit dir etwas zu tun haben will oder kann, solange du dich in diesem moralischen Zustand befindest.
Nun erwacht ernstlich der Schrei in deiner Seele, der allen gemeinsam ist, die ehrlich angefangen haben, mit Christus zu leben: „Wie kann ich einen gnädigen Gott bekommen? Meine Sünden!...Wie kann ich meine Sünden loswerden?“…
… besonders in unseren Tagen scheint es, als habe man vergessen, dass es keinen anderen Weg gibt, persönlich überzeugt zu werden, als diesen Weg des Sünders durch die vollständige Verzweiflung über sich selbst. Christus selbst war sich klar darüber, dass an ihm etwas war, was Anstoss erwecken würde und musste. …. (Matthäus 11,6). (Seite 28)

… Ist dein moralisches und religiöses Leben „toter Dienst“, wie die Schrift sagt, d.h. Dienst, der äusserlich recht und richtig ist, der aber nicht natürlich und lebendig aus einem erlösten und dankbaren Herzen fliesst?
Denn gerade hier betrügen viele sich selbst.
Gerade heute liegt dieser Selbstbetrug näher als in den letzten vergangen Menschenaltern. Denn jetzt ist der religiöse Sinn ernstlich erwacht, nach den religiösen Hungerjahren des Materialismus. Jetzt gibt es viele, die sich mit ihrer Religiosität beruhigen, ohne durch die enge Pforte in ein wirkliches Christentum einzudringen. Sie beruhigen sich dabei, Gott zu suchen, anstatt so lange zu suchen, bis sie ihn finden und erleben.
Die Versuchung, sich zu beruhigen, ist für viele gross, weil sie vorher fern vom Religiösen gelebt haben. Aus diesem Grunde empfinden sie die innere und äussere Veränderung in ihrem Leben als so gross, dass sie ohne weiteres von sich selbst annehmen, Christen geworden zu sein.
Die religiöse Sehnsucht, die sie erleben, und die religiöse Aktivität, zu der sie sich getrieben fühlen durch Gebet, Lesen, Meditation und christliche Arbeit, - alles das scheint ihnen eine so grosse Sinnesänderung zu sein, dass sie von sich selbst glauben, die christliche Bekehrung erlebt zu haben. .. (Seite 82)
„… Darum frage ich noch einmal: Hast du das Wunder des neuen Lebens erlebt? Bist du von Gott selbst in ein neues Verhältnis zu ihm erhoben? Oder besteht diene Religiosität darin, Gott zu verehren und ihm mit dem alten trägen und unwilligen Sinn zu dienen? Ist das ethische Leben für dich nur eine Gewissensfrage, die du am liebsten überhörst oder der du dich im besten Falle widerwillig fügst, oder ist es durch Gottes erneuerndes Wunder dein Leben und deine Lust geworden?...
… Mein Freund, was du zu tun hast, ist nicht schwierig, dir zu sagen. Du hast nicht s anderes zutun, als dich an dienen Erlöser zu wenden und ihm zu gestehen, dass du kein Leben in Gott hast, dass du die Sünde und nicht Gott leibst, und ihn darum bitten, dass er in seiner Gnade das Wunder bei dir geschehen lassen möchte.“ (Seite 83)
„… Wir sündigen Menschen vermögen nicht, unseren Sinn zu ändern, indem wir anfangen, Gott zu lieben und die Sünde zu hassen. Was wir bei der Bekehrung zu tun haben, ist etwas ganz anders, einfaches:
Wenn Gottes Geist anfängt, uns von der Sünde zu überführen, so haben wir uns nur einfach überzeugen zu lassen. Dann geht eine gewaltige Veränderung in der Gesinnung des Menschen vor sich, welche, wohlgemerkt, das Ergebnis seiner eigenen Wahl ist.“ (Seite 99)

Wer zu mir kommt, den werde ich nicht von mir stossen.“ (Joh. 6,37). Dann geht er zu seinem Erlöser mit allen seinen Sünden und mit diesem Herzen, das er nicht ändern kann. Damit ist er erlöst. (Seite 100)
Denn nun, nachdem Jesu für unsere Sünden gestorben ist, gehört nichts weiter dazu, um erlöst zu werden, als ein Sünder zu sein, der keine Sünde verbergen will und mit keiner Sünde zurückhalten will, sondern alle im Licht vor seinem Erlöser ausbreitet. ‚So wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend‘ (1. Joh. 1,9). „Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünden willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt‘“(Jes. 53.5 Altes Testament!)





Anhang 8
Bücher zur historisch-kritischen Denkweise:
- Die Bibel im Griff? Historisch-kritische Denkweise und biblische Theologie von Armin Sierszyn
- Was ist glaubwürdig – Die Bibel oder die Bibelkritik? Von Eta Linnemann
- Bibelkritik auf dem Prüfstand: Wie wissenschaftlich ist die „wissenschaftliche Theologie“? von Eta Linnemann
- Das Ende der historisch-kritischen Methode von Gerhard Maier (ISBN: 978-3-7974-0050-5)
  (Herr Gerhard Maier war laut Wickipedia von 2001 - 2005 Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in  
   Würtenberg (= Süddeutschland)


Anhang 10
Dorothea Trudel von Männedorf aus dem gleichnamigen Buch von Herrn Konrad Zeller
Ein vertiefter Glaube
„Ich blieb lange Zeit in einer tiefen Bestürzung, und meine Schwester glaubte, dass ich den Verstand verloren hätte. Dieser Zustand dauerte mehrere Tage. Ich entwich oft aus dem Haus, um im Wald umherzuwandern. Dort wurde es endlich nachlangen, angstvollen Stunden licht in meiner Seele. Die Ueberzeugung, dass Jesus, der Gekreuzigte, mich nie verlassen werde, gab mir den Frieden wieder. Nun befand ich mich in einem Zustand des Friedens, der Glückseligkeit, der Entzückung, wie er schwer zu beschreiben ist. Ich lebte in einer anderen Welt, in einer inneren, ununterbrochenen Gemeinschaft mit meinem Gott. Das irdische Leben fortzusetzen schien mir fast unmöglich, und ich fühlte mich wie verwandelt. Nach Verlauf von drei Wochen war ich noch so eingenommen von den Vorgängen in meinem inneren Leben, dass ich Gott bitten musste, die Lebhaftigkeit dieser Eindrücke zu verringern, damit ich wieder mein Tagewerk tun konnte.“ (Seite 33 und 34)
Die Folge dieser Erlebnisse:
„Sie prüfte ihre Vergangenheit streng und erkannte, dass sie in den fünfzehn Jahren, seit sie sich zuerst bekehrte, zuviel das Eigene gesucht und zuviel geistlichen Hochmut bewiesen hatte….“
Das geduldige Tragen der Leiden hatte sie bisher als eine Leistung aufgefasst, die
sie vor Gott gefällig machte. Mit dieser Geduld glaubte sie sich ruhig vor Gott zeigen zu dürfen. Aber jetzt war ihr die biblische Grundwahrheit aufgegangen, dass unsere Leistungen vor Gott immer ungenügend seien, und dass das richtige Verhältnis zu ihm erst dann beginnen könne, wenn wir gar nichts seien, wenn nur das, was er uns gibt, etwas wert sei…. (Seite 34)

„… Auf dieser Grundlage ist es dann auch zu jenem Ereignis gekommen, das Dorothea Trudels äusseres Leben mit der Zeit völlig umgestaltetet hat – zur ersten Heiligung von Kranken….“ (Seite 35)

„Wir waren damals in einer grossen Not. Es wurden nämlich etwa fünf Arbeiter krank, die bei meiner seligen Schwester Sohn, bei Herrn Dändliker, beschäftigt waren… Da stieg die Not mit diesen Kranken so hoch, dass ich acht Nächte bei ihnen weilte und alle ärztlichen Vorschriften mit aller Pünktlichkeit befolgte, und doch wurde es immer ärger mit ihnen…. Weil es immer schlimmer mit ihnen wurde, trieb es mich Tag und Nacht ins Gebet und in das Wort Gottes hinein. Das 28. Kapitel des 5. Buches Mose brachte mich so ins Nachdenken, dass ich keinen Rat wusste und auch niemand um Rat fragen konnte. Ich verschloss mich in meine Kamme, sank dem Heiland im Glauben zu Füssen, ganz so wie wenn ich ihn sehen könnte, und sagte: ‚Es steht da im Jakobusbrief, was man tun muss, wenn man krank ist. Ich habe dein Wort als Wahrheit an meinem Herzen erfahren, und darum, weil jeder Buchstabe darin Wahrheit ist, so kannst du nicht anders als denen, die glauben, wie die Schrift sagt, auch halten, was darin steht. Du weisst, dass ich glaube, und im Vertrauen, dass du hältst, was geschrieben steht, bitte ich dich, komm du selbst mit mir und leg den Segen auf dein Wort. Ich glaube fest, dass es nicht hilft wegen meiner Hand, sondern deswegen, weil dein Wort es sagt‘.
Als ich zum ersten ging, erfuhr ich, dass des Herrn Wort wahrheit ist und dass er seine Verheissung erfüllt. Ich ging zum zweiten und sagte: ‚Sieh, der Apostel Jakobus sagt, was man tun soll (Jak. 5,14.15). Aber ich habe dem Heiland gesagt, ich könne hier keinen Priester holen, der so nach dem Wort Gottes tut. Jetzt wollen wir glauben, der Herr tue es selbst; ich oder wir wollen beten.‘ Es währte nur wenige Minuten, so rief der Kranke: ‚Die furchtbaren Schmerzen sind weg!‘, und wir dankten dem Herrn.“ (Seite 36)




Anhang 11
In den oben geschilderten Lebensbildern und Meinungen ist zum Teil viel von Zerrbruch die Rede. Dies darf aber nicht falsch verstanden werden. Es geht nicht um eine Art Selbsterlösung durch Selbstkasteiung. Da in der evangelischen Tradition, dies Sichtweise stark bekämpft worden ist, wird dies auch weniger thematisiert. Es ist interessant zu sehen, dass es in der römisch-katholischen Kirche vor langer Zeit die Wichtigkeit des Zerrbruchs erkannt worden ist. Da leider alles auf dieser Welt der Gefahr der Perversion anheimfällt, gab es auch hier Auswüchse. Darum gab es besonders Beflissene, die diesen Zerrbruch mit Selbstkasteiung selber antreiben wollten. Aber dies schiesst am Ziel vorbei. Wenn heute wir Evangelische auf der anderen Seite am Ziel vorbeischiessen, indem wir glauben ohne Leid ans Ziel zu kommen, wenn wir nur richtig glauben, dann ist dies genauso falsch. Damit werden Christen, die von Gott mit mit Leid gesegnet werden, unrecht getan. Ich empfehle hier unbedingt vor Jesus Christus Busse zu tun, wenn in irgendeiner Form ein solcher Gedanke gegenüber Leidende mitschwingt. Wer es anders sieht, empfehle ich die Aussagen Jesu dazu zu lesen oder das alttestamentliche Buch Hiob. Natürlich gibt es Nöte, die durch unser unverantwortliches Handeln herrühren. Aber meistens wissen wir als Aussenstehende dies nicht und wenn wir es wissen, dann dürfen wir uns nicht moralisch über so jemanden überheben, sondern wenn wir ein Fünklein Liebe besitzen, werden wir für ihn vor Gott eintreten. (Jesus sagte dazu: Wer dem Nächsten den „Sprisser“ herausziehen möchte, soll zuerst seinen Balken entfernen. Das schafft die rechte Haltung! Eine Sünde, die wir beim Nächsten sehen, ist im Vergleich zu unseren Sünden immer nur ein „Spriesser“!) Doch meistens steht uns ein solches Urteil gar nicht zu. Oder wir sind nicht Aelteste und es ist gar nicht unser Amt… Oder wir wissen es ganz einfach nicht. So verstehe ich auch das Gebot von Jesus, wir sollen nicht richten! Gott möge uns davor bewahren, dass wir so schlechte Berater werden, wie es im Buch Hiob beschrieben wird und Gott auf sie sehr wütend wird.
Und wie gesagt: Es ist gut möglich, dass ein Christ durch Gott durch Leiden gesegnet wird. Und vor uns steht jemand, der ein besonderer Glaubensheld ist. Allerdings gilt auch das, was Dorothe Trudel (s. Anhang 10) erfahren hat: Dieses Ertrage des Leidens ist keine Leistung. Wir werden dadurch von Gott nicht mehr geliebt. Aus diesen Ueberlegungen möchte ich auch noch

