Freitag, 10. Mai 2013

Buchbesprechung von C.S. Lewis "Die grosse Scheidung"



C. S. Lewis          Die grosse Scheidung

(Zitate zwischen ", Seitenzahl des Buches am Ende des Zitats) (Gehe auch etwas dem Gedanken der Prädestination nach.)

Am letzten Sonntag habe ich das Buch von C.S. Lewis bekommen und bereits am gleichen Tag beinahe fast ganz gelesen. Es ist faszinierend.
Im ersten Teil beschreibt er eigentlich in literarischer Form, was Jonathan Edwards als "freier Wille" beschreibt: Jeder, der in die Hölle kommt, will auch dort hin. Ja er schafft sich selber die eigene Hölle. Jonathan Edwards kommt am Schluss auf das gleiche, wie es Augustin, Luther, Calvin usw., mit dem Begriff "unfreien Willen" beschrieben.
Interessant ist nun, dass C.S. Lewis als "nicht-"Theologe, einfach mit der Kunst der Literatur dieses "Phänomen" zu ergründen versucht. "Aber Sie können die ewige Wirklichkeit nur durch die Linse der Zeit sehen, als ein kleines, scharfes Bild durch das umgekehrte Fernrohr. Es ist ein Bild aufeinanderfolgender Momente, und in jedem davon sehen Sie sich selbst, wie Sie irgendeine Wahl treffen, die auch anders hätte ausfallen können. Weder die zeitliche Abfolge noch das Phantom dessen, was Sie hätten wählen können, aber nicht gewählt haben, sind selbst die Freiheit. Sie sind nur die Linse. Dieses Bild ist ein Symbol; aber es ist wahrer als jede philosophische Theorie (oder vielleicht als jede mystische Vision), die daraus hervorzugehen behauptet.
Jeder Versuch, die Gestalt der Ewigkeit anders als durch die Linse der Zeit zu sehen, zerstört Ihr Wissen um die Freiheit. Nehmen Sie die Prädestinationslehre, die (durchaus zutreffend) zeigt, dass die ewige Wirklichkeit nicht auf irgendeine Zukunft wartet, in der sie dann wirklich sein wird; dafür hat diese Lehre aber die Freiheit abgeschafft, die jedoch die tiefere Wahrheit von beiden ist." (Seite 97) Hier habe ich den Eindruck, dass er nicht von der biblischen Prädestinationslehre spricht, bezw. es scheint, als ob er sie nicht verstanden hätte. (Doch das Buch ist hier nicht zu Ende.) Auf der anderen Seite hat er recht, denn wenn "nur" die Allmacht Gottes betont wird, führt es zum Fatalismus. Aber die Bibel spricht von etwas, dass unser Verstand kaum fassen kann. Vielleicht hilft es, wenn man sich bewusst macht, was es bedeuten würde, wenn wir nur die menschliche Verantwortung betonen würde: Dies kann zum Fanatismus führen. Die Bibel aber schafft eine Balance zwischen Gottes Allmacht und unserer Verantwortung, die richtig verstanden weder zum Fatalismus noch zum Fanatismus führt. Darum müssen wir uns genau an das halten, was die Bibel in dieser Frage sagt. Von Carson habe ich gelernt (s. sein Buch: Ach, Herr wie lang noch?"), das selbst Jesus für die Erfüllung von Gottes Plan betet, bevor er sein Leidensweg beginnt. Also Gott hat in seiner Allmacht alles geplant, sogar den Zeitpunkt seiner Kreuzigung. Dennoch betet Jesus für die Erfüllung dieses Ereignisses. Hier scheint etwas von Gottes absoluter Allmacht und unserer Verantwortung. Von "in Gottes Willen sein" und ruhen, seine Verantwortung wahrnehmen, und sie ihn Gottes Hand legen. (Ich hoffe, ich kann mit diesen Worten dieses Geheimnis etwas umschreiben. Aber wie soll man etwas umschreiben, dass man selber gar nicht ganz fassen kann, obwohl man fest glaubt und überzeugt ist, dass es wahr ist?) Wie bereits erwähnt, führt C.S. Lewis noch weiter Gedanken an, er bleibt nicht bei dem Gedanken stehen, dass die Prädestination die Freiheit raube. Er denkt weiter:
"Und muss es dem Universalismus nicht genauso ergehen? Sie können die ewige Wirklichkeit nicht anhand einer Definition erkennen. Die Zeit selbst, und alle Taten und Ereignisse, die die Zeit anfüllen, sind die Definition, und sie muss durchlebt werden. Der Herr sagte, wir seien Götter. Wie lange könnten Sie es (ohne die Linse der Zeit) ertragen, die Grösse Ihrer eigenen Seele und die ewige Wirklichkeit Ihrer Wahl zu betrachten?
Und Plötzlich war alles verändert." (S. 97) Ab hier sprängt er gleichsam das eben festgestellte:
Jetzt ändert das ganze Bild. Er beschreibt riesige Gestalten, die reglos auf eine Art Schachbrett schauen. Kleine Gestalten liefen wie Schachfiguren auf diesem Schachbrett. Diese kleinen Gestalten waren wie Stellvertreterpuppen für die grossen, zuschauenden Gestalten.
"Dann erfassten mich Schwindel und Schrecken; ich klammerte mich an meinen Lehrer und sagte:
"Ist   d a s   die Wahrheit? Dann ist all das, was ich in diesem Land geschehen habe, falsch?" Die Gespräche zwischen den Geistern und den Gespenstern - waren sie nur die Nachahmung von Entscheidungen, die in Wirklichkeit schon vor langer Zeit getroffen wurden?"
"Oder können Sie nicht genauso gut sagen, dass es Vorwegnahmen von Entscheidungen sind, ide am Ende aller Dinge getroffen werden? Aber am besten sagen Sie keines von beiden. Sie haben die Entscheidungen ein bisschen deutlicher gesehen, als Sie sie auf der Erde sehen konnten; die Linse war schärfer. Aber es war immer noch ein Blick durch die Linse. Erwarten Sie von einer Traumvision nicht mehr, als eine Traumvision geben kann."
"Ein Traum? dann - dann -bin ich gar nicht wirklich hier, Sir?"
"Nein, mein Sohn", sagte er freundlich und ergriff meine Hand. "So gut ist es nicht. Der bittere Trank des Todes steht Ihnen noch bevor. Sie träumen nur. Und wenn sie später erzählen, was Sie gesehen haben, müssen sie deutlich machen, dass es nur ein Traum war. Sehen Sie zu, dass Sie das so deutlich wie möglich machen. Geben Sie keinem armen Narren einen Vorwand, zu denken, Sie massten sich ein Wissen um Dinge an, die kein Sterblicher weiss. Ich dulde keine Swedenborgs und keine Vale Owens unter meinen Kindern." (Seite 98)

Anfänglich dachte ich, wie kann Lewis wissen, ob Menschen nach ihrem Tod nochmals eine Wahl haben? Mit diesem Ende relativiert er diesen Gedanken wieder. Sicherlich darf ich niemanden in eine solche falsche Sicherheit verführen, da eine solche Möglichkeit von Gott nicht offenbar worden ist. (Zumindest ist mir keine solche bekannt.) Dadurch, dass er es hier zu einem Traum werden lässt, relativiert er diese Geschichte. Gleichzeitig leuchtet die Genialität des Gedankens, dass es Menschen gibt, die selbst wenn sie aus dem Vorhof der Hölle in den Vorhof des Himmels gebracht würden, doch die Hölle vorziehen würden. Es ist der reinste Wahnsinn: Aus unserer Natur seit dem Sündenfall wählen wir Menschen die Hölle. Vermutlich bestimmen wir sogar durch unser Leben den Grad des Schreckens unserer Hölle. Und selbst wenn wir in den Vorhof des Himmels kämen, fühlten wir uns dort nicht wohl und begriffen nicht, wie gut es uns täte, Substanz zu gewinnen. Das ist das, was Augustin usw. mit unfreiem Willen meinten: Der Sünder ist blind für seine Sünden und für seine Erlösungsbedürftigkeit. Darum hat er keinen freien Willen für den Himmel, für Gottes Reich. Stattdessen schafft er sich selber seine Hölle. Edwards nannte dies die Freiheit des Willens (siehe A Careful and Strict Inquiry into the Prevailng Notions of the Freedom of the Will: Deutsch: Eine sorgfältige und genaue Untersuchung der vorherrschenden Ansichten über die Freiheit des Willens, erwähnt auf Seite 90 von James Montomery Boice und Philipp Graham Ryken im Buch "Die Lehren der Gnade, eine Erklärung und Verteidigung der fünf Punkte des Calvinismus.")


Aus unseren menschlichen Möglichkeiten können wir nur offen gegen Gott rebellieren oder als gesetzliche Gläubige mit Gehorsam rebellieren (Ein Gedanke von Thimoty Keller aus „Der verschwenderische Gott“, s. entsprechende Buchbesprechung).
  