Jonathan Edwars und seine Frau, Sarah Edwards erwähnen. Dabei werde ich aus dem Buch „Jonathan Edwards, ein Lehrer der Gnade und die Grosse Erweckung“ von Lain H. Murray zitieren.
Im Gegensatz zu seinem Grossvater hat Edward vor seiner Bekehrung nicht den Schrecken des Herrn erlebt. Hier wirkte Gott anders. „dass er nicht den „Schrecken der Herrn“ (so die Bezeichnung mancher Puritaner) erlebt hatte, als er vor seiner Bekehrung von seinen früheren Sünden überführt wurde…. Als seine Gedanken über dieses Thema später immer klarer wurden, liess er einen hohen Wertschätzung für die Schriften von Thomas Shepard erkennen .Shepard wurde (wurde zusammen mit Thomas Hooker) grundsätzlich dafür getadelt, dass er (so die Behauptung) ein Standardmuster für Bekehrungen in Neuengland eingeführt habe. Wenn man die Schriften dieser Puritaner im Ganzen betrachtet, so liessen sie nach Edwards’Meinung gar kein unbiblisches, in eine Schablone gepresstes Bekehrungsverständnis erkennen.  Ganz sicher überzeugten ihn seine eigenen Probleme, die er in diesem Punkt als junger Christ hatte, dass es kein starres, festgelegtes Schema gibt, innerhalb dessen der Heilige Geist stets wirkt….. ‚dass sich die gottgefällige Reue zwar nicht immer im gleichen Masse auswirkt, aber stets die gleiche Wesensart hat“. (Seite 84)
Aus seinem eigenen Leben erzählt der Autor: „Er ist nicht mehr ‚entschlossen‘ wie einst, als er auf seine eigene Anstrengungen vertraute. Seine Bestrebungen nach Heiligung beinhalten nicht mehr den selbstbewussten Kampf eines Moralisten, sondern sind vielmehr die Antwort seiner Liebe zu Gott, der ihn in Jesus Christus zu einer neuen Schöpfung gemacht hatte. Heiligung betrachtete er nun als persönliche Erfahrung, die dem vertrauten Umgang mit Gott und der Gemeinschaft mit Christus entsprang. In seinem Tagebuch kann er schreiben: „Ich meine, eine Herzensentdeckung gemacht zu haben: Ich bin froh wegen der Hoffnung, die ich im Blick darauf habe, meine Ewigkeit in geistlichen und heiligen Freuden zu verbringen, die der Offenbarung der Liebe Gottes und der Ausübung der Heiligkeit sowie der brennenden Liebe zu ihm entspringen.“ (Seite 80)
Was Edward’s hier erlebt hat, bringt bereits Calvin in aller Kürze auf den Punkt:
„Und es wird sich niemand Gott aus freien Stücken und willig in Gehorsam unterwerfen, der nicht seine väterliche Liebe geschmeckt hat und dadurch gereizt wurde, ihn zu lieben und ihm zu dienen.“ (Insitutio I,5,3)
Nebenbei ein Beispiel aus einer Predigt von Edwards: „die ihre Frauen wie Sklavinnen behandelten‘, und sich nicht damit beschäftigten, ‚wie sie ihrer Partnerin gefallen konnten‘. (Seite 258).

Sarah Edwards, seine Ehefrau, erlebte diese Liebe von Gott ganz speziell.
„Wer ist es, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja, noch mehr, der auch auferweckt worden (ist), der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet …‘ sie entfachten in meiner Seele grosses Entzücken und grosse Freude. Doch als ich allein war, kamen mir diese Worte mit weitaus grösserer Kraft und Lieblichkeit wieder in den Sinn. Sie erschienen mir mit zweifelsfreier Gewissheit als die Worte Gottes, und zwar als Worte, die Gott ausgesprochen hatte und womit er mich meinte. Diesbezüglich hatte ich genauso wenig e Zweifel wie an meiner Existenz … Ich finde keine Worte, um auszudrücken, wie gewiss mir das war – verglichen damit waren die ewigen Berge und Hügel nur Schatten. Meine Sicherheit und mein Glück sowie meine ewige Freude an Gottes unwandelbarer Liebe erschienen mir so dauerhaft und unwandelbar, wie Gott selbst es ist. Bewegt und überwältigt von der Kostbarkeit dieser Gewissheit, brach ich anahaltend in Tränen aus … Die Gegenwart Gottes empfand ich als so nahe und so real, dass ich beinahe nichts anderes wahrzunehmen schien … der Friede und das Glück, das ich darüber empfand, waren ganz und gar unaussprechlich. Es war mir, als sei ich über Erde und Hölle erhaben und als befände ich mich ausserhalb der Reichweite aller irdischen Dinge. Die gesamte Welt mit all ihren Freuden und ihren ganzen Kümmernissen erschien mir wie nichts: Mein Gott war mein alles, mein einziges Teil….“ (Seite 262)
Dabei hatte sie ein besonderes Leiden zu tragen: Blähungen. Vor diesem Erlebnis drückte sie dieses Leiden manchmal zu Boden. Nun konnte sie sagen:
„Ich empfand eine vollkommene Gleichgültigkeit in Bezug auf die menschlichen Ansichten und Darstellungen sowie hinsichtlich der Tatsache, wie sich andere mir gegenüber verhielten. Sollte Gott ein anderes Werkzeug als Mr. Edwards benutzen, das Werk der Gnade in Northampton fortzuführen, war ich fortan völlig bereit, mich entsprechend gebrauchen zu lassen. Ich ging ganz in Gott als demjenigen auf, der mein einziges Teil war. Auf seine Ehre und Verherrlichung waren mein höchstes Begehren und meine Freude gerichtet. Gleichzeitig empfand ich eine viel grössere Leibe zu den Gotteskindern als jemals zuvor..“ (Seite 263)

Edwards war ein Systematiker und Denker. Daher konnte er bei der grossen Erweckung auf folgendes sagen: „So lange er kann, wird Satan die Menschen in Sicherheit wiegen; doch wenn er dies nicht länger fertig bringt, ist er oft bemüht, sie in Extreme zu treiben ,um Gott zu entehren und der Glaubenspraxis auf diese Weise Wunden zuzufügen.“ (Seite 288)
Auch hier ist ein wichtiges Amt der Theologen zu sehen: Sie bewahren unser Denken und unser Leben in guten Bahnen zu halten.
Edwards schreibt zu den emotionalen Gefühlsaufbrüchen:
„Sie betreffen die grosse Unruhe im Land sowie jene aussergewöhnlichen, damit einhergehenden Umstände und Ereignisse (die Tatsache, dass Personen laut schreien oder in grosse Seelennöte geraten, indem ihnen ihre Sünde sowie der göttliche Zorn bewusst werden, ihnen die Kräfte versagen oder ihre Herzen von Licht, Liebe und Trost erfüllt werden). All das habe ich zur Genüge erlebt. Ich hatte viele Gelegenheiten, diese Dinge hier und da in ihren Anfängern und in ihrem Verlauf zu beobachten. Ich sah, wie sie endeten und welche Folgen sie hatten. Mitunter sind einige natürliche Regungen und gelegentlich auch Versuchungen sowie manche Torheiten und Unregelmässigkeiten dabei gewesen, wie es schon immer war und in dieser unvollkommenen Welt stet sein wird. Wenn man das Werk im Allgemeinen und die Hauptsache dessen betrachtet ,was bei diesen aussergewöhnlichen Dingen sichtbar wird, haben wir dennoch klare und unbestreitbare Beweise für ein wahrhaftiges göttliches wirken vor uns .Wenn dies nicht Gottes Werk ist, muss ich ganz neu das ABC des Glaubenslebens lernen, wobei ich dann nicht weiss, wozu mir die Bibel nütze wäre.“ (Seite 290 aus Jonathan Edwards, ein Lehrer der Gnade und die grosse Erweckung“ von Lain H. Murray)

Ich denke, die Auflösung der Evangelischen im deutschsprachigen Raum kann nur durch eine Erweckung verhindert werden. Doch dies können wir nicht organisieren. Dies muss Gott selber wirken. Wir können aber dafür beten.
Ein Trost soll uns dabei sein, dass der Heilige Geist bereits am Wirken ist. Vielleicht müssen wir nicht nur vom Leistungsdenken wegkommen, sondern auch von der grossen Zurschaustellerei. Denn vieles geschieht nicht in Grossveranstaltungen, sondern im eigenen Herzen, im stillen Kämmerlein. In zwischenmenschlichen Beziehungen, wo Versöhnung gelebt wird. Es gibt Menschen, die Glaubenshelden sind, weil sie mit Gottes Hilfe ihr Leid tragen oder für ihren Glauben ausgelacht werden.

Anhang 12

Oh Herr, erlöse uns vor jedem unserer Versuche uns selbst erlösen zu wollen. Lass uns alleine auf Dich Jesus  und Deine Leistung trauen. Mache uns bewusst, wie Du uns liebst und was Du uns Gutes getan hast, damit wir Dich lieben können.
Amen