Carson spricht in seinem Buch "Ach, Herr, wie lange noch?" anstelle von der Prädestinationslehre von der Vereinbarkeitsthese. Auf Seite 214 fasst er die Problematik so zusammen:
"Das von der Vereinbarkeitsthese aufgeworfene Problem lässt sich letzten Endes auf einige uns unbekannte Aspekte des Wesens Gottes reduzieren.
Ich sehe, dass Gott sich als ein personales Wesen offenbart hat, habe aber keine Ahnung, wie ein personaler Gott gleichzeitig auch transzendent sein kann. Ich lese, dass die Bibel ihm auf die eine oder andere Weise alle Dinge zuschreibt und dass seine Weltregierung allumfassend ist, und erkenne, dass die Bibelstellen, in denen Gott als Urheber des Uebels hingestellt wird, zugleich auf der Gutheit Gottes und der Boshaftigkeit der Zweitursachen besteht. Mir ist jedoch nicht bekannt, wie Gott sich der Zweitursachen auf diese Weise bedienen kann. Wie er es tut, hat offenkundig mit seinem Wesen, mit seinem "Wohnort" jenseits oder ausserhalb von Raum und Zeit, mit dem Wesen seiner Weltregierung und mit seiner persönlichen Entscheidungsfreiheit zu tun; nur weiss ich immer noch nicht, wie genau er es zustande bringt.
Das führt mich zu der Schlussfolgerung, dass die Vereinbarkeitsthese nicht nur in der Bibel gelehrt wird, sondern mit dem Wesen Gottes selbst verbunden ist. Ich erkenne zugleich, dass es aufgrund meines Nicht-Wissens im Hinblick auf viele Aspekte des Wesens Gotts töricht wäre, die Stimmigkeit der Vereinbarkeitsthese in Zweifel zu ziehen."

Seite 197 erklärt er seine Vereinbarkeitsthese:
"1. Der allmächtige Gott waltet souverän und frei, doch wirkt sich seine Herrschaft niemals so aus, dass dabei die Verantwortung des Menschen beschnitten, minimiert oder gänzlich aufgehoben würde.
2. Menschen sind moralisch verantwortliche Wesen - sie treffen sinnvolle Entscheidungen, rebellieren, gehorchen, glauben, widersetzen sich usw. und werden zu Recht für diese Handlungsweisen verantwortlich gemacht: Dies wirkt sich jedoch nie so aus, dass Gott dadurch eingeschränkt würde."

Diese Definition braucht er dann auch, um einen Trost für unser Leben zu beschreiben. Es erklärt nicht alles, lässt aber hinter allem einen Gott sein, der trotz allem Fürchterlichen alles unter Kontrolle hat. Wenn wir völlig verstört sind, dürfen wir uns an Gott festhalten und tief überzeugt sein, dass er es Gut meint und er uns durch das dunkle Tal tragen wird, auch wenn wir uns ganz anders fühlen. Ich selber wurde schon in meinem innersten Gottvertrauen verstört - und ich war in der Gefahr auszugleiten, ja ich glitt aus. Aber Gott hat mich trotzdem aufgefangen und durchgetragen.

 S. 201: "Trotz allem, was die Bibel über die Reichweite der Weltregierung Gottes zu sagen hat, pocht sie immer neu auf die uneingeschränkte Güte Gottes. Gott wird nirgendwo als ein Komplize des Bösen oder gar als heimtückisch hingestellt: Es wird nirgendwo angedeutet, dass er in gleicher Weise für das Uebel verantwortlich sei wie für das Gute."

"Meine Urform sahen deine Augen. Und in dein Buch waren sie alle eingeschrieben, die Tage, die gebildet wurden, als noch keiner von ihnen (da war).
Für mich aber - wie schwer (oder gewichtig, kostbar) sind deine Gedanken, o Gott! Wie gewaltig sind ihre Summen!"
(Psalm 139,16+17)

Gerade an diesem Reden zwischen David und Gott sieht man, wie wichtig das Gebet ist: Das Gebet ist nicht darum wichtig, weil es eine Pflichtübung wäre, sondern weil wir damit mit Gott kommunizieren dürfen und dadurch beschenkt werden. (Ich sollte mir unbedingt mehr Zeit dafür nehmen!)  Selbst Jesus bat im Gebet um die Erfüllung von Gottes Plan mit ihm am Kreuz. Worte haben macht. Gott schuf damit alles Erschaffene. Gott erweckt mit seinem Wort Tote zum Leben.
Wir sind seine Ebenbilder. Unsere Worte haben auch eine Art Macht. Wir können damit fluchen oder segnen (= unsere Verantwortung! Aber auch hier gilt: tröstlich ist, dass  Gott und seine Gnade noch viel grösser ist.).

"Denn er klammert sich an mich an, darum will ich ihn erretten;
ich will ihn sicherstellen, weil er meinen Namen kennt.
Ruft er mich an, so will ich ihn erhören;
ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreissen und zu Ehren bringen,
ich will ihn sättigen mit langem Leben und ihn seine Lust schauen lassen an meinem Heil!" (Ps. 91,14-16)

Gott segne Euch 


Das Buch enthält noch viel mehr, als das Beschriebene. Ein Napoleon in der noch nicht ganz in Nacht gefallenen Stadt. 
Oder eine Mutter, die von Liebe spricht, aber eigentlich gar nicht ihren Sohn liebt. Meine Frau meinte dazu: Das ist ja hoch psychologisch.




